Preisverleihung:Äpfel, Birnen und Beikraut

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Der Landkreis würdigt die Verdienste von Umwelt- und Klimaschützern

Von Annkristin Engelbrecht, Schäftlarn/Taufkirchen

In einer Zeit mit massivem Insektensterben sind Rückzugsräume für Tiere, nicht nur für bedrohte Arten, besonders wichtig. Josef Reitinger aus Schäftlarn setzt sich schon seit mehr als 25 Jahren dafür ein. 1990 hatte er die Idee, auf einem Grundstück der Landeshauptstadt München im Schäftlarner Gemeindeteil Neufahrn eine Obstbaumallee anzulegen - zwei Jahre später pflanzte er bereits die ersten Apfel- und Birnbäume mit freiwilligen Helfern. "Damals war ich ja noch berufstätig", erzählt Reitinger, deshalb habe ihn die Pflege der Bäume noch stärker belastet. "Vor allem die Mäuseplagen waren anstrengend, dann werden die Wurzeln der Bäume angefressen."

Aber all die Mühe, Zeit und Leidenschaft, die Reitinger in seine Allee steckte, haben sich gelohnt. "Es tut mir in der Seele gut, jedes Jahr aufs Neue die Blütezeiten zu sehen und die Früchte zu ernten", schwärmt der Schäftlarner. Und damit ist er nicht allein: Mittlerweile machen viele Jakobswegpilger und Radfahrer Halt an der Allee, und die Bürger aus der Gemeinde bedienen sich sowieso immer gerne an den Bioäpfeln und -birnen. "Das war aber auch von Anfang an so gedacht", erklärt der Schöpfer der Allee. "Das Obst ist für alle da." So erlebe man immer wieder viele nette Begegnungen, erinnert sich Reitingers Frau Maria stolz.

Mit seinen Obstbäumen fördert Josef Reitinger die Biodiversität und bietet Insekten und Vögeln einen geschützten Lebensraum. Für sein jahrelanges Engagement im Umweltschutz erhielt er dieser Tage von Landrat Christoph Göbel die Ehrennadel des Landkreises München und eine Urkunde überreicht. Gabriele Zaglauer-Swoboda und Dorothee Bischof aus Taufkirchen wurden bei der Feierstunde im Landratsamt für ihren interkulturellen Garten ausgezeichnet, der im Rahmen des Städtbauförderprogramms "Soziale Stadt" und des Integrationsarbeitskreises "Wir für Taufkirchen" entstanden ist.

"Die Idee kam uns, weil viele ausländische Mitbewohner sich einen Garten oder eine Parzelle gewünscht haben, aber keinen Platz in einem Kleingarten bekommen haben", schildert Dorothee Bischof. Mittlerweile wird der 3000 Quadratmeter große Garten, ein ehemaliges Erdbeerfeld, von mehr als 70 Mitgliedern aus acht verschiedenen Nationen genutzt. Statt einer Pachtgebühr gibt es die Pflicht, sich an den Gemeinschaftsaufgaben zu beteiligen.

"Bei uns herrscht ein intensiver Austausch, wir geben uns gegenseitig ständig Tipps fürs Gärtnern", sagt Bischof, "jeder kann seine Parzelle aber nach dem eigenen Geschmack gestalten, schließlich gibt es kein Unkraut, sondern nur Beikraut - ich bin selber eine Beikraut-Gärtnerin." Die ökologische und interkulturelle Begegnungsstätte wird ohne chemischen Pflanzenschutz und Dünger bewirtschaftet und leistet so einen wichtigen Beitrag zur Mehrung der Artenvielfalt und Biodiversität, wie Robert Fröschl vom Landratsamt in seiner Laudatio sagte.

Dorothee Bischof und Gabriele Zaglauer-Swoboda (rechts) verbinden im interkulturellen Garten in Taufkirchen Naturschutz und Integration. (Foto: Landratsamt)

Für ihr großes Engagement im Klimaschutz wurde die Bürgerenergiegenossenschaft BENG eG ausgezeichnet. "Wir haben uns alle schon immer für den Klimaschutz und erneuerbare Energien eingesetzt", erklärt Burkhard Ulle, Vorstandsvorsitzender der Genossenschaft, "und irgendwann kam dann der Wunsch in uns auf, größere Projekte umzusetzen." So wurde 2011 die Bürgerenergiegenossenschaft gegründet. Seitdem konnten vier Fotovoltaik-Projekte in Aschheim, Gräfelfing, Kirchheim-Heimstätten und Neuried realisiert werden, die jährlich insgesamt etwa 1200 sparsame Haushalte versorgen können. Im November dieses Jahres wurde außerdem die erste Fotovoltaikanlage als Mieterstromanlage in Kirchheim in Betrieb genommen. "Es gibt immer Menschen, die etwas anschieben müssen", sagt Ulle, "und der Gesetzgeber ist uns oft zu langsam, wir wollen gerne mehr in kürzerer Zeit erreichen und immer einen Schritt voraus sein."

Insgesamt wurden 17 engagierte Bürger für neun Projekte im Bereich Umweltschutz mit der Ehrennadel des Landkreises ausgezeichnet. Neben den genannten Projekten und Personen wurden geehrt: die Agenda 21 aus Pullach, gegründet von Bert Eisl und Justus Thyroff, der Ismaninger Realschullehrer Norbert Mederer für seine Ramadama-Aktionen, und Helmut Geiselbrechtinger aus Grünwald, Gründer des Repair-Cafés. Für sein jahrzehntelanges Engagement im Amphibienschutz wurde Joachim Schmidt-Sibeth aus Gräfelfing die Ehrennadel verliehen, ebenfalls Birgit Annecke-Patsch aus Unterschleißheim und Arnold Tallavania aus Oberschleißheim, die sich für den Arten-Biotopschutz in ihren Gemeinden einsetzen. Die Arbeitsgruppe "Grüner Gockel" der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Unterschleißheim-Haimhausen, unter Vorsitz von Pfarrerin Karin Kittlaus, wurde für ihr Engagement im Umwelt- und Klimaschutz und Fair-Trade-Handel geehrt.

© SZ vom 15.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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