Pflege des Glaubens:"So lieber Jesus, jetzt bist' wieder schee"

Unterbiberg, das Büßerkreuz von Josef Kyrein, Foto: Angelika Bardehle

Das alte Sühnekreuz

(Foto: Angelika Bardehle)

Im Landkreis gibt es einige Wegkreuze, die meist von Privatpersonen gepflegt werden. So pflanzt Helga Neubauer Blumen am Schallmoserkreuz in Unterhaching. Auch alte Sühnekreuze erzählen Geschichten.

Von Angela Boschert

Kreuz - Kreuzesweg Jesu - Kreuzigung - Erlösung sind die großen Themen insbesondere der Karwoche. Seit Aschermittwoch erinnern sich Christen in den circa sieben Wochen vor Ostern an die 40-tägige Leidensgeschichte Jesu. In Gottesdiensten, Kreuzwegandachten oder durch Fasten gedenken sie des Verrats an Jesu, seines Leidensweges und seiner Kreuzigung.

Eine besondere Art des Kreuzgedenkens bieten Flurdenkmäler wie Weg- oder Gedenkkreuze, die nicht nur zu Fronleichnam, sondern auch zu Ostern frisch mit Blumen geschmückt werden. Sie laden dazu ein, innezuhalten und ein Gebet zu sprechen. So beispielsweise in Unterhaching am Schallmoserkreuz. Es wurde 1980 an der Gabelung Bürgermeister-Prenn-Straße und Kirchenstraße von Anna Schallmoser errichtet. Sie hatte das von ihrem Mann gegründete Fuhrunternehmen Schallmoser, heute Schallmoser-Entsorgung, nach dessen Tod alleine weitergeführt. Im Alter empfand sie eine Verpflichtung, für ihr Leben zu danken, berichtet ihre Enkelin Claudia Schallmoser. Sie konnte aber keinen dokumentierten konkreten Anlass für die Errichtung des Kreuzes herausfinden. Sicher ist, dass Anna Schallmoser im Alter sehr gläubig und in der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung KAB aktiv war, die bis 2010 in St. Korbinian Unterhaching bestand.

Unterbiberg, das Eichenkreuz am Stadl von Josef Kyrein, Foto: Angelika Bardehle

Josef Kyrein (links) glaubte als Kind, an just diesem Kreuz sei Jesus gestorben.

(Foto: Angelika Bardehle)

Um das Holzkreuz mit dem zerbrechlich wirkenden Gekreuzigten kümmert sich seit langem Helga Neubauer, "weil es ein schönes Fleckerl ist". Sie will "den wunderbaren Fleck nicht brach daliegen lassen", sondern schmückt gerne zu Ostern das Kreuz mit neuen Blumen, die sie selbstverständlich dann auch gießt. Seit Februar vergangenen Jahres steht das Kreuz wieder an seinem Platz, an dem früher das erste Feuerwehr-Spritzenhaus stand: Familie Schallmoser hat das Kreuz mit Freunden restauriert. Der Unterhachinger Heimatpfleger Günter Staudter sieht darin "ein höchst erfreuliches Beispiel für das Weiterbestehen unserer bayerischen Tradition, dass die Familie des Enkels der Kreuzstifterin sich für das christliche Erbe verantwortlich fühlt". Doch es fällt manchmal schwer. Mit seinen zwei Bänken und der kleinen Wiese lädt der Platz, an dem das Kreuz steht, zur Erholung ein. "Er ist aber zum Hundeklo geworden", bedauern Claudia Schallmoser und Helga Neubauer. Dennoch schmückt letztere das Kreuz weiter und freut sich jedes Mal: "So, lieber Jesus, jetzt bist du wieder schee".

Unterhaching, Rötzerkreuz von Elisabeth Wiesner,

Elisabeth Wiesner pfegt das Rötzerkreuz in Unterhaching.

(Foto: Angelika Bardehle)

Meist schmücken Privatpersonen die Flurdenkmäler

Unterhaching, Schallmoserkreuz,

Helga Neubauer kümmert sich um das Schallmoserkreuz.

(Foto: Angelika Bardehle)

Meist sind es Privatpersonen, die Flurdenkmäler pflegen und mit Blumen schmücken. Viele der Wegkreuze haben eine Geschichte, von denen in manchen Fällen sogar Beschriftungen zeugen. So wie beim Rötzerkreuz an der Ecke Isartal-/Lilienthalstraße in Unterhaching. Dieses Wegkreuz erinnert an die wagemutige Flucht von Alfred Rötzer aus britischer Kriegsgefangenschaft. Er "floh zu Fuß von Albanien über Montenegro, Bosnien, Slowenien und die Alpen bis nach Unterhaching", heißt es in der Beschriftung. Auf der Flucht gelobte Rötzer, von Malaria geplagt, eine Weihekapelle zu errichten, falls er heil die Heimat erreicht. Als er sich daheim in Unterhaching wieder eingerichtet hatte und es ihm besser ging, erinnerte er sich an sein Gelübde. Der Bau einer Kapelle wurde ihm von der Gemeinde aber verwehrt. Stattdessen errichtete Anneliese Rötzer 1960 anlässlich des Eucharistischen Weltkongresses dieses Wegkreuz. Ihre Tochter Elisabeth Wiesner kümmert sich darum "aus Andenken an meinen Vater, der mit nur 48 Jahren tödlich verunglückte, aber auch aus Respekt vor der Religion". Auch merkt sie, wie die Menschen Freude haben an dem geschmückten Kreuz. Leider wurden schon Blumen gestohlen und es wurde achtlos beschädigt: "Ein Lastwagen hat dem Jesus schon die Zehen abgefahren", berichtet Wiesner. Dennoch will sie weiterhin Geld in das Kreuz und den Erhalt des Standorts stecken und das Kreuz schmücken.

Für Josef Kyrein aus Unterbiberg gibt es ebenfalls ein Kreuz mit einer besonderen Bedeutung: "Das große Eichenkreuz, das seit 60 Jahren an unserer Stadlwand hängt, hing einst an der Nordseite der Kirche. Als Kind habe ich immer gedacht, Jesus sei an genau dieses Kreuz genagelt worden", erzählt Kyrein. Die geschnitzte Christusfigur, die einst an dem mächtigen Eichenkreuz hing, befindet sich inzwischen an einem kleineren Kreuz am Kircheneingang der barocken St. Georg-Kirche in Unterbiberg. Das Leid, vereint mit großer Güte, spricht dem Gekreuzigten hier aus dem Gesicht.

Unbeachtete Kleinod

Ein wahres Kleinod steht nicht weit entfernt außerhalb der Friedhofsmauer von St. Georg: ein steinernes Sühnekreuz, das um das Jahr 1524 datiert wird. Es stand unbeachtet an der Unterhachinger Straße. "Als die saniert werden sollte, holte mein Vater es mit dem Bulldozer hierher", erzählt Josef Kyrein junior.

Jetzt steht es auf einer kleinen Anhöhe nahe dem Hachinger Bach. Sühnekreuze erinnern an eine durch die Kirche ausgeübte Gerichtsbarkeit, das Sühnegericht. Da sie auf Schrift verzichten, aber das Tatwerkzeug des Täters oder ein Symbol zeigen können, das auf den Beruf des Ermordeten hinweist, könnte die Vertiefung im oberen Blatt des Unterbiberger Sühnekreuzes mehr als reiner Schmuck sein. Der Nachweis steht jedoch noch aus. Das historische Sühnekreuz lässt den Betrachter jedoch innehalten und nachdenken. Gerade in der Karwoche.

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