Oberhaching:"Wir stellen uns dieser Aufgabe"

Oberhaching: Bürgermeister und Tubaspieler: Stefan Schelle warnt vor Unkenrufen, die abendländische Kultur sei in Gefahr.

Bürgermeister und Tubaspieler: Stefan Schelle warnt vor Unkenrufen, die abendländische Kultur sei in Gefahr.

(Foto: unk)

Oberhaching schafft dezentrale Unterkünfte für 220 Flüchtlinge. Bürgermeister Schelle ruft zu pragmatischem Handeln auf

Von Iris Hilberth, Oberhaching

Bis zu 9000 Asylbewerber werden nach jüngsten Schätzungen im kommenden Jahr im Landkreis München unterkommen, 350 von ihnen sollen in Oberhaching eine Bleibe erhalten. Jetzt hat der Gemeinderat beschlossen, einem Investor vier gemeindeeigene Grundstücke zu verpachten, auf denen in Holzständerbauweise Unterkünfte für jeweils 36 Personen entstehen sollen, die das Landratsamt anmieten wird. Das Gremium hatte sich zuvor bereits darauf verständigt, zusätzlich zu dem bereits geplanten Quartier auf dem Gelände des Altenheims St. Rita bis zu sechs weitere Standorte zu benennen, um eine möglichst gleichmäßige, räumliche Verteilung der Flüchtlinge auf das Gemeindegebiet zu erreichen. Von dieser "kleinteiligen Lösung" verspricht sich Oberhaching eine möglichst gute Integration in bestehende Wohngebiete.

Dass aber auch dieser Lösungsansatz offenbar nicht allen Bürger gefällt, soll sich nach Aussagen verschiedener Gemeinderäte sowohl in Gesprächen als auch in Äußerungen im Internet gezeigt haben. "Es kursieren da wüste Behauptungen, auch dass an jedem Standort 150 Flüchtlinge unterkommen. Das stimmt so nicht", stellte Bürgermeister Stefan Schelle (CSU) klar. Er betonte außerdem ausdrücklich: "Wir stellen uns dieser Aufgabe solidarisch und werden für die Menschen, die da sind, die bestmöglichen Bedingungen schaffen, sie zu integrieren." Dies sei gewiss ein Marathonlauf, "den wir aber nicht im Sprinttempo gewinnen", sagte der Bürgermeister. Er wisse, dass dies auch für die Verwaltung nicht immer leicht sei, Bayern, vor allem in den Grenzregionen und in den Ballungsgebieten stoße an seine Grenzen. "Geld hilft uns da nicht, wir brauchen die Menschen, die das begleiten, vor allem auch Hauptamtliche", sagte Schelle. "Es reicht nicht, wenn die Blasmusik spielt, der Kinderchor singt, die Leute Willkommensschilder hochhalten und am nächsten Tag alle wieder weg sind." Vor allem sei es eine falsche Entscheidung, das Thema wegzuschieben und nicht solidarisch zu sein. "Ich nehme die Ängste der Menschen ernst", sagte Schelle, Oberhaching müsse aber offen, konstruktiv und pragmatisch an die Aufgabe herangehen. "Unsere abendländische Kultur wird davon nicht untergehen, sondern eher an eigenen Egoismen und Gleichgültigkeit."

Wenige Stunden vor der Sitzung konnte die neu aufgestellte Traglufthalle am Bajuwarenring in Oberhaching erstmals besichtigt werden. Von kommender Woche an will das Landratsamt dort die ersten Flüchtlinge vorübergehend unterbringen. Wer drinnen war, sagt Schelle, habe sich davon überzeugen können, dass dies keine Möglichkeit sei, Menschen auf Dauer unterzubringen. Er drängte daher zu einem Beschluss für die Bereitstellung der Grundstücke. Das Gremium stimmte dem Gebiet Äußerer Stockweg/Franz-Josef-Straße im Anschluss an den Rodelhügel ebenso zu wie dem Grundstück in Deisenhofen an der Schulstraße zwischen Kirche St. Bartholomäus und Einmündung Ödenpullacher Straße. Die dritte Unterkunft soll in Furth südlich des Kinderspielplatzes Kreuzenstraße entstehen, die vierte in Oberhaching am Wendehammer Holzstraße. Jeweils zwei Gebäude mit Satteldach sollen an den Standorten gebaut werden, "das wird keine Containerlösung", versprach Schelle.

Etwa 220 Asylbewerber wird Oberhaching unterbringen können, wenn das Gebäude bei St. Rita und die Unterkünfte auf den vier anderen Grundstücken stehen. Margit Markl (SPD) forderte daher, von Anfang an mit 50 oder 60 Personen an jedem Standort zu planen. "Kleinteiligkeit ist etwas Gefühltes", findet sie und gab zu bedenken, dass für die Sozialbetreuung Gruppen ab 50 Leuten personell besser geeignet seien. Auch Elvira Oberstein (Interessengemeinschaft Altgemeinden Oberbiberg) war der Ansicht, zwei der Standorte von Anfang an doppelt so groß auszulegen, "dann haben wir einen Puffer", sagte sie. Bürgermeister Schelle hatte zwar die Option auf Erweiterung sowie die Bereitstellung weiterer Grundstücke bereits angesprochen, will dies aber zu einem späteren Zeitpunkt prüfen lassen. Das Gremium verständigte sich darauf, derartige Erweiterungspläne erst noch einmal dem Gemeinderat vorzulegen.

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