Politik:Zwei Frauen, ein Ziel

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Ingrid Lenz-Aktas und Annette Ganssmüller-Maluche kämpfen auf unterschiedliche Art um Unterstützung für eine Bewerbung als SPD-Landtagskandidatin

Von Iris Hilbert, Sabine Wejsada, Aschheim/Ismaning

Ingrid Lenz-Aktas wählte am Donnerstagabend den kleinen Rahmen und holte sich exklusiv die Rückendeckung ihres Ortsvereins, Annette Ganssmüller-Maluche hat am Sonntagmorgen die größere Bühne gesucht, um sich als die richtige Bewerberin für die Nachfolge des langjährigen SPD-Landtagsabgeordneten Peter Paul Gantzer zu präsentieren. Beide wollen ihn beerben, wenn die Sozialdemokraten am 1. Dezember entscheiden, wer für die Landtagskandidatur im Norden des Landkreises München aufgestellt werden soll. Unterschiedlicher konnten die Auftaktveranstaltungen zur Wahl um die Gunst der SPD-Mitglieder nicht sein.

Wenn sich Ingrid Lenz-Aktas in ihrem SPD-Ortsverein Aschheim für eine Landtagskandidatur empfehlen möchte und dabei erst einmal weitschweifend erklärt, wer sie überhaupt ist, wirkt das auf den ersten Blick etwas skurril. Gerade so, als würde Horst Seehofer erklären, dass er CSU-Mitglied ist. Wer, wenn nicht die Aschheimer SPD sollte nicht eh schon wissen, wen sie da ins Rennen schicken will? Eine Frau, die schon eine gefühlte Ewigkeit das Gesicht der Aschheimer SPD ist und bereits für diverse Posten kandidiert hat. Doch ganz so abwegig war es dann doch nicht, den elf versammelten SPD-Mitgliedern zu erläutern, dass man einst mit Stoppt-Strauß-Plakette am Parka herumlief und 1983 dann in die SPD eintrat. Immerhin zwei SPD-Mitglieder waren an diesem Abend neu in Aschheim.

In ihrer Bewerbung für eine Kandidatur als Landtagskandidatin am vergangenen Donnerstag in der Sportgaststätte Tassilo versuchte Lenz-Aktas nach der persönlichen Rückschau insbesondere durch den Verweis auf ihre jahrzehntelange Erfahrung als Kreisrätin ihre Eignung für eine Landtagskandidatur zu untermauern. "Es gibt fast keinen Ausschuss, in dem ich noch nicht war", sagte sie, "ich war selbst beeindruckt, als ich das mal alles aufgeschrieben habe", gab sie zu. Was sie damit vor allem sagen wollte: "Kreispolitik macht mir einen Heidenspaß." Dass sie dennoch die Ebenen wechseln und von der Kommunal- in die Landespolitik strebt, begründet sie so: "Man stößt an die Grenzen." Vor allem dann, wenn die Entscheidungen in München oder Berlin getroffen werden. "Der Spaß an der Politik wäre noch viel größer, wenn ich mehr verändern könnte", sagte Lenz-Aktas.

Sie kündigte an, sich im Landtag für Schulen und Bildung zu engagieren. Zu viel werde auf die Kommunen abgewälzt. "Die zuwendungsfähigen Kosten sind für mich ein großes Thema", sagte die Kreisrätin. Das gilt auch für den Bereich Verkehr. Lenz-Aktas will für eine Stadt-Umland-Bahn kämpfen und sich für eine "vernünftige" Tarifreform einsetzen. "Ich sehe mich im Landtag als Lobbyistin für den schienengebundenen ÖPNV", betonte sie. Als dritten Grund nannte sie die "sozialen Themen". Sie wolle erreichen, dass der Armutsbericht nicht mehr so dick ist. "Ich glaube, dass ich im Landtag etwas zu sagen habe."

Davon überzeugt ist naturgemäß auch Annette Ganssmüller-Maluche. Im gut gefüllten Saal der Ismaninger Hainhalle ließ sie sich am Sonntagvormittag von ihrem Ortsverein feiern. Zum Heimspiel der stellvertretenden Landrätin waren aber nicht nur Sozialdemokraten aus Ismaning gekommen, zahlreiche SPD-Bürgermeister und -Gemeinderäte aus dem Norden und Osten des Landkreises hatten den Weg zum politischen Frühschoppen gefunden - unter ihnen auch: Konkurrentin Ingrid Lenz-Aktas.

Die gelernte Journalistin Ganssmüller-Maluche wählte für ihre Präsentation in der Hainhalle ein informatives Format: Sie ließ sich von der Münchner SPD-Abgeordneten Diana Stachowitz interviewen. Da ging es dann munter hin und her - zwischen den beiden SPD-Politikerinnen und auch themenmäßig. So erfuhren die Besucher des Frühschoppens einiges über die Vita der Bewerberin um die Landtagskandidatur, hörten ihre Standpunkte zum erfolglosen Wahlkampf der Bundes-SPD ("Ich hätte mir mutigere Ansätze gewünscht") und konnten sich ein Bild darüber machen, wofür sich Ganssmüller-Maluche als Vertreterin des Landkreises München im Falle eines Einzugs in den Landtag denn einsetzen würde.

Und da wurde die stellvertretende Landrätin äußerst konkret: Vor allem der Verkehrskollaps, dem die Menschen gerade im Norden des Landkreises tagtäglich ausgesetzt sind, treibt Ganssmüller-Maluche um. "Wir reden über eine dritte Startbahn, aber schaffen es nicht, Straßen und den öffentlichen Nahverkehr zu ertüchtigen", kritisierte sie. So seien die Gleise für einen S-Bahn-Nordring vorhanden, aber "wir schaffen es nur nicht, den ersten Schritt zu machen, um diesen auch umzusetzen". Die Aussagen von ihrem Landrats-Stellvertreter-Kollegen und CSU-Landtagsabgeordneten Ernst Weidenbusch zum Autobahn-Südring bei der Bürgerversammlung in Unterföhring nannte die SPD-Frau gar "einen Skandal". Es könne doch nicht angehen, dass ein aktuelles Nein zum Ringschluss im Süden mit einer Machbarkeitsstudie aus dem Jahr 2010 begründetet werde, die sich auf Verkehrserhebungen von 2006 oder 2007 bezögen, empörte sich Ganssmüller-Maluche. "So etwas ist Wähler-Verdummung", sagte sie und bat die anwesenden Bürgermeister der Nord-Allianz, eigene Verkehrszählungen in Auftrag zu geben. Sie jedenfalls ist davon überzeugt, dass die Entlastung des Nordens durch den Südring "eine erhebliche" sein wird.

Weitere Anliegen sind Ganssmüller-Maluche unter anderem der Wohnungsbau und die Bekämpfung der zunehmenden Armut im Landkreis. Die 56-Jährige sieht sich als "beherzte Politikerin". Sie wolle Dinge "mutig zu Ende denken" und gehöre nicht zu den Teilen der SPD, die "frustriert" seien, weil sie nicht die Regierung stellten. "Wir haben die Möglichkeit, auch unsere Themen, unsere Politik durchzubringen", da ist sich Ganssmüller-Maluche sicher. Ihr Publikum am Sonntag quittierte diese Worte mit lang anhaltendem Applaus.

© SZ vom 23.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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