Oberschleißheimer Polizist vor Gericht:Blaulicht schützt vor Strafe nicht

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Mit Blaulicht von einer Schlägerei zu einem Raubüberfall - und dann passierte der Unfall.

(Foto: dpa)

Gericht verurteilt Polizisten zu Geldzahlung, weil er im Einsatz einen Unfall verursachte.

Von Christina Jackson

Gefährliche Einsätze gehören zum Alltag von Polizisten. Dass sie dabei Unbeteiligte in Mitleidenschaft ziehen, passiert jedoch eher selten. Bei Oberschleißheim geschah das Ungewöhnliche: Ein 26-jähriger Beamter verursachte vor einem Jahr im Einsatz einen Verkehrsunfall, bei dem drei Menschen zum Teil schwer verletzt wurden. Das Amtsgericht München verurteilte ihn deshalb jetzt zu einer Geldstrafe.

Der Polizist und eine Kollegin kamen am Abend des 3. Juli 2016 mit ihrem Streifenwagen von einer Schlägerei in einer Asylbewerberunterkunft und sollten einen Täter nach einem Raubüberfall stellen. Dabei rammten sie auf der Kreuzung der Bundesstraße 13 mit der Staatsstraße 2053 ein anderes Auto. Die 28-jährige Polizistin erlitt eine Beckenfraktur, einen Schambeinbruch sowie zahlreiche Schnittverletzung. Die Feuerwehr musste die eingeklemmte Frau aus dem Wrack des Dienstautos bergen. Die beiden Insassen des anderen Wagens erlitten leichte Verletzungen.

Vor dem Amtsgericht München, wo er sich wegen fahrlässiger Körperverletzung im Amt verantworten musste, zeigte sich der Polizist geläutert. Die verletzte Kollegin besuchte er im Krankenhaus, wo er sich Vorwürfen ihrer Mutter ausgesetzt sah. Er selbst war in den Monaten nach dem Unfall in psychologischer Betreuung und absolvierte ein Fahrertraining. Seine Dienststelle in der Polizeiinspektion 48 in Oberschleißheim hat er inzwischen gewechselt - "auf eigenen Wunsch". In den Pausen der Verhandlung sprach er beim Kaffee mit einem der Unfallopfer. Dem Richter sagte er: "Ich habe mich entschuldigt und gesagt, dass es mir leid tut."

Mit Tempo 40 auf die Kreuzung

Laut einem Sachverständigen war das Einsatzfahrzeug mit rund 40 Stundenkilometer in die Kreuzung gefahren. Tatsächlich hatte der Angeklagte angegeben, vor der Kreuzung das Tempo gedrosselt zu haben. Das andere Auto hatte er jedoch nicht bemerkt. Dieses rammte den Streifenwagen mit Tempo 65 auf der Beifahrerseite. Weil sich der Seitenairbag nicht ordnungsgemäß öffnete, erlitt die Beamtin auf dem Beifahrersitz so schwere Verletzungen. Für das Gericht stand der Tatbestand der fahrlässigen Körperverletzung eindeutig fest. Eine Rolle beim Urteil spielte auch, dass es sich bereits um den zweiten Unfall des jungen Polizisten im Dienst handelte. Zugunsten des angeklagten Beamten wertete es aber dessen offenkundige Reue sowie private Schicksalsschläge in den vergangenen Monaten: der plötzliche Tod des Vaters, die Gehbehinderung seiner Großmutter und die Schwangerschaftskomplikationen seiner Lebensgefährtin.

Auch sind die Konsequenzen, die der 26-Jährige durch den Unfall zu tragen hat, weitreichend: neben dem Dienststellenwechsel Lohnkürzungen sowie ein Disziplinarverfahren. Im schlimmsten Fall erwarten ihn außerdem Regressforderungen für den Totalschaden am Einsatzfahrzeug. Verteidiger Ralf Kuisle kam es daher vor allem darauf an, das von der Staatsanwaltschaft geforderte einjährige Fahrverbot zu verhindern: "Diese Strafe würde in erster Linie andere Menschen treffen, denen der Angeklagte jetzt zur Seite steht." Erleichtert nahm der Beamte den Spruch des Richters entgegen, der auf ein Fahrverbot verzichtete und es bei einer Geldstrafe von 75 Tagessätzen à 50 Euro beließ.

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