Ottobrunn:"Die Ängste nehmen zu"

Ottobrunn: Für Kontaktbeamte wie Thomas Arend gehören verhärtete Streitigkeiten zum Alltag. Auch abseits des Selbstbehauptungskurses muss er Konflikte lösen.

Für Kontaktbeamte wie Thomas Arend gehören verhärtete Streitigkeiten zum Alltag. Auch abseits des Selbstbehauptungskurses muss er Konflikte lösen.

(Foto: Claus Schunk)

Thomas Arends Zivilcourage-Kurse sind gefragt wie nie

Von Britta Rybicki, Ottobrunn

In heiklen Situationen fehlt den Betroffenen häufig der Mut, sich zu wehren; auch die Umstehenden verhalten sich oft passiv. In Selbstbehauptungskursen der Ottobrunner Polizei lernen Teilnehmer, sich richtig zu verhalten und Zivilcourage zu zeigen. Kontaktbeamter Thomas Arend leitet die Kurse. Was dort passiert und wie sich die Resonanz auf den Kurs in den vergangenen Jahren verändert hat, erklärt der 57-Jährige.

SZ: Was erwartet die Teilnehmer in Ihrem Selbstbehauptungskurs?

Thomas Arend: In einem interaktiven Rollenspiel möchten wir, dass die Teilnehmer die vorher erlernte Theorie anwenden. Dabei stellen wir eine Situation in einem Linienbus nach, in dem eine Frau nachts von einem Mann belästigt wird. Die Teilnehmer können verschiedene Rollen einnehmen: die des Opfers, des Täters und die von Außenstehenden wie dem Busfahrer oder Mitreisenden.

Wie sollte sich das Opfer verhalten?

Meistens reagieren die Teilnehmer still oder gar nicht - und genau das ist die falsche Reaktion. Die Stimme ist das wichtigste Instrument, das wir in einer bedrohlichen Situation einsetzen können. Die aktive Körpersprache - wie Augenkontakt und aufrechte Haltung - sind besonders wirksam. Es gibt einen simplen Trick: Betroffene sollten den Täter siezen. Dadurch bemerken Dritte, dass sich Opfer und Täter nicht kennen und die Lage ernst ist.

Und die Umstehenden?

Das Rollenspiel ist erfolgreich abgeschlossen, wenn Dritte das Opfer aus der Situation reißen, ihm also die Hand entgegen strecken und sie sich gemeinsam auf einen anderen Platz im Bus setzen.

Wer sind typische Teilnehmer?

90 Prozent unserer Teilnehmer sind weiblich, häufig zwischen 40 und 50 Jahre alt. Mittlerweile gibt es auch viele Senioren, die sich beteiligen möchten. Da sie nicht zur typischen Zielgruppe der Täter gehören, nutzen sie den Kurs, um zu lernen, wie man in kritischen Situationen helfen und diese entschärfen kann.

Etliche Kurse sind bereits ausgebucht. War das Angebot immer so beliebt?

Ich leite den Kurs inzwischen acht Jahre lang und habe besonders in den vergangenen zwei Jahren eine massive Zunahme der Teilnehmer wahrgenommen. Während wir bis vor zwei Jahren im Jahr maximal acht Kurse angeboten haben, sind es seit dem vergangenen doppelt so viele. Mittlerweile müssen wir eine Warteliste anlegen, die bis zum nächsten Angebot im Herbst reicht, um alle Interessenten unterzubringen - und selbst das gelingt manchmal nicht.

Was denken Sie, was die hohe Nachfrage ausgelöst hat?

Die rapide Zunahme ging nach der Silvesternacht in Köln los, vor allem als die Polizei für die Selbstbehauptungskurse geworben hat. Das subjektive Sicherheitsempfinden stimmt nicht mehr mit der Realität überein, die Ängste nehmen zu.

Anmeldeschluss für das Kursangebot ist am Montag, 6. Februar. Der Ansprechpartner Thomas Arend ist unter der Telefonnummer 089/629 80-0 oder per E-Mail unter pp-mue.ottobrunn.pi28@polizei.bayern.de erreichbar.

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