Pullach:CSU-Gemeinderäte retten den Haushalt

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Bürgermeisterin Tausendfreund von den Grünen kann eine Abstimmungsniederlage wie im Vorjahr vermeiden

Von Martin Mühlfenzl, Pullach

Nach nerven- und kräftezehrenden zweieinhalb Stunden sind es die Mitglieder der FDP-Fraktion sowie Andreas Most und Eduard Floß von der CSU, die das 468 starke Zahlenwerk retten. Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund (Grüne) kommt nach der Verabschiedung des Haushalts für das Jahr 2017 nur noch ein erleichtertes "Danke" über die Lippen. "Wir stimmen dem Haushalt zu, aber mit großen Bauchschmerzen", sagt FDP-Gemeinderat Martin Eibeler zum Abstimmungsverhalten seiner Fraktion. "Es geht schließlich darum, handlungsfähig zu bleiben."

Nach dem Desaster des vergangenen Jahres, als die Allianz aus CSU, FDP und der Wählergruppe Wir in Pullach (WIP) den Etat 2016 nach intensiven Vorberatungen im Gemeinderat kurzerhand hatte durchfallen lassen, war auch die Abstimmung des Haushalts 2017 mit Spannung erwartet worden. Rathauschefin Tausendfreund zeigte sich vor der Sitzung aber zuversichtlich, dass diesmal alles glatt gehen würde: "Wir haben in den Ausschusssitzungen eigentlich alles geklärt."

Doch dann fällten die beiden Finanzreferenten Andreas Most und Reinhard Vennekold (WIP) ihr Urteil über den Etat - und hoben eher zu politischen Abrechnungen an. Zwei gleichlautende Vorwürfe standen im Zentrum: Der Etat sei intransparent, weil immer wieder sogenannte Haushaltsreste miteingerechnet würde. Also Summen für Projekte, die noch nicht begonnen worden oder noch nicht abgeschlossen sind. Most sprach von "einer Art Schattenhaushalt". Vennekold kritisierte, diese Haushaltsposten seien irgendwann "nicht mehr nachvollziehbar". Zudem würden die Personalkosten seit Jahren explodieren und die Rücklagen immer weiter abschmelzen.

Pullachs Kämmerer Michael Aßmus, der die Gemeindeverwaltung zum 1. Oktober übrigens verlassen wird - Ziel noch unbekannt, sagt einen Tag nach der denkwürdigen Sitzung: "Die Arbeit mit Haushaltsresten ist der Normalfall, einfach und transparent. Alle Haushaltsreste werden dem Gemeinderat vorgelegt. Daher kann ich nicht verstehen, wenn gesagt wird, der Etat sei unübersichtlich."

Dass es in dieser Sitzung ohnehin nicht nur um den reinen Haushalt gehen würde, wurde schnell deutlich. Vennekold kritisierte den fortschreitenden sozialen Wohnungsbau etwa an der Heilmannstraße. CSU-Gemeinderat Patrick Schramm fällte ein vernichtendes Urteil über das laufende Bürgerbeteiligungsverfahren bei der Ortsentwicklung: "Das ist eine absolute Farce, die uns bremst. Wir sind diejenigen, die im Gemeinderat die Entscheidungen treffen sollten." Er wünsche sich einen Gemeinderat, der Projekte vorantreibt, sagte Schramm. Und zum eigentlichen Thema Etatentwurf 2017? Der sei ohnehin nur ein "Papiertiger" ohne große Bedeutung.

Da reichte es der Bürgermeisterin. "Der Haushalt", sagte Tausendfreund, "ist eine der zentralen Aufgaben eines Gemeinderats. Er hat nicht die Funktion, bereits beschlossene Projekte zurückzudrehen". Vielmehr, sagte die Rathauschefin, bilde er ab, was beschlossen und umgesetzt worden ist - und beschlossen werden soll.

Dazu gehört das Freizeitbad, das vor dem Haushalt auf der Tagesordnung stand - wieder einmal. Seit Jahren wird in der Gemeinde diskutiert, ob das Schwimmbad saniert oder abgerissen werden soll. Eigentlich gibt es einen Gemeinderatsbeschluss, der den Neubau favorisiert. Und doch schaffte es die CSU-Fraktion, wieder die Sanierung in den Fokus zu rücken. Weil ein Neubau zu teuer sei, sagte Andreas Most. SPD-Gemeinderat Holger Ptacek platzte bei der Wiedervorlage dieser Idee der Kragen: "Sie werfen uns wieder drei Jahre zurück. Wir könnten schon längst ein neues Schwimmbad haben, wenn wir uns nicht immer im Kreis drehen würden."

Um die nackten Zahlen des Etats ging es dann übrigens doch noch. Und die, sagte Kämmerer Aßmus, erreichten "mittlere Städte" meist nicht. Das Gesamtvolumen liegt erstmals bei über 100 Millionen Euro, die Gewerbesteuereinnahmen werden auf über 35 Millionen Euro klettern - vorsichtig gerechnet. Schulden muss Pullach keine aufnehmen. Allerdings geht die Rücklage durch eine Entnahme von 35 Millionen Euro auf nur noch acht Millionen zurück. All das beeindruckte weder die WIP noch drei CSU-Gemeinderäte. Letztlich ging der Etat aber mit den Stimmen von SPD, Grüne, FDP und den CSU Gemeinderäten Most und Floß mit elf zu acht Stimmen durch.

© SZ vom 22.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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