Perspektiven 2015:Zukunft - gewiss

Manche wissen schon jetzt: 2015 wird ein besonderes Jahr. Ein Flüchtling will sich eine Existenz aufbauen, der Leiter der VHS Südost plant den Ruhestand und eine 26-Jährige entwirft für Kirchheim ein Kulturprogramm

Von Franziska Dürmeier, daniela bodE, Verena Fücker, Landkreis

Neues Jahr, neues Glück. Viele Menschen gehen mit mehr oder weniger großen Hoffnungen ins Jahr 2015. Positives Denken ist zum Jahreswechsel angesagt. Was wirklich kommen wird, kann freilich keiner vorhersagen. Doch einige Menschen wissen jetzt schon, dass sie ein besonderes Jahr erwartet. Sie stehen vor einem Neuanfang, weil sie sich wie der Syrer Rony eine Existenz aufbauen wollen. Sie sehen einem beruflichen Abschied entgegen wie Karl Heinz Eisfeld, der nach erfüllten Jahren die Leitung der Volkshochschule Südost in andere Hände legt. Oder sie haben eine Herausforderung zu meistern, wie Katharina Ruf, die in Kirchheim ein Kulturprogramm auf die Beine stellt.

Neuanfang

Nach vier Monaten Flucht hat er Deutschland erreicht. Es ging an Flüssen entlang, über Berge, durch fremde Länder, oft ohne etwas zu trinken. Das war 2012. Inzwischen hat der Syrer Rony eine Aufenthaltsgenehmigung und eine Bleibe bei einer deutschen Gastmutter. Er hat Sprach- und Integrationskurse absolviert, Freunde gefunden - und sogar einen Job. Doch all das soll nur der Anfang sein. Im kommenden Jahr möchte der 27-Jährige die vierte Stufe des Deutsch-Sprachkurses abschließen, die er bereits begonnen hat - und dann auch noch die nächste.

"Mein Wunsch, mein Traum ist C1", sagt Rony. Mit C1 meint er die fünfte Sprachkompetenzstufe. Damit wäre sein Deutsch auf fortgeschrittenem Niveau. "Das ist wichtig, wegen der Arbeit", sagt er. Seine Sprachkompetenz und seine Offenheit gegenüber anderen Menschen, das ist auch das, was er beruflich in die Waagschale werfen und 2015 weiter ausbauen möchte. Bevor er flüchtete, besuchte Rony in seiner Heimatstadt im Norden Syriens vier Jahre lang einen Dolmetscherstudiengang - dann, noch ohne Abschluss, musste er flüchten. "Ich musste weg", sagt er, "das war nicht freiwillig. Meine Mutter sagte, Hauptsache ich bleibe am Leben."

Wie fließend er nach einem guten Jahr Deutsch spricht, hört man, wenn er von seinem Alltag erzählt, von seinem früheren Leben in Syrien, aber auch von den Schwierigkeiten, mit denen er konfrontiert ist. Noch träumt er von C1, doch eigentlich will er viel höher hinaus: Er spricht Assyrisch, Arabisch, Englisch und Deutsch, möchte aber noch mehr Sprachen lernen. Unter der Woche geht er in die Schule, am Wochenende jobbt er als Aushilfe in einem Hotel - ob als Rezeptionist, Kellner, wo eben gerade Not am Mann ist. Und er hat als großes Ziel, ein Studium aufzunehmen. Und dann einen guten Job: "Ich möchte in einem großen Hotel arbeiten oder in einem Reisebüro, oder - das ist mein Traum - beim Flughafen." Dieser Traum rückt mit jedem Sprachkurs näher.

Perspektiven 2015: Rony aus Syrien träumt von einem Studium.

Rony aus Syrien träumt von einem Studium.

