Planetarium in Garching:"Das Universum ist nichts für Weicheier"

Planetarium in Garching: Die Eso-Supernova eröffnet von Herbst an spannende Einblicke, nicht nur durch eine Glaskuppel in die Welt der Sterne, sondern auch im Haus sind verschiedene Ebenen sichtbar.

Die Eso-Supernova eröffnet von Herbst an spannende Einblicke, nicht nur durch eine Glaskuppel in die Welt der Sterne, sondern auch im Haus sind verschiedene Ebenen sichtbar.

(Foto: Robert Haas)

Bis zu 200 000 Menschen im Jahr sollen das astronomische Zentrum in Garching vom kommenden Jahr an besuchen können, im Planetarium können sie den Sternen nahekommen. Ein Baustellenbesuch.

Von Gudrun Passarge, Garching

Der Countdown läuft. Am 10. November 2017 soll die Supernova in Garching eröffnen. Noch ist das markante Gebäude im Entstehen.

Noch werden die 1396 Fassadenbleche angedockt, alle handgefertigt, alle Unikate. Sie werden die Gebäudestruktur explosionsartig aufbrechen und damit dem Namen des zukünftigen astronomischen Zentrums alle Ehre machen.

Gleich einer Supernova, die bei der Sternenexplosion heller strahlt als das Licht der Sterne der gesamten Milchstraße, so soll auch das Planetarium mit angegliederter Ausstellung weit über die Grenzen Garchings hinaus strahlen. Die Eso-Supernova der Europäischen Südsternwarte, die zwischen 50 000 und 200 000 Besucher jährlich erwartet, möchte den Menschen den Zugang zum All eröffnen.

Noch nie war es so einfach, in den Weltraum zu gelangen. Ein U-Bahn-Ticket langt. Aussteigen an der Haltestelle Garching-Forschungszentrum, ein kurzer Fußmarsch, schon geschafft. Mit gelben Helmen stehen Axel Müller und Lars Lindberg Christensen in dem offenen Raum gleichen Namens unter der etwa 14 Meter hohen Glaskuppel, die den Blick in die Wolken freigibt. Müller ist Architekt und Projektleiter bei Bernhardt und Partner, die das Gebäude entworfen haben, Christensen ist Pressesprecher der Eso, der es obliegt, die Supernova, eine Schenkung der Klaus-Tschira-Stiftung, mit Leben zu erfüllen.

Auf 2200 Quadratmetern wird eine Ausstellung aufgebaut

Rundherum brummt es. Da wird gehämmert, irgendwo knackst ein Gerüst, es wird gerührt, gebohrt, gespachtelt. Der Rohbau ist weit fortgeschritten und macht es möglich, einen kleinen Rundgang zu starten, fast so, wie spätere Besucher sich durch die zwei Gebäudeteile bewegen werden, die ein Doppelsternsystem darstellen, wobei der eine Stern dem anderen Masse abzieht. In der Architektur spiegelt sich das in zwei Körpern wider, im hellen "Luftkern" und im dunklen "Planetariumskern". Von außen zeugen die wegstrebenden Blechelemente vom Masseverlust. 2200 Quadratmeter Ausstellung werden die Gäste erwarten, untergebracht auf drei Ebenen plus Dach und Keller. Es gibt einen Picknickbereich, eine Sonnenterrasse, Büros, Seminarräume, eine Dachterrasse (bei Föhn mit Blick auf die Alpen), die Ausstellung und natürlich das Planetarium.

Der Weg dorthin führt auf einer Rampe in leichter Steigung nach oben, "fast wie ein Möbiusband", sagt Christensen, ein kontinuierliches Band, das auf 280 Metern Länge in die unterschiedlichsten Themenwelten einführt. Noch hängen Kabel aus der Decke und die Fenster sind mit Pappe verschalt. Aber Christensen ist in seinem Element. "Hier kommen wir zum Sonnensystem", er zeigt kurz mit einer Handbewegung auf nicht vorhandene Planeten, die er vor seinem Auge schweben sieht. An anderer Stelle macht er die Atacama-Wüste aus, in der das Riesenteleskop der Eso steht. "Hier kann man auch Selfies von sich in der Wüste machen", sagt Christensen.

