Oberschleißheim:Verlängerte Sperrstunde

Oberschleißheim: Der Willkommensgruß bezieht sich momentan allein auf die Schlossalm (rechts), die Schlosswirtschaft liegt im Dornröschenschlaf.

Der Willkommensgruß bezieht sich momentan allein auf die Schlossalm (rechts), die Schlosswirtschaft liegt im Dornröschenschlaf.

(Foto: Stephan Rumpf)

Die Schlosswirtschaft wartet seit zwei Jahren auf ihre Sanierung. Nun sollen erste Aufträge vergeben werden. Nach dem Umbau wird die Gaststätte neu zur Verpachtung ausgeschrieben

Von Klaus Bachhuber, Oberschleißheim

Auch zum zweiten Jahrestag der Schließung der Schleißheimer Schlosswirtschaft ist an dem historischen Gebäude immer noch nichts passiert. Die Traditionsgaststätte im Südflügel des Alten Schlosses liegt brach, ihre anstehende Sanierung ist immer noch in Vorbereitung. "Einige wesentliche Bestandsuntersuchungen und -planungen" seien bereits vorgenommen worden, heißt es aus der Staatlichen Schlösserverwaltung in Nymphenburg dazu auf Anfrage. Derzeit laufe das Verfahren zur Vergabe des Planungsauftrags, erst danach könnten "verlässliche Prognosen zum Zeitplan und den Kosten" abgegeben werden.

Die Schlosswirtschaft war zwar sanierungsbedürftig, aber nicht baufällig. Dass es dann aber rasend schnell ging mit der Schließung im Herbst 2014, lag am plötzlichen Tod des langjährigen Schlosswirts Karl Blaß, nach dem seine Familie den Pachtvertrag schnellstmöglich gekündigt hatte. Seit November 2014 steht nun die rustikale Schlossalm am Rande des Biergartens, eine mobile Holzhütte, in der Sebastian und Daniel Able die Gastronomie des Schlossensembles weiterführen.

Mit der Sanierung des Gebäudes hat das bayerische Finanzministerium das Staatliche Bauamt Freising beauftragt. Dort sind bisher die nötigen Bestandsuntersuchungen erstellt worden, um den Planungsauftrag ausschreiben zu können. Dieser Tage erwartet man in der Schlösserverwaltung die Auftragsvergabe.

Ein Biergarten gehörte früher nicht dazu

Die Räume, insbesondere die Küche, sollen nicht nur grundlegend saniert werden, die Gaststätte soll auch umgestaltet werden. Mit einem vergrößerten zusammenhängenden Gästebereich soll das Konferenz- und Tagungsgeschäft intensiviert werden. Die Schlosswirtschaft war bisher extrem kleinteilig und verwinkelt strukturiert. Auch das Schankgebäude im Biergarten soll erneuert werden. Die Wirte der Schlossalm haben den Biergarten bereits organisatorisch neu aufgestellt, zusätzliche Ausgabe- und Kassestellen wurden installiert.

In seiner ersten Prognose hatte das Finanzministerium Sanierungskosten von 5,8 Millionen Euro genannt. Doch eine konkrete Summe könne man erst nach der Detailplanung nennen, heißt es aus der Schlösserverwaltung. Der Landtag muss dann auch noch die Mittel für die Sanierung freigeben. Im Anschluss an die Sanierung werden Gaststätte und Biergarten neu zur Verpachtung ausgeschrieben.

Zur riesigen Ökonomie des einstigen Landsitzes von Herzog Wilhelm V. gehörte stets auch eine Brauerei. Der Nachfolgebau der einstigen Landvilla ist heute das Alte Schloss, die landwirtschaftlichen Gebäude sind erhalten und beherbergen mittlerweile Mietwohnungen oder Lagerflächen der Schlösserverwaltung. Die Brauerei, einst angesiedelt im Südflügel des heutigen Wilhelmshofes, wurde erst 1912 stillgelegt und verfällt seither. Das Bier deckte anfangs des 17. Jahrhunderts vorwiegend den Eigenbedarf der Bediensteten, wurde aber auch an Pilger und Reisende ausgeschenkt. Aus diesem Ausschank entstand die Schlosswirtschaft, die folglich der örtliche Gewerbeverband als ältesten Gewerbebetrieb des Ortes ausmachte und bei seiner Wiederbelebung 2006 in sein Logo aufnahm.

Einen Biergarten in seiner ursprünglichen Bedeutung, zur kühlen Lagerung des Bieres, gab es bei der Brauerei Schleißheim nicht, das Getränk wurde in Eiskellern in Hochmutting gelagert. Eine Lithografie der Schlossanlagen von 1818 zeigt die Wirtschaft noch komplett ohne Vorgarten. 1856 sind erstmals fünf Bäume in gerader Linie nach Süden nachweisbar und eine Postkarte von 1897 zeigt handgemalt riesige Baumkronen und regen Gartenbetrieb. Irgendwann Mitte des 19. Jahrhunderts muss folglich der beliebte Biergarten entstanden sein.

Legendärster Schlosswirt der Historie war Michael Haselsberger, der auch Oberschleißheimer Bürgermeister war. In dessen Ägide war die Schleißheimer Schlosswirtschaft beliebter Treffpunkt Münchner Künstler und Literaten sowie der gesamten bayerischen Fliegerelite, die seit 1912 am jungen Flugplatz nebenan die bayerische Fliegerei entwickelte. Ein historisches Kleinod, ein Gästebuch einer jahrzehntelangen Bedienung, versammelt Einträge von Waldemar Bonsels über Olaf Gulbrannsson bis Ernst Udet. Mitte des 20. Jahrhunderts gelang den Pächtern der Gaststätte nicht immer, den Standard des Hauses zu wahren, ehe von 1990 an die Familie Blaß 24 Jahre lang die Gaststätte wieder zu einem Liebhaberstück machte.

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