Ortsentwicklung Kirchheim:Gesprächsangebot an die Gegner

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Nach dem eindeutigen Votum für das Ortsentwicklungskonzept "Kirchheim 2030" lädt Bürgermeister Maximilian Böltl die Kritiker ins Rathaus ein.

Von Christina Hertel, Kirchheim

Das Ergebnis ist eindeutig: 71,7 Prozent der Wähler in Kirchheim stimmten am Sonntag für die Ortsentwicklung. Mit ihrer Stimme entschieden sie sich am Sonntag dafür, dass die Gemeindeteile Kirchheim und Heimstetten näher zusammengeführt werden und bis 2030 ein neues Rathaus, ein neues Gymnasium, ein Kindergarten, eine Krippe, Wohnraum und ein Park entsteht. 28,3 Prozent lehnten die Pläne ab. Die Beteiligung an dem parallel zur Bundestagswahl angesetzten Bürgerentscheid lag bei 75,7 Prozent.

Die zerstrittenen Parteien im Gemeinderat sollen gemeinsam weiterarbeiten

In Kirchheim und Heimstetten sprach sich etwa eine gleichermaßen große Mehrheit für das Projekt aus. Die geringste Zustimmung erfuhren die Pläne im Lindenviertel - die Anwohner dort werden wohl am meisten von der Baustelle betroffen sein. Aber selbst sie stimmten zu 64,2 Prozent mit einem Ja.

Dieses eindeutige Votum sei auch ein Signal, sagte der Bürgermeister, dass die Menschen möchten, dass der Gemeinderat den gemeinsamen Weg weitergeht. Während der vergangenen Monate herrschte über das Konzept für Ortsentwicklung eine Einigkeit, wie es sie in Kirchheim noch nie gab. CSU, SPD, FDP und ÖDP versuchten zusammen, die Bürger zu überzeugen. Dagegen waren Rüdiger Zwarg (Grüne), Wolfgang Heinz-Fischer (Vereinigte freie Wählergemeinschaft, VFW) und Marcel Proffert (Lebenswertes Kirchheim). Allen drei schickte Böltl gleich am Montagmorgen die Einladung zu einem Gespräch im Rathaus. Um "Brücken zu bauen", wie er es ausdrückte.

Ihm sei es wichtig, die Kritik ernst zu nehmen, die die Gemeinderäte, aber auch manche Bürger geäußert hätten. Zum Beispiel möchte Böltl weiter an dem Verkehrskonzept arbeiten und sich für eine Umgehungsstraße einsetzen, die darin bis jetzt noch nicht enthalten ist. "Jetzt geht die Arbeit erst so richtig los", sagte Böltl. Mit einem Spatenstich rechnet er nicht vor 2019 - eine lange Zeit, in der noch viele Auseinandersetzungen möglich sind. Am Sonntagabend zumindest gab es die nicht. Denn es kamen gar keine Kritiker ins Rathaus. Schade, sagte der Bürgermeister. "Es war ja nicht als Wahlparty für die Pro-Gruppierung gedacht."

Die Gegner kritisierten die immense Werbung für die Pro-Argumente

Ein Gegner, Wolfgang Heinz-Fischer von der VFW, befand sich gerade auf einer Geschäftsreise in Japan. Er verfolgte die Ergebnisse im Internet. "Ich habe schon vermutet, dass es so ausgehen würde", sagt er. Der Grund aus seiner Sicht: Die Ressourcen der Pro-Seite waren größer. CSU, SPD, FDP und ÖDP unterstützten die Initiative "Bürger pro 2030" - mit Aufstellern für die Plakate zum Beispiel, aber auch finanziell. Etwa 2500 Euro hätten die Parteien gespendet, sagte Sebastian Enz, der die Bürgerinitiative leitete.

Heinz-Fischer teilt die Ansicht von Rüdiger Zwarg (Grüne), dass auch die Informationsveranstaltungen und Broschüren von der Gemeinde nicht neutral gewesen seien. Wenn die Bedingungen für die Pro- und die Kontra-Seite gleich gewesen wären, hätten noch deutlich mehr Wähler mit einem Nein gestimmt - da ist sich Heinz-Fischer sicher. "Dann wäre es wahrscheinlich halbe-halbe ausgegangen."

Ähnlich äußert sich Marcel Proffert (LWK), der am Wahlabend nicht anwesend war, weil er gerade Urlaub in Kanada macht: "Angesichts der groß angelegten Marketingkampagnen der Befürworter von Kirchheim 2030", schreibt Proffert, "sind nur rund 72 Prozent Zustimmung eher eine schwache Leistung." Proffert ist nach eigener Aussage für Fortschritt offen, aber nicht um jeden Preis. Das Rathaus sollte nicht nur ein teurer Prachtbau werden, sondern vor allem "seine digitalen Bürgerservices ausbauen". Proffert möchte sich weiterhin für den Erhalt der Biotope und den Ausbau erneuerbarer Energien einsetzen.

Die Gegner der Planungen signalisieren Gesprächsbereitschaft

Auch Wolfgang Heinz-Fischer will kein schlechter Verlierer sein. Deshalb möchte er Böltls Einladung gerne annehmen. Schon alleine, um ihm zu sagen, dass er weiter die Augen offen halten, und Dinge, die aus seiner Sicht nicht in Ordnung sind, ansprechen werde. Denn es sei ja so: "In unserer Brust schlagen zwei Herzen. Wir wollen auch, dass es weitergeht. Aber wir fanden es nicht gut, wie sich die Pläne Stück für Stück verändert haben." Und Heinz-Fischer zählt noch einmal auf: kleinerer Park, dichtere Bebauung auf einer kleineren Fläche. Aber der Bürger habe sich nun mal dafür entschieden. Deshalb werde er das Ergebnis akzeptieren und konstruktiv an den Plänen weiterarbeiten.

© SZ vom 26.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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