(Foto: Claus Schunk)

Als Übersetzer ist der 27-Jährige ehrenamtlich im Asylhelferkreis Ottobrunn tätig. Er vermittelt zwischen anderen Helfern und den Flüchtlingen, hilft auch sonst, wo er kann, hält Vorträge und vieles mehr. Die ehrenamtliche Tätigkeit will er auch im Jahr 2015 intensiv fortführen. Erste Termine für Vorträge und Helfereinsätze stehen bereits an. Doch neben all den Kursen, der Arbeit, dem Beruf und dem Ehrenamt ist sein größter Wunsch für 2015 oder später ein anderer: "Ich möchte, dass meine Familie hierher kommt, in ein sicheres Land. Dass sie in Sicherheit schlafen können. Man weiß nie, ob man in Syrien am nächsten Tag aufwachen wird oder nicht."

Abschied

Karl Heinz Eisfeld wird 2015 leise verschwinden. So sagt er das selbst. Natürlich nicht als Person, aber als Geschäftsführer einer Einrichtung, die so vielen Menschen im Landkreis täglich den Horizont erweitert. Eisfeld geht Mitte nächsten Jahres als Leiter der Volkshochschule Südost (VHS) in den Ruhestand, die sich in 56 Jahren seit ihrer Entstehung zu einem dominierenden Anbieter in der Erwachsenenbildung im Landkreis München entwickelt hat. Ottobrunn, Haar, Neubiberg, Putzbrunn und Höhenkirchen-Siegertsbrunn haben ihre Aktivitäten unter Eisfelds Ägide gebündelt. Es sei der "richtige Zeitpunkt" für einen Abschied, sagt der 66-Jährige. Die Lage sei geordnet. Es gebe die richtigen Leute an der richtigen Stelle, die räumliche Ausstattung sei sehr gut.

Für das leise Verschwinden hat Eisfeld alles vorbereitet. Sein Nachfolger Christof Schulz ist zum zweiten Geschäftsführer bestellt, Eisfeld will nun mit ihm immer mehr die Rollen tauschen, ihn etwa die Sitzungen leiten lassen. Dass die Dinge so geordnet in die Wege geleitet werden, passt zu Eisfeld. "Ich würde mich als Strategen bezeichnen und als begeisterten Erwachsenenbildner", sagt er von sich. Dass das so ist, hat er in den vergangenen Jahren mehrmals bewiesen. 2002 führte er als deren Leiter die VHS Ottobrunn mit der VHS Neubiberg zusammen. Sie hieß fortan VHS Südost und war wie zuvor die Ottobrunner VHS eine Abteilung des Kulturkreises Ottobrunn. 2012 bereitete Eisfeld die Ausgründung der Volkshochschule aus dem Kulturkreis und Gründung als GmbH vor. Er hatte auch Kritiker, die sagten, er habe einen Spalt in den Kulturkreis gebracht. Eisfeld ist dennoch "stolz und glücklich, dass wir das hinbekommen haben". Immerhin mussten fünf Gemeinden dem GmbH-Vertrag zustimmen. Er brachte die Idee, ein kommunales Weiterbildungszentrum zu schaffen, zu Ende. Sich mit solchen Strategien zu befassen, war derweil nichts Neues für ihn. Er war da bereits viele Jahre Vorsitzender des Bayerischen Volkshochschulverbands. Das Amt hat er seit 2013 nicht mehr inne, seit 2011 ist er aber stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Volkshochschulverbands.

Es wirkt, als könnte Eisfeld im kommenden Jahr beruhigt seinen Posten räumen, weil alles so geklappt hat, wie er sich das gewünscht hat. "Wir sind eine starke Volkshochschule", sagt er stolz. Sie hätten zum Stand Ende 2014 gut 130 000 Euro Rücklage - einschließlich der Stammeinlage von 60 000 Euro und ein Kapital von rund 200 000 Euro. Er freut sich auch, dass die VHS beim Angebot modern aufgestellt sei: Sie bietet nun auch Integrations- und berufliche Weiterbildungskurse an.

Neubiberg, Grundschule Aula, Podiumsdiskussion mit Bgm-Kandidaten,

Karl Heinz Eisfeld wünscht sich mehr Zeit für sich und seine Familie.

