Ottobrunn:Mehr Spielraum für Gehaltsverhandlungen

Um sich gute Mitarbeiter zu sichern, darf Ottobrunns Bürgermeister künftig selbst Zulagen gewähren

Von Bernhard Lohr, Ottobrunn/Unterhaching

Ottobrunns Bürgermeister Thomas Loderer (CSU) gehört eher zu den stillen Vertretern seiner Zunft. Poltern ist nicht seine Sache. Er kommt lieber mit diplomatischem Geschick ans Ziel. So ist er auch an diesem Dienstagabend zu erleben, als er in einem Seminarraum des Wolf-Ferrari-Hauses der Hauptausschuss des Gemeinderats versucht, zwischen den Forderungen der CSU, der SPD, der Grünen und der Bürgervereinigung (BVO) in der Haushaltsvorberatung seine Interessen zu wahren. Als ihm die Gemeinderäte aber signalisieren, dass sie nicht bereit sind, ihm etwas mehr Freiheit zuzugestehen, um Mitarbeitern eine Arbeitsmarktzulage zu gewähren, wird Loderer für seine Verhältnisse ungewöhnlich deutlich. "Ich bin mir sicher, dass ich diesen Beschluss verfluchen werde."

Der Hauptausschuss wird ihm am Ende entgegen kommen. Die Einschränkung, maximal fünf Prozent der Beschäftigten in der Gemeinde eine Zulage zu gewähren, wird aufgeweicht. Und das Gremium begnügt sich mit einer Mehrheit von acht zu sechs Stimmen mit der Regelung, über jede einzelne gewährte Zulage im Nachhinein informiert zu werden. Ursprünglich hatte man darüber beschließen wollen.

Doch damit wären dem Bürgermeister im Ringen um qualifizierte Mitarbeiter die Hände gebunden gewesen. Er hätte wohl den einen oder anderen Bewerber ziehen lassen müssen. Auch Hauptamtsleiter Wolfgang Walter sagt, es sei nicht praktikabel, jemanden, der auf Jobsuche sei, zu vertrösten. Dieser wolle eine schnelle Zusage. Loderer: "Wir können uns die Realität nicht hinbiegen."

Loderer steht wie alle Bürgermeister und Behördenleiter in der Region München unter gewaltigem Druck. Der Zuzug ins Umland und die florierenden Unternehmen gehen an den Verwaltungen nicht spurlos vorüber. Die Aufgaben wachsen. Es müssen Baugebiete ausgewiesen werden, die Verdichtung in den Orten muss gesteuert werden. Schulen, Kindertagesstätten, neue Turnhallen - der Landkreis ist eine riesige Baustelle. Und abwickeln sollen das alles auch die Mitarbeiter in den Rathäusern. Doch qualifiziertes Personal ist nur schwer zu finden und zu halten. Denn die Unternehmen locken oft mit besserer Bezahlung. Angesichts der großen Not in den Kindertagesstätten ging deshalb vor Jahren die Stadt München voran und gewährte Beschäftigten eine Arbeitsmarktzulage. Der Aufschrei in den Rathäusern im Umland war groß. Damit war der offene Konkurrenzkampf ausgerufen. Bald darauf billigte der Kommunale Arbeitgeberverband unter Bedingungen solche Zulagen. Auch das Landratsamt München zahlt mittlerweile einen Zuschlag. Gemeinden im Landkreis zogen nach.

Auch Ottobrunn entlohnt heute einige Beschäftigte über den Tarif hinaus. Was bei Bürgermeister Loderer am Dienstag aber einen Beinahe-Gefühlsausbruch provozierte, war die Tatsache, dass die Ausschussmitglieder ihm verwehren wollten, die Zulage etwas flexibler anzuwenden. Bisher hält sich Ottobrunn eng an die Einschränkungen des Arbeitgeberverbands, der zum Beispiel Einzelfall-Entscheidungen fordert. Außerdem gilt in Ottobrunn, dass die Zulage maximal fünf Prozent der Belegschaft gewährt werden kann. Loderer forderte mehr Flexibilität und hatte dabei offenkundig die Situation vor Augen, dass ihm ein Ingenieur, ein Architekt oder ein anderer gut qualifizierter Mitarbeiter durch die Lappen gehen könnte, weil er ihm nichts anbieten kann.

Der Kampf und die guten Leute wird mittlerweile mit harten Bandagen geführt. Manche Kommune bewege sich dabei am Rand dessen, was rechtlich erlaubt sei, sagte Loderer. So beobachtet man in Ottobrunn kritisch, dass es manche Rathäuser mit der Einzelfallprüfung nicht so genau nehmen und praktisch jedem, der einen Antrag auf Zulage stellt, diese auch gewähren. Unterhachings Rathaus-Sprecher Simon Hötzl stellt auf Anfrage klar, dass natürlich die Empfehlungen des Kommunalen Arbeitgeberverbands beachtet würden. Es handle sich immer um Einzelfallentscheidungen, sagt er. Freilich würden die Zulagen "in der Regel gewährt", sagt Hötzl. Längst fehlten nicht nur Erzieherinnen. Auch Fachleute für die allgemeine Verwaltung und für die Bauabteilung seien kaum zu finden. Auch wegen der vielen staatlichen Behörden sei die Konkurrenz im Raum München groß. "Fakt ist, dass es wahnsinnig attraktive Stellen gibt." Die Lage in den Rathäusern werde sich verschärfen, prophezeit Hötzl, weil viele Mitarbeiter in Rente gingen. Unterhaching setze auch auf Ausbildung. Die Zahl an Lehrstellen werde verdoppelt.

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