Ottobrunn:Ende und Anfang

Ottobrunn, WFH, Ottobrunner Kulturstammtisch mit Abi Ofarim

Abi Ofarim und Ruth Eder haben sich in Ottobrunn über die wilden Zeiten des israelischen Sängers unterhalten.

(Foto: Angelika Bardehle)

Der Sänger Abi Ofarim blickt zurück auf ein bewegtes Leben. Höhen und Tiefen hat er erfahren - nichts von beiden will er missen. Denn inzwischen ist er angekommen.

Von Bastian Hosan, Ottobrunn

Geblieben ist der Name: Abi Ofarim. Er hallt wie ein leises Echo durch die Jahrzehnte deutscher (Musik-)Geschichte. Mit jedem Widerhall geht ein Stück der ursprünglichen Nachricht verloren. So lange, bis nur noch ein Bruchstück übrig ist. Abi Ofarim war einmal Dauergast in deutschen Wohnzimmern. Heute ist er ein Stück Historie, vergessen von vielen, erinnert von einigen.

Abi Ofarim wirkt glücklich, wenn er heute, wie beim 66. Ottobrunner Kulturstammtisch, über sein Leben spricht. Es ist ein Leben, das alles hatte, astronomische Höhen, und nichts, unterirdische Tiefen. Im Rückblick, sagt er, gibt es einen Moment, vier Wochen Gefängnis, mit dem sich alles erzählen lässt. Anfang und Ende. Damals sei er am Ende gewesen. Drogen, "unerlaubte Medikamente" nennt er sie, Alkohol, "Wodka", hätten sein Leben geprägt. Die vier Wochen in der "Pension Stadelheim" markieren das Ende einer Bilderbuchkarriere.

Das Musikbusiness hält selten eine Beziehung aus

Esther und Abi Ofarim, Lieblinge des deutschen Schlagers, Traumpaar der Musikbranche. Am Ende nur noch Fassade. Getrennte Hotelzimmer, andere Frauen. Das Musikbusiness hält selten eine Beziehung aus. Das Gefängnis markiert jedoch gleichzeitig einen Anfang. Ein neues Leben - ohne Drogen, ohne Alkohol. Ein Leben auf dem Boden, nicht zerstört, sondern auf beiden Füßen stehend. "Die bayerische Justiz war meine Rettung", sagt Abi Ofarim. Ende und Anfang. Und heute? "Ich bereue keine Sekunde", erklärt der 78-Jährige. Das Leben sei irgendwo vorgeschrieben. Viel verändern kann man selbst nicht. Er fühle sich noch immer wie ein Kind. Ein Kind mit 78 Jahren Erfahrung.

Und während er beim Kulturstammtisch im Ottobrunner Wolf-Ferrari-Haus mit Moderatorin Ruth Eder über diese 78 Jahre Erfahrung spricht, hat er keine Hemmungen, seine Höhen und Tiefen zu benennen, den Finger in seine eigenen Wunden zu legen. Warum sollte er auch? Die meisten im Publikum haben seine Höhen und Tiefen ohnehin miterlebt. Sind alte Fans, viele von denen, die ihn noch kennen aus einer Zeit, in der er mit Esther Ofarim auf der Bühne stand. Im Anzug. Die beiden Rehkitze, das bedeutet Ofarim übersetzt, aus Israel, die sich in die Herzen der Deutschen singen. Und die in ihrer Heimat zwei Jahre lang nicht gespielt werden, zu nah ist für viele Israelis die Shoah.

Es ist nicht mehr viel übrig von früher

Man könnte meinen, dass einer, der ganz oben war, 59 goldene Schallplatten kassiert hat, genug hat. Hat er nicht. "Ich will das Kindsein nicht verlieren", da geht noch mehr. Es muss noch mehr gehen. Denn viel ist nicht mehr übrig von früher. "Ich habe elf Millionen Euro verpulvert", sagt Ofarim. Im wahrsten Wortsinne "durch die Nase". Heute bezieht er eine Rente von unter 60 Euro. Heute weiß er, dass andere ihn nicht nur wegen seines Geldes lieben. Und er kann leben - weil er diesen unbedingten Willen hat, das Leben zu packen, und den will er auch noch teilen. Ruhm, heute ist er für ihn unwichtig.

Er hält sich an den Spruch seiner Mutter: "Wichtig ist nur die Gesundheit!", auch die soziale Gesundheit. Abi Ofarim gibt heute anderen Menschen eine Heimat. In seinem Jugendtreff für Senioren in der Schleißheimer Straße in München. Das, sagt er, sei sein Lebensinhalt. Zusammen mit seiner heutigen Lebensgefährtin sammelt er bei Konzerten Geld für das Projekt Kinder von Gestern, wo er anderen Senioren, die alleine sind, einen Anlaufpunkt gibt. Das ist Abi Ofarim heute. Nicht mehr sind es die großen Auftritte die ihn reizen, es ist sein eigenes Leben, das er nun führt.

Zu Esther hat er noch locker Kontakt

Trotzdem ist der Kontakt zur Vergangenheit nicht abgerissen. Zu seiner früheren Frau und Partnerin, zu Esther, halte er noch locker Kontakt: "Wir gratulieren uns zum Geburtstag." Und auch Iris Berben, mit ihr hatte er ein Verhältnis, sei ihm heute eine sehr gute Freundin. Ebenso seine dritte Frau, die er manchmal seine zweite Frau nennt, weil er die wirkliche zweite Ehefrau als großen Fehler bezeichnet (er hat sie in Las Vegas geheiratet). Sie ist die Mutter seiner beiden Söhne und sitzt gemeinsam mit seiner Schwester im Publikum.

Während er sich mit Moderatorin Ruth Eder unterhält, streicht er sich immer wieder durch die langen blondierten Haare, strahlt ein blitzend weißes Lächeln ins Publikum. Und sagt: "Ich freue mich wirklich, wirklich hier zu sein." Man merkt, dass es wahr ist. Denn Abi Ofarim wirkt glücklich mit sich und seiner Geschichte.

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