Oberhaching:Labrador Boby läuft weg - Polizist lässt ihn einschläfern

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Die Tierklinik Oberhaching hilft seit 20 Jahren. Was im Fall Boby passiert ist, bleibt ein Rätsel. (Foto: Imago)

Warum der Familienhund sterben musste, beschäftigt nun die Tierklinik Oberhaching und die Anwälte des Halters sowie die internen Ermittler des Landeskriminalamts.

Von Elisabeth Gamperl , Oberhaching

Es klingt wie ein Krimi: Ein schwarzer Labrador läuft von zu Hause weg, mehrere Leute wollen ihm helfen, Stunden später aber ist er tot. Eingeschläfert in der Tierklinik Oberhaching - und das anscheinend auf Anordnung eines Polizisten, ohne Wissen der Besitzer. Seither rollt eine Welle der Empörung durch die sozialen Netzwerke. Im Zentrum zahlreicher Vorwürfe: die Tierklinik und die Polizei. Was in jener Nacht des 29. April vorgefallen ist, in der Hund "Boby" sterben musste, gibt auch zwei Wochen später noch Rätsel auf. Mittlerweile ist sogar das Landeskriminalamt eingeschaltet, und auch die Staatsanwaltschaft wird sich mit den Folgen des Falls befassen.

Seinen Anfang nahm der Krimi, als eine Polizistin, die zu dem Zeitpunkt außer Dienst war, und zwei befreundete Nachbarinnen kurz nach 20 Uhr den durch Putzbrunn streunenden Hund aufgriffen und die Tierrettung verständigten. Deren Mitarbeiter verabreichten dem laut Polizei blutenden Tier eine Schmerzspritze und ließen ihn bei der Finderin. Die Polizei schickte daraufhin einen Tiertransporter, um den Hund zum Tierheim zu bringen. Dort gibt es Boxen, in denen die Polizei nachts Fundtiere absetzen kann. Am nächsten Tag kümmern sich dann Mitarbeiter und Tierärzte um den Vierbeiner.

In diesem Fall schätzten die Polizeibeamtin und der Fahrer des Tiertransporters die Lage aber so akut ein, dass sie Boby nicht in die Box geben wollten. Hier kommt die Tierklinik Oberhaching ins Spiel, wo eine Tierärztin den Hund untersuchte. Und ab hier gehen die Schilderungen von Polizei und Tierklinik auseinander. Während die Tierklinik nach eigener Darstellung zwei Tumore diagnostizierte, spricht die Polizei von vier, teilweise tennisballgroßen Tumoren.

Polizist drohte der Ärztin "mit massiven Konsequenzen"

Wie die Tierklinik in ihrer Stellungnahme schreibt, habe der Eigentümer des Hundes nicht recherchiert werden können, da auf den ersten Blick weder Chip noch Tätowierung gefunden werden konnten. Eine Einschläferung hätte deshalb nicht erfolgen dürfen - so die Klinik. Warum der Hund dennoch sterben musste, beschäftigt nun die Klinik und die Anwälte des Hundehalters sowie die internen Ermittler des Landeskriminalamts, die vom Polizeipräsidium München eingeschaltet wurden und das Vorgehen der Kollegen untersuchen werden. Die Klinik stellt den Abend wie folgt dar: Die Finder wollten, dass der Hund eingeschläfert wird, um ihn von seinem Leiden zu erlösen. Die Tierärztin habe sich geweigert.

Die Polizistin außer Dienst und der Tiertransport-Fahrer holten schlussendlich einen Polizisten von der Inspektion in Ottobrunn hinzu. Laut Klinik ordnete dieser die sofortige Einschläferung an und drohte der Ärztin "mit massiven Konsequenzen". Da die Tierärztin eine schriftliche Anordnung verlangte, hinterließ der Polizist eine Aktenzeichennummer mit Unterschrift auf einer Visitenkarte. Laut Thomas Steffen, dem Leiter Klinik, gab es für die Anordnung der Polizei jedoch "in der konkreten Situation keine Rechtsgrundlage". Vor weiteren Schritten wollen er und Evelyne Menges, die Anwältin des Hundebesitzers, jedoch die internen Ermittlungen der Polizei abwarten.

Die können dauern. "Es gibt unterschiedliche Aussagen, deswegen ist auch noch nicht geklärt, ob es tierschutzrechtliche Verstöße gegeben hat", sagte Polizeisprecher Marcus da Gloria Martins am Freitag. Die Frage ist, wer eventuell gegen den Tierschutz verstoßen haben könnte. Der Polizist, der die Anordnung gab? Oder doch die Tierklinik? Und warum hat der Arzt der Tierrettung "Boby" nicht gleich mitgenommen?

Die Polizei mag "nach jetzigem Informationsstand" bei keiner der beteiligten Personen ein böswilliges Handeln erkennen. Vielmehr hätten sich die Finderin über Stunden im Rahmen ihrer Möglichkeiten um das Tier gekümmert, so ein Sprecher. Man verstehe die zum Teil sehr emotional geführte Diskussion in den sozialen Netzwerken, hieß es aus dem Polizeipräsidium. Gleichwohl sei man empört über vereinzelte erhebliche Bedrohungen und Beleidigungen. In ersten Fällen seien deshalb Strafverfahren eingeleitet worden.

© SZ vom 14.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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