(Foto: Angelika Bardehle)

Die Beine hochlegen will Eisfeld jetzt dann nicht. "Ich werde etwas tun", sagt er. Ideen hat er einige: Er hat Anfragen von zwei Vereinen, sie bei der Umstrukturierung zur GmbH zu beraten. Er kann sich auch vorstellen wieder Deutsch zu unterrichten - das tat der studierte Germanist bereits in den Siebzigerjahren. Und die Familie hat auch schon angeklopft: Künftig wird er öfter auf den einen oder anderen der acht Enkel aufpassen. Und mit seiner Frau ein paar Berge besteigen, die sie noch nicht bezwungen haben.

Herausforderung

Im Rathaus von Kirchheim weht seit Anfang Dezember ein frischer Wind. Seitdem leitet die 26-jährige Katharina Ruf das Referat für Kultur und Öffentlichkeitsarbeit. Ganz schön jung für eine leitende Position. "Ich habe bereits während des Studiums praktische Erfahrungen gesammelt, unter anderem im Kulturamt und Amt für Öffentlichkeitsarbeit in Paderborn", erzählt Katharina Ruf. Danach hat sie am Bodensee ein Jahr als Kulturreferentin in einem Altenheim gearbeitet. "Aber nach sechs Jahren in der Ferne wollte ich zurück Richtung Heimat", sagt sie. Heimat ist für sie Wasserburg am Inn.

In Kirchheim kümmert sie sich jetzt vor allem darum, den Kulturbereich auszubauen. Was genau in diesem Jahr auf dem Programm stehen wird, kann Ruf aber noch nicht sagen. "Ich würde gerne Kleinkunst auf die Bühne bringen, also Musik, Comedy und Kabarett", erklärt sie. Außerdem sollen volkstümliche Künstler im Stil der modernen Blasmusiktruppe La BrassBanda, die sich irgendwo zwischen alpenländischen Klängen und Reggae ansiedeln, nach Kirchheim kommen.

Die meisten Veranstaltungen werden bis zur Fertigstellung des neuen Bürgerhauses im "Alten Wirt" weiterhin in der Aula des Gymnasiums stattfinden. "Danach haben wir noch viel mehr Möglichkeiten in der Kulturarbeit und können auch viel mehr Veranstaltungsreihen anbieten", sagt Ruf. Auch für die jährlich stattfindenden Veranstaltungen, wie Dorffest und Christkindlmarkt ist die Kulturreferentin verantwortlich. Dabei sind ihr Stetigkeit und Tradition sehr wichtig: "Es ist nicht so, dass ich hier alles umkrempeln will. Vor allem das Dorffest muss gewahrt werden, das hält die Gemeinde zusammen."

Was die Öffentlichkeitsarbeit betrifft, ist der erste Schritt zur Modernisierung bereits mit dem neuen Gemeindelogo, das seit einigen Wochen zum Beispiel auf dem Kirchheimer Mittelungsblatt prangt, getan. Das muss Ruf jetzt in der gesamten Gemeindeverwaltung und auf offiziellen Dokumenten etablieren. So ein Logo sei im 21. Jahrhundert sehr wichtig, um sich nach außen zu präsentieren, sagt sie. "Bisher ging vieles über das Wappen, aber das hat wenig Wiedererkennungswert." Gemeinsam mit der neuen Homepage, für deren Inhalt Katharina Ruf die Federführung übernommen hat, sollen damit die Potenziale der Gemeinde viel weiter ausgeschöpft werden. "Eines darf man aber nie vergessen. Das sind die Einwohner. Mit denen will ich eng zusammenarbeiten, um ein Produkt für sie zu entwickeln", künftig Ruf an.

Die ersten zwei Wochen sind geschafft, doch jetzt im neuen Jahr will Ruf richtig loslegen. Sie hat noch viel Arbeit vor sich. "Am Anfang werde ich bestimmt Veranstaltungen in den Sand setzen, weil ich den Geschmack der Leute nicht treffe", befürchtet sie. Um das zu verhindern, arbeitet sie eng mit ihren beiden erfahrenen Kolleginnen im Kultur- und Öffentlichkeitsreferat zusammen.

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