Prozess um ermordeten Manager:Lügen und Widersprüche

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"Sind Sie dumm oder dreist?" Im Prozess um die Ermordung von Dirk P. bringen Zeugen den Richter in Rage.

Christian Rost

"Sind Sie dumm oder dreist?", fährt der Vorsitzende Richter Michael Höhne den Zeugen an. In der Tat ist das Verhalten des 47-Jährigen am Freitag vor dem Münchner Schwurgericht schwer verständlich. Erich F. soll im Prozess um den Mord an dem Manager Dirk P. aussagen. Der Weilheimer Autolackierer galt zunächst selbst als dringend tatverdächtig in dem Fall, weil er vom Angeklagten Rainer H. bei der Polizei angeschwärzt worden war. Wegen eines wasserdichten Alibis konnte F. letztlich seinen Kopf aus der Schlinge ziehen.

Verdächtig des Mordes am Manager Dirk P.: der Angeklagt Rainer H. im Münchner Landgericht. (Foto: N/A)

Doch die Erfahrung, nachts von einem Sondereinsatzkommando der Polizei als mutmaßlicher Mörder aus dem Bett geholt zu werden, muss sehr belastend für ihn und seine Familie gewesen sein. Fast wäre seine Ehe in der Folge zerbrochen. Unter diesen Voraussetzungen sollte man annehmen, F. habe von Tricksereien die Nase voll und sage die Wahrheit. Stattdessen aber tischt er dem Gericht Lügen auf, bis der sonst sehr umgängliche Richter aus der Haut fährt.

Es ist kein sehr ergiebiger Tag für die Beweisaufnahme im Fall Dirk P.. Zunächst sollen frühere Arbeitskollegen des Angeklagten H. aussagen, ob dieser an dem Tag, als der Manager P. erschossen wurde, an seinem Arbeitsplatz war. Die Kollegen, die für ein großes Immobilienunternehmen tätig sind, haben an den 14. Januar jedoch recht unterschiedliche Erinnerungen. So behauptet der frühere Chef des Angeklagten steif und fest, H. habe sich zur Tatzeit zunächst in einer Teambesprechung und dann noch zu einer weiteren Unterredung in seinem Büro befunden. In seiner ersten Zeugenvernehmung bei der Polizei hatte der sehr von sich eingenommen wirkende Chef noch nichts von einer Teamsitzung gesagt. Im Prozess beharrt Paul Z., 49, aber darauf, er wisse auch noch genau, dass er am nächsten Tag krank gewesen sei. Andere Mitarbeiter aus seinem Team sind sich da nicht so sicher. Ein Objektbetreuer, der bei der Sitzung dabei gewesen sein soll, gibt an, am 14 . Januar "sicher auf einem Außentermin" gewesen zu sein.

Verteidiger Christian Finke kann sich freuen darüber, dass zumindest Zweifel bestehen, ob H. nicht doch in seiner Firma war. Der Anwalt kündigt sogar eine Erklärung an, in der er dies nochmals betonen will. Der Vortrag, dem ein Antrag auf Haftentlassung seines Mandanten hätte folgen können, kommt aber dann doch nicht. Vermutlich hat sich Finke an die sonst so erdrückende Beweislage gegen Rainer H. erinnert und die Aussichtslosigkeit seiner Strategie erkannt. Denn H. hat am mutmaßlichen Tatort in seiner Garage in Laim, am Fundort der Leiche in seinem VW-Bus, im Auto des Opfers, an das er laut Anklage wegen finanzieller Nöte kommen wollte, so viele Spuren hinterlassen, dass es bislang keinen vernünftigen Zweifel an der Täterschaft des Hausmeisters gibt.

Der Angeklagte selbst hat einiges unternommen, um die Spur von sich wegzulenken. So wollte er die Tat mal seiner Ex-Frau, mal seinem Spezl Erich F. anhängen. Wenn F. nicht am Tattag in seiner Werkstatt von sechs Mitarbeitern gesehen worden wäre, hätte es durchaus eng für ihn werden können: Mit Rainer H. hatte er schon so manches krumme Ding gedreht, was er vor Gericht aber erst nach der verbalen Watschn des Richters einräumt. Und er war wie Rainer H. im Besitz von Schusswaffen.

© SZ vom 13.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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