Oberschleißheim:Unter die Erde

Oberschleißheim: Die Schranken an der B 471 in Oberschleißheim sind schon jetzt länger geschlossen als geöffnet.

Die Schranken an der B 471 in Oberschleißheim sind schon jetzt länger geschlossen als geöffnet.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Der Gemeinderat Oberschleißheim will an diesem Dienstag eine neue Machbarkeitsstudie für die Tieferlegung der Bahn in Auftrag geben. Hintergrund sind die Pläne für einen Expresszug zum Flughafen auf der S 1-Strecke. Der Landkreis hat eine Kostenbeteiligung zugesagt

Von Klaus Bachhuber, Oberschleißheim

Probleme rund um den Bahnübergang der Bundesstraße B 471 gab es schon in den Fünfzigerjahren. Im Oberschleißheimer Ortsnachrichtenblatt appellierte der damalige Bürgermeister Luitpold Brux im Sommer 1957, das Badeverbot im parallel verlaufenen Dachauer Kanal doch einzuhalten und sich nicht "nur mit einer Badehose bekleidet auf die Fahrbahn der Dachauer Straße zu legen". Die Kreuzung dieser mit der Staatsstraße nach Feldmoching unmittelbar jenseits der Schienen galt in den Polizeimeldungen als "Todeskreuzung", Oberschleißheim forderte 1956 dringend eine "farbige Ampel" für den Verkehrsknoten.

Der Bahnübergang selbst aber machte wenig Schwierigkeiten. "Fast täglich größere Wagenkolonnen der Besatzungsmacht", der US-amerikanischen Streitkräfte auf dem Oberschleißheimer Flugplatz, wurden dort 1955 registriert, ansonsten gab es zwischen der Bahnlinie München-Landshut und der Bundesstraße aus Richtung Freising und Garching nach Dachau eine schiedliche Koexistenz. Dies änderte sich massiv mit dem Wachstum von Oberschleißheim und der Zunahme des motorisierten Verkehrs und der Einführung der S-Bahn-Linie 1972 auf der Bahnstrecke.

Aktuelle Zählungen ergeben, dass zu Hauptverkehrszeiten die Bahnschranke länger geschlossen als geöffnet ist, die 50 Meter westlich folgende "farbige Ampel" an einer viel befahrenen Kreuzung verstärkt das Problem noch, lange Staus sind die Folge, die im Berufsverkehr täglich zweimal pünktlich und unvermeidlich eintreten. Als neuesten Lösungsansatz sieht die Gemeinde nun wieder die Vision einer Tieferlegung der Bahnlinie in einen Trog oder Tunnel. Staat und Flughafen möchten den Münchner Airport mit einer Express-S-Bahn über auf der Linie der S 1 erschließen, die künftige Tierärztliche Fakultät der Münchner Universität bräuchte eine bessere Bahnerschließung und der Bahnübergang müsste binnen der nächsten zehn Jahre auch noch saniert werden: Deshalb möchte das Rathaus nun das Jahrhundertprojekt endlich umzusetzen.

Der Gemeinderat will an diesem Dienstag eine neue Machbarkeitsstudie für die Tieferlegung in Auftrag geben, der Landkreis hat eine Kostenbeteiligung zugesagt. Eine erste Expertise war 2010 vom bayerischen Verkehrsministerium aufgelegt, wegen prognostizierter Kosten von 90 Millionen Euro aber nie weiter verfolgt worden. Untersucht werden soll nun auch eine Verlegung des Bahnhof nach Süden, näher zum Universitätscampus hin.

Die Strategie Oberschleißheims, den Bahnübergang zu entschärfen, hatte lange Jahre in einer Verlegung der B 471 bestanden. Im Zuge der Vorbereitungen auf die Olympischen Spiele 1972 war eine Nordumgehung des Ortes bereits konkret im Genehmigungsverfahren. Zur Realisierung kam es nie. So beschloss der Gemeinderat 1972, eine Straßenüberführung über die Bahn zu bauen. Nach erheblichen Protesten am Ort, der Gründung einer Bürgerinitiative und einer Intervention des bayerischen Innenministeriums ruderte das Rathaus zurück und lehnte 1973 die Überführung wieder ab. Das Bundesverkehrsministerium nahm in den Achtzigerjahren die Beseitigung des höhengleiches Bahnübergangs in seine Ziele auf, eine Umsetzung erfolgte jedoch ebenfalls nie.

Mit den ersten Plänen für eine Express-S-Bahn zum Flughafen jedoch wurde Anfang der Neunzigerjahre die Idee geboren, die Bahn in einen Tunnel zu legen. Ortsplanerisch sahen dies Ober- und Unterschleißheim, Eching und Neufahrn als die Zukunft für ihre Kommunen, zahlreiche Bewohner formierten sich zur Bürgerinitiative "Bahn im Tunnel" (BIT). Mittlerweile wird die Idee nur noch in Oberschleißheim am Leben erhalten. Die BIT unter dem Vorsitz von Gemeinderat Peter Benthues hat denn auch unverzüglich nach den wiederaufgelegten Plänen der Flughafenerschließung über die Route an die Tunnellösung erinnert. Aber auch in Oberschleißheim war der Plan über die Jahre zwischen die parteipolitischen Fronten geraten. 2009 wollten die Freien Wähler über einen Bürgerentscheid als Alternative eine Straßenunterführung unter der Schiene durchsetzen, was scheiterte. Mitinitiator des Bürgerbegehrens gegen den Tunnel damals: Christian Kuchlbauer, der heutige Rathauschef, der jetzt die Verhandlungen für den Tunnel zu führen hat. Die CSU hat er auf seiner Seite; sie hat sich bereits für die Studie und damit für "einen wichtigen Schritt in Richtung einer spürbaren Entlastung des Verkehrs" ausgesprochen.

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