Pullach:Dauerhafte Mäuseburg

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Pullach erweitert die 2007 errichtete Containeranlage

Von Konstantin Kaip, Pullach

Was ist ein Provisorium? Der Duden sagt: eine Übergangslösung. Und nennt als Synonyme Behelf, Interim, Lückenbüßer, Notbehelf, Übergang. Als all das war die Containeranlage der Kindertagesstätte Mäuseburg an der Margarethenstraße in Pullach gedacht. Im Sommer 2007 ließ die Gemeinde dort eine so genannte Pavillonlandschaft errichten, um zwei Krippengruppen vorübergehend unterzubringen. Auf Dauer wollte man etwas Anderes, nämlich ein Kinderhaus, das den in der ehemaligen Polizeiwache auf dem Grundstück untergebrachten Kindergarten und die Krippe, beide unter Trägerschaft der Arbeiterwohlfahrt (AWO), unter einem Dach vereint. Konkrete Pläne dafür gibt es aber auch heute, acht Jahre später, noch nicht. Stattdessen gibt es nun Bedarf für zwei neue Krippengruppen. Und deshalb hat der Pullacher Gemeinderat kürzlich beschlossen, die Containeranlage erweitern zu lassen - für zirka 543 000 Euro.

"Es ist natürlich unbefriedigend, wenn wir eine 2007 als provisorisch gedachte Variante verfestigen", sagte Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund. Die Anmeldezahlen der Einrichtung machten zwei neue Krippengruppen nötig, und die bräuchten zum kommenden Kindergartenjahr entsprechende Räume. "Wenn wir keine schaffen, können wir den Bedarf nicht decken", sagte Tausendfreund. Beschlossen hatte der Gemeinderat die Containeranlage schon im Februar, um, falls die Prognosen von 24 neuen Krippenkindern zutreffen würden, die Erweiterung rechtzeitig zum Herbst in die Wege zu leiten.

Doch die veranschlagten 400 000 Euro reichen nicht ganz. Wie Christine Dreßel von der Abteilung Bautechnik der Gemeinde sagte, belaufen sich die Kosten einer abgespeckten Variante mit zwei Gruppen- und zwei Multifunktionsräumen, Abstellräumen und sanitären Anlagen auf zirka 543 000 Euro. Bei einem Wiederverkaufswert der Container von 30 bis 40 Prozent sei dies die wirtschaftlichste Lösung, sagte Dreßel. Zumal generalsanierte gebrauchte Container mit etwa 520 000 Euro nur geringfügig günstiger seien. In etwa soviel würde laut Dreßel auch eine Holzständerbauweise der Anlage kosten. Gegen eine solche feste Bauweise spreche aber die Lage, sagte Tausendfreund. Die Containeranlage befindet sich an der Grenze zum BND-Gelände, das die Gemeinde gerne erwerben will, das Grundstück könnte dann künftig als Zufahrt zu dem Areal dienen.

Reinhard Vennekold, Vorsitzender der parteifreien Gruppierung "Wir in Pullach" (WIP) wunderte sich über die "wundersame Vermehrung" der angemeldeten Kinder, die den Bedarf bestimmen. So seien im Protokoll der Februarsitzung, auf das er sich berief, noch 16 neue Kinder aufgeführt gewesen. 24 entspreche genau der Zahl zweier Krippengruppen, die bei der AWO jeweils maximal zwölf Kinder aufnehmen können. Der Beschluss wurde schließlich dahin gehend geändert, dass die Gemeinde die zusätzlichen Kosten von zirka 140 000 Euro bewilligt und das Architekturbüro Janker mit dem Anbau beauftragt, vorher jedoch der genaue Bedarf der Kindertagesstätte noch einmal überprüft werden soll.

Am Ende entschied sich das Gremium mehrheitlich dafür, den Auftrag zu erteilen, auch weil die "Zeit knapp ist", wie Tausendfreund sagte. Vor November werde der Anbau vermutlich nicht fertiggestellt werden können. Mit einem Antrag, die Entscheidung zu vertagen, konnte sich Martin Eibeler (FDP) nicht durchsetzen. Vier Gemeinderäte stimmten gegen die Entscheidung, darunter auch Patrick Schramm (CSU). "Ich habe den Eindruck, in diesem Gremium weiß man nicht, was ein Provisorium ist", sagte er. "Das bedeutet, man plant gleichzeitig die endgültige Maßnahme." Von dieser Bedingung findet man bei Wikipedia allerdings nichts. Das Internet-Lexikon liefert aber durchaus Erhellendes zur Definition der Containeranlage in Pullach: "Gelegentlich wird ein Provisorium zur Dauereinrichtung", heißt es dort. "Dann spricht man scherzhaft von einem Providurium."

© SZ vom 09.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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