Ottobrunn:So anders, so schön

Heiß oder kühl, nass oder trocken - der Sommer kann sehr unterschiedlich sein. Vier Zugezogene erinnern sich in Kursen der vhs Ottobrunn an ihre Heimat

Im Landkreis München leben 63 429 Menschen aus anderen Ländern (Stand 30. Juni 2017). Damit hat fast jeder Fünfte der 340 000 Einwohner keinen deutschen Pass. Gerade in den vergangenen Jahren und Monaten sind viele Menschen aus den unterschiedlichsten Ländern zugezogen. Einige von ihnen lernen an der Volkshochschule Südost Deutsch. Die Ottobrunner Einrichtung hat die Teilnehmer gebeten, etwas aus ihrer Heimat zu erzählen. Unter dem Motto "Ein typischer Sommer(tag) in meiner Heimat" hat die VHS vier Geschichten zusammengestellt, die einen Eindruck über das Leben in anderen Ländern vermitteln.

Wo Regen ist, ist der Sommer willkommen

Supreet Kaur Vasdev stammt aus Indien. Sie lebt seit 2013 in Deutschland und lernt seit zwei Jahren Deutsch: "Indien ist ein großes Land. Von Nord nach Süd und von Ost nach West kann der Sommer verschiedene Schattierungen haben. Ganz im Norden im Himalaya-Gebirge ist er im Mai und Juni eine von vier Jahreszeiten. Die beste Reisezeit liegt zwischen März und September. Um die Sonne zu genießen, kommen viele Touristen aus anderen Teilen des Landes. Im Süden bringt der Sommer lange, warme und feuchte Tage. In Neu-Delhi, wo ich herkomme, ist es sehr lange trocken und sehr heiß, verglichen mit den langen und sehr kalten Nächten in Deutschland.

Ottobrunn: In Indien wird der Sommer anders erlebt als in Europa. Aber auch innerhalb des großen Landes gibt es klimatische Unterschiede.

In Indien wird der Sommer anders erlebt als in Europa. Aber auch innerhalb des großen Landes gibt es klimatische Unterschiede.

(Foto: privat)

Der Morgen und der späte Abend sind die schönsten Tageszeiten. Tagsüber bleiben die meisten Menschen wegen der hohen Temperaturen bis zu 40 Grad in ihren Büros oder zu Hause, die Kinder spielen drinnen. Im Sommer haben Schulkinder lange Ferien. Sie versuchen, das Beste draus zu machen, indem sie im Schatten unter dicken Mangobäumen spielen, gelegentlich klettern und unreife Mangos als Snacks genießen. Sie essen Zuckerrohr und trinken den Saft, ein idealer Durstlöscher. Sommer ist nicht der richtige Zeitpunkt, um Indien zu besuchen, es sei denn, man besucht Orte im Himalaya-Gebirge. Nach dem langen heißen Sommer kommt im Juli und August in den Ebenen der Monsunregen. Die erste Dusche wird von Menschen, Tieren, Vögeln und auch der Mutter Erde sehnsüchtig begrüßt. Und anschließend, von Mitte Oktober bis Februar, lässt es sich das Land wunderbar bereisen."

Wenn der Sommer nichts Besonderes ist

Mangai Balasegaram lebt seit 2016 in Deutschland und lernt kontinuierlich Deutsch: "Wenn man in Deutschland von Sommer spricht, denkt man an Sonnenschein, Freude, draußen spielen oder grillen. Sommer ist positiv - Sommer macht Spaß! In meiner Heimat Kuala Lumpur in Malaysia ist der Sommer nichts Besonderes. Wir lieben die Sonne nicht, eigentlich fliehen wir vor ihr.

Kuala Lumpur liegt am Äquator. Jeder Tag ist ein Sommertag, aber nicht wie in Deutschland. Die tropische Sonne, besonders am Mittag, ist heftig und stark mit Temperaturen im Durchschnitt von 23 bis 33 Grad Celsius. Mit der hohen Luftfeuchtigkeit, fühlt man sich oft unangenehm. Das Wetter ist immer das gleiche, ohne Jahreszeiten. Es ist immer heiß. Vielleicht gibt es ein bisschen mehr Regen am Ende des Jahres, aber der Unterschied ist nicht offensichtlich.