Dann jedoch wird es gefährlich. "Das Universum ist nichts für Weicheier", teilt Christensen dem Besucher mit. So wird die "Kammer des Schicksals" 100 Wege zeigen, im Weltall zu sterben. Die Menschen werden durch Asteroideneinschläge bedroht, Supernovae, Gamma Ray Bursts, schwarze Löcher, Sonneneruptionen, galaktische Kollisionen und vieles mehr.

Planetarium in Garching: Verschachtelte Architektur: die Baustelle des Projekts "Eso-Supernova".

Verschachtelte Architektur: die Baustelle des Projekts "Eso-Supernova".

(Foto: Robert Haas)

Mit all den verschiedenen Themen geht es der Eso darum, die Menschen mit Astronomie vertraut zu machen, wichtiges Wissen zu vermitteln. Dafür wird sie Konzepte ausarbeiten, Familienprogramme, Workshops für Kindergartengruppen und Schulen. Dafür setzt sie auf Lehrerfortbildung und plant mit der Ludwig-Maximilians-Universität und der Technischen Universität zusammen, astronomische Inhalte in der Lehrerausbildung zu implementieren. Unter anderem, so schwebt Christensen vor, könnten Lehrer einen Teil ihrer Ausbildung in der Supernova ableisten. Sie könnten schon den Kleinsten vermitteln, warum wir auf der Erde stehenbleiben - was mit Playmobilfiguren auf einer Erdkugel demonstriert wird - oder warum es Sommer und Winter gibt - nicht etwa, weil die Erde im Sommer näher an der Sonne ist wird es wärmer, sondern weil die Neigung eine andere ist als im Winter. "Wir denken, es ist unverantwortlich, wenn Kinder solche Sachen nicht lernen", sagt der Eso-Sprecher. "Ich glaube, wir können diese Dinge in der Supernova gut visualisieren."

Als säße man selbst in einem Raumschiff

Wobei das Planetarium einer der Höhepunkte in Sachen Visualisierung sein wird. 110 Plätze bietet es, und einen Blick ins Universum, als wäre man selbst im Raumschiff unterwegs. Noch fehlen wesentliche Teile wie etwa die Projektionskuppel, mit 14 Metern die größte im deutschsprachigen Raum. Rundherum ist alles in schwarz gehalten, "es wird keine reflektierenden Oberflächen geben und keine blinkenden Lichter", sagt Architekt Müller. Er sieht die komplexe Geometrie des Gebäudes als Herausforderung an. Dabei gingen "alle beteiligten Firmen an die Grenzen des derzeit Machbaren und blicken darüber hinaus". Trotzdem hat er festgestellt, dass die Handwerker gerne auf die Baustelle kommen, "weil es hier anders ist als auf anderen Baustellen". Die Handwerker fühlten sich gefordert.

Das, was die Leute an der Eso-Supernova leisteten, sei "ein Innovationsmotor für uns Architekten in der Planung, für die Firmen in der Ausführung und ebenso für die Industrie, die wir mit solchen Projekten stets aufs Neue herausfordern". Kurz, "die Motivation ist ausgesprochen groß", sagt Müller. "Jeder trägt seinen Teil dazu bei, dass etwas Einzigartiges entsteht." Schließlich wird so eine Supernova nicht jeden Tag gebaut.

Der Kranführer bemüht sich währenddessen, passgenau ein neues Blechelement an das Gebäude heranzuhieven. Stück für Stück hüllt sich die Supernova in ihr Schuppenkleid. Noch 446 Tage bis zur Eröffnung.

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