Protest gegen Atomkraft:München rüstet sich für Großdemo

"Das größte Oppositionsbündnis, das Bayern je gesehen hat"? Am Samstag wollen mindestens 10.000 Atomkraftgegner eine Menschenkette bilden, die Organisatoren hoffen auf einen "Paukenschlag".

Silke Lode

Als wildes Demo-Pflaster ist München nicht bekannt, doch am nächsten Samstag könnte einer der größten Protestzüge seit Jahren die Landeshauptstadt lahmlegen. Es ist der Protest gegen die Atompolitik der schwarz-gelben Bundesregierung, der die Menschen auf die Straße treibt. Die Veranstalter rechnen mit mindestens 10.000 Teilnehmern, die eine zehn Kilometer lange Menschenkette durch die Innenstadt bilden sollen.

Demonstration gegen Laufzeitverlaengerung vor Kanzleramt

In Berlin wurde vergangene Woche gegen Atomkraftwerke demonstriert, nun macht auch München mobil.

(Foto: dapd)

Ähnlich wie beim Nichtraucherschutz hat sich unter dem Namen "Kettenreaktion" ein überparteiliches Bündnis gebildet, das von knapp 20 Organisationen unterstützt wird. Ziel ist diesmal der Atomausstieg und mit ihm die Energiewende. Wieder arbeiten SPD, Grüne und ÖDP zusammen, zudem sind die Linke und die Freien Wähler sowie verschiedene Bürgerinitiativen, Vereine und Institute mit im Boot.

Die Organisatoren sprechen vom "größten Oppositionsbündnis, das Bayern je gesehen hat". Auch verschiedene Künstler tragen ihr Scherflein bei, um die Menschen auf die Straße zu locken: Hans Söllner hat sich ebenso angekündigt wie die Biermösl Blosn, Christoph Süß mit seiner Band, die junge Dancehall-Band Raggabund sowie Hans-Jürgen Buchner von Haindling.

Dieter Janecek, Landeschef der Grünen, lästert angesichts dieses Spektrums an Unterstützern, dass die CSU dabei sei, ihren Status als Volkspartei in Frage zu stellen: "Das Bündnis reicht von der Mitte der Gesellschaft bis an ihren Rand. Nur die CSU ist nicht dabei." Natascha Kohnen, Bayerns SPD-Generalsekretärin, wirft Schwarz-Gelb vor, Politik an den Menschen vorbei zu machen: "Die haben den gesellschaftlichen Frieden aufgekündigt." Im Landtag herrsche bei FDP und CSU "völliges Unverständnis, wohin die Zukunft gehen muss".

Laut Kohnen kommen allein 25 Busse mit SPD-Anhängern aus ganz Bayern nach München, auch aus Österreich und Baden-Württemberg. In einem Brief an die Bahn hat sie bereits Sonderwaggons gefordert. Das Münchner Kreisverwaltungsreferat (KVR) geht inzwischen von einer Großdemo mit mindestens 10000 Teilnehmern aus. Deshalb hat die Behörde die Veranstalter gebeten, die Abschlusskundgebung vom Wittelsbacher- auf den Odeonsplatz zu verlegen. "Mit Sicherheitsproblemen rechnen wir nicht, aber mit Verkehrsbehinderungen am Mittleren Ring, am Altstadtring und im Bereich der Staatskanzlei", sagt KVR-Sprecherin Daniela Schlegel. Die Demonstranten wollen gegen 15 Uhr ihre Menschenkette für eine Viertelstunde schließen, dann sind alle Kreuzungen auf ihrem Weg blockiert.

Marcus Greineder, der die Aktion koordiniert, sagt, dass die Menschenkette "Symbolstätten der Atomlobby" streifen soll, "von der CSU-Zentrale im Westen über die BayernLB, Siemens, Eon und die Staatskanzlei bis zum Umweltministerium". Von 13Uhr an sammeln sich die Demonstranten am Königsplatz, vor der Staatskanzlei und am Prinzregentenplatz, um sich von dort aus auf die Strecke der Menschenkette zu verteilen. Um 16.30Uhr beginnt dann die Abschlusskundgebung - nun eben am Odeonsplatz. Greineder spricht schon jetzt von einem "Paukenschlag", der auch in Berlin zu hören sein werde.

"München hat einen sehr fundierten Ruf der Unmobilisierbarkeit", sagt der hauptberufliche Kampagnen-Organisator. Massendemos habe es hier bis auf die Lichterkette Anfang der neunziger Jahre nie gegeben, aber jetzt werde ihm Info- und Werbematerial aus der Hand gerissen. Im KVR erinnern die Fachleute zwar auch an die Demos gegen Studiengebühren oder die Sicherheitskonferenz, "aber die letzte Demo dieser Größenordnung ist schon ein paar Jahre her", heißt es auch aus dem KVR.

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