Ottobrunn: In einem Garten in Kuala Lumpur.

In einem Garten in Kuala Lumpur.

(Foto: privat)

Als ich zum ersten Mal etwas über die Jahreszeiten in der Schule lernte, konnte ich es mir nicht vorstellen. Ich ging nach Hause und steckte meine Hand in den Gefrierschrank. Das typische malaiische Haus, mit überhängenden Dächern, breiten Veranden und auf Stelzen gebaut, ist ein perfektes Design, um vor der Sonne zu schützen und die Belüftung zu erhöhen. Heutzutage leben wir mit Ventilator und Klimaanlage in unseren Häusern und Autos. Wir vermeiden die Mittagssonne. Die Schwimmbäder sind am frühen Nachmittag oft leer. Auch nach draußen gehen wir nur am frühen Morgen oder am frühen Abend, wenn es nicht so heiß ist.

Als Kind liebte ich den tropischen Regen ganz besonders. Die Regenschauer waren schwer, aber kurz und sie ließen alles kühl und sauber zurück. Ich liebte es, im Regen in unserem Garten zu tanzen. Der Regen trommelte auf meinen Rücken und meine Kleider waren bald durchnässt. Meine Hunde beobachteten dieses merkwürdige menschliche Verhalten von der Veranda aus. Wir hatten einen großen, tropischen Garten mit üppigen, tropischen Pflanzen, einschließlich Farnen und Palmen sowie Bougainvillea und Hibiskus-Blumen, Rambutan, Mango und Jackfruit-Obstbäumen. Erst als ich in England lebte und unter den vielen grauen Tagen litt, lernte ich, die Sonne zu lieben.

Jetzt habe ich Sorge um unser immergrünes, unveränderliches Wetter. Wissenschaftler glauben, dass die Tropen die globale Erwärmung zuerst spüren werden. Schon jetzt erleben wir schwere Regenfälle und heißes Wetter in Malaysia. 2014 gab es acht Wirbelstürme in Malaysia. Wenn wir nichts gegen die globale Erwärmung tun, werden die Auswirkungen in 35 Jahren katastrophal sein. Vielleicht wird es dann nicht mehr möglich sein, in den Tropen zu leben.

Ich hoffe, dass uns unser unendlicher, unveränderbarer Sommer erhalten bleibt. Wir schätzen oft nicht, was wir haben, bis wir es verlieren."

Achtung! Der Sommer ist verschwunden

Dace Lina zog vor einem Jahr nach Deutschland, nachdem sie hier bereits 2016 ein Praktikum als therapeutische Masseurin absolviert hatte. Seitdem lernt sie Deutsch an der VHS Südost in Ottobrunn: "Der Sommer hat das Haus am 1. Juli verlassen und ist nicht mehr nach Hause zurückgekehrt. Er war mit etwas Grün und Buntem bekleidet, besondere Merkmale: + 20 oder + 25 C. Wenn ihn jemand gesehen hat, sagen Sie bitte Bescheid."

So treiben wir Witze in Lettland, meinem Heimatland. Der Sommer dort ist kurz, aber wirklich schön. Auch der Frühling kann sehr schön sein. Wenn Letzterer seinen Kampf mit dem Winter anfängt, kann man aus den Birken Saft gewinnen: Die Landbevölkerung nimmt dafür drei Liter große Gläser und bohrt Löcher in die Bäume. So kann man bis zu 25 Liter Saft aus einem einzigen Stamm bekommen. Er schmeckt zunächst fast wie Wasser und wird teilweise gleich getrunken, die meisten Gläser werden allerdings für den Sommer im Keller aufbewahrt. Mit einigen Zutaten wie Rosinen, Zitrone, Ästen von schwarzen Johannisbeeren schmeckt er leicht säuerlich und erfrischender. Birkensaft soll sehr gesund sein. Die Letten reinigen mit ihm ihren Körper von innen.

