Neubiberg:Warnung vor dem Sandmännchen

Neubiberg: Bürgermeister Günter Heyland plauderte nett mit den Geehrten der Gemeinde, hier mit Norbert Büker (links).

Bürgermeister Günter Heyland plauderte nett mit den Geehrten der Gemeinde, hier mit Norbert Büker (links).

(Foto: Claus Schunk)

Günter Heyland betrachtet mit Sorge, dass Politiker sich ihre eigenen Fakten schaffen

Von Daniela Bode, Neubiberg

Diesen Samstagabend im Januar in der Aula der Grundschule Neubiberg zu verbringen lohnt sich. Denn man weiß: Den Neujahrsempfang der Gemeinde Neubiberg verlässt man nicht nur gut unterhalten, sondern auch zum Nachdenken angeregt. Auch an diesem Abend fand Bürgermeister Günter Heyland (Freie Wähler) treffende Worte für ein aktuelles Thema: Er widmete sich dem Phänomen, dass Politiker sich ihre eigenen Fakten schaffen und rief dazu auf, kritisch zu bleiben.

Für den Rathauschef ist dieser Termin im Kalender der Gemeinde kein bloßer Pflichttermin. Seine Gäste begrüßte er persönlich. Unter ihnen waren die Bundestagsabgeordnete Eva Schreiber (Die Linke), die Landtagsabgeordnete Kerstin Schreyer (CSU), die Präsidentin der Bundeswehruniversität in Neubiberg Merith Niehuss, sowie einige Gemeinderäte, die Vertreter der örtlichen Schulen und Kirchengemeinden. Auf der Bühne interviewte er dann Geehrte aus den Bereichen bürgerschaftliches Engagement, Sport, Wissenschaft und Bildung sowie Umwelt mit unterhaltsamen Fragen. Musik gab es vom Klarinettenquartett des Blasorchesters St. Michael Perlach.

Als ein Beispiel für das Schaffen eigener Fakten betrachtete Heyland die Aussage des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer, Bayern sei so etwas wie die Vorstufe zum Paradies. Er zeigte auf, dass sich Bayern zwar bester Wirtschaftsdaten erfreue, es aber an vielen Stellen an schlüssigen Konzepten fehle: etwa beim Wohnungsmangel, Artensterben und Flächenverbrauch. Ein Paradies wäre Bayern nur, "wenn alle Bürger ohne Sorgen wären. Das sind sie aber nicht", sagte er. Müsste er eine Symbolfigur für dieses Verhalten von Politikern, sich eigene Fakten zu schaffen, finden, würde er das Sandmännchen wählen, das einem Schlafsand in die Augen streut. "Wir befinden uns in einer Krise des verständigungsorientierten Denkens und Sprechens, und dies quer durch alle Bevölkerungsschichten", stellte er fest. Die Politiker gäben Anlass dazu, werde man vielleicht sagen. Er stellte aber auch die Frage, ob jeder einzelne bei den Ad-hoc-Publikationen in sozialen Netzwerken genug Verantwortung zeige. Schließlich rief er dazu auf, die neuen Medien nicht zu verteufeln, sondern sich zu fragen, was relevant und wichtig sei, um nicht in affekthafter Reaktion auf Veröffentlichungen vom eigenen Weg abgebracht zu werden.

Weniger nachdenklich, sondern wie ein Moderator gab sich Heyland, als er die Geehrten interviewte. Besonders nett plauderte er mit seinem jüngsten Gast, dem neunjährigen Leonardo Costa. Als amtierender Deutscher Meister im Schach in der Altersklasse U 10 erhielt er die Ehrenurkunde und die Ehrenmedaille der Gemeinde in Silber. Auf Heylands Frage, wer von ihnen denn besser Schach spiele, sein Vater, der ihn zum Schachspielen gebracht hatte, oder er, antwortete Leonardo: "Ich". Er sagte das in einem verschmitzten, aber selbstbewussten Singsang. Das Publikum war entzückt und amüsiert zugleich.

Für ihr bürgerschaftliches Engagement ausgezeichnet wurden die fünf "Gmiasweiber" und der "Gmiasmo". Die Frauen und der Mann rund um Traute Simon verkaufen jeden Donnerstag seit vielen Jahren beim Biomarkt im Umweltgarten in Neubiberg biologisch angebautes Gemüse und Obst der Gärtnerei Hollern in Unterschleißheim, einer Werkstatt für behinderte Menschen. Norbert Büker wurde sogar schon zum wiederholten Mal geehrt, dieses Mal wegen des Ehrenzeichens des Bayerischen Ministerpräsidenten für Verdienste von im Ehrenamt tätigen Frauen und Männern. Diese Auszeichnung hatte er 2017 für seine vielfältige ehrenamtliche Arbeit überreicht bekommen.

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