Bei uns gibt es ein weiteres typisches Ereignis im Sommer, es klingt vielleicht ein bisschen traurig, aber nicht für die Letten: Auf dem Land wird das sogenannte Friedhofsfest gefeiert. Auf fast jedem Friedhof versammeln sich Großfamilien. Man sagt: Vom Besuch des Friedhoffestes ist man nur dann befreit, wenn man tot ist. Die Familien kleiden sich festlich, besuchen die Gräber ihrer Lieben, pflegen und schmücken sie mit frischen Blumen und Kerzen; dann hält ein Priester eine Predigt. Nach dem offiziellen Teil bleiben wir eine Zeit auf dem Friedhof, am Abend wird getanzt und gesungen.

Ottobrunn: Unter dem Motto "Ein typischer Sommer(tag) in meiner Heimat" hat die VHS vier Geschichten zusammengestellt, das Foto zeigt eine Szene aus Lettland.

Unter dem Motto "Ein typischer Sommer(tag) in meiner Heimat" hat die VHS vier Geschichten zusammengestellt, das Foto zeigt eine Szene aus Lettland.

(Foto: privat)

Besonders wichtig für die Letten ist jeder fünfte Sommer, wenn in Lettland das Tanz- und Sängerfest stattfindet. Schon kleine Kinder lernen bei uns singen und tanzen. Die Teilnahme an diesem Fest ist ein großes Ereignis. Nur die besten Chöre und Tanzgruppen dürfen teilnehmen. Das Fest dauert eine Woche lang und circa 30 000 Teilnehmer singen und tanzen in der Hauptstadt Riga."

Der Plattensee ist im Sommer ein Muss

Rita Gombos lebt seit zwei Jahren in Deutschland und lernt seit einem Jahr und einem Monat Deutsch an der VHS Südost in Neubiberg: "Das ungarische Wetter ist ein bisschen wärmer und trockener als das Wetter hier in Bayern. Von Mai bis September gibt es viele sonnige Tage, aber die heißesten Monate sind der Juli und der August. Natürlich fühlt sich im Sommer jeder in der Nähe von Wasser besser. In Ungarn findet man viele Badeorte, kleine Seen und Heilbäder/Thermalbäder. Aber der Lieblingsort fast aller Ungarn ist und bleibt der Plattensee. Auch für mich ist ein Sommer schier unvorstellbar ohne ihn.

Ottobrunn: Der Plattensee in Ungarn ist bei warmen Temperaturen ein beliebtes Reiseziel.

Der Plattensee in Ungarn ist bei warmen Temperaturen ein beliebtes Reiseziel.

(Foto: privat)

Die Besucher erwartet dort ein üppiges Programm: Strand, Schifffahrt, Spaziergang, Festivals. Auch an kühleren Tagen wird es nicht langweilig. Es gibt Hallenbäder mit Wellness-Bereich, Abenteuerparks, Höhlen, Burgen, Schlösser und Denkmäler. Sportbegeisterte können rund um den Plattensee mit dem Fahrrad fahren oder an Europas längstem und ältestem Segelwettbewerb, dem "Blauen Band" teilnehmen. Gut trainierte Schwimmer durchqueren mit Tausenden Gleichgesinnten alljährlich den See von Ufer zu Ufer: stattliche 5,2 Kilometer!

Für kulinarische Köstlichkeiten ist allerorts gesorgt. Aber Vorsicht: ungarische Gerichte sind nicht gerade kalorienarm! Die beliebtesten Speisen sind: Gegrillter Heck - nicht zu verwechseln mit dem deutschen Hecht, eine typische ungarische Fischspezialität, auch wenn die Fischart in Ungarn nicht heimisch ist. Er wird mit großer Vorliebe direkt am Strand verspeist. Pfannkuchen (palacsinta), gekochter Mais (főtt kukorica) und Fladen (lángos) gehören ebenfalls zu den beliebtesten Leckerbissen. Wie selbstverständlich auch Fischsuppe (halászlé) und Gulaschsuppe.

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