Neubiberg:Über die Stränge geschlagen

Abitur

Mit ihrem Streich zum Schulende haben einige Abiturienten aus Neubiberg den Frieden an ihrem ehemaligen Gymnasium mehr als gestört.

(Foto: dpA/Felix Kästle)

In Neubiberg artet der Abi-Streich aus - und das, was hinterher darüber kolportiert wird

Von Trang Dang

Neubiberg - Glassplitter auf Stühlen, mit Beleidigungen beschmierte Tafeln, Fotokopien von nackten Hinterteilen an der Wand - am Neubiberger Gymnasium soll am Dienstag der Streich der Abiturienten ausgeartet sein. Jedenfalls berichteten eine Lokal- und eine Boulevardzeitung am Freitag reißerisch, der Abi-Streich an der Schule, die just an diesem Tag mit einem Festakt ihr 40-jähriges Bestehen feierte, sei im Chaos geendet und letztlich vom Direktor abgesagt worden. Entsprechend groß war am Freitag die Aufregung am Ort und in den Familien. Spricht man mit allen Beteiligten, so stellt sich das Bild freilich differenzierter dar.

Laut Schulleiter Reinhard Rolvering war "das alles nicht so dramatisch". Lediglich fünf Schüler hätten etwas "gemacht, was nicht richtig ist". Von einem Verbot seitens der Schulleitung wollen aber weder der Direktor noch die Abiturienten sprechen. Tatsächlich sei der Streich anders abgelaufen als geplant, bestätigt David Bohsewe. Der 20-Jährige spricht davon, dass der Abiturstreich "eingeschränkt" stattgefunden habe. Nach seinen Worten hatten die Abiturienten um 4 Uhr morgens, also weit vor Beginn des Schulbetriebs, den Lehrerparkplatz abgesperrt und sich Zugang zur Schule verschafft. Mit Unterstützung des Hausmeisters, der, wie Schulleiter Rolvering bestätigt, über die Aktion informiert war. Auch der Schulleiter selbst hatte zuvor den Abiturstreich mit dem Oberstufenkoordinator besprochen.

Nicht alle Schüler aber haben sich an die Abmachungen gehalten. So fotokopierten einige von ihnen ihr nacktes Gesäß und verteilten die Kopien anschließend in die Lehrerfächer und auf Tische. In einigen Klassenzimmern wurden später Glassplitter auf Stühlen gefunden. Einige, wenn auch wenige Schüler bemerkten dies wohl zu spät und mussten mit Pflastern versorgt werden. Dass da der Spaß aufhört, ist auch den meisten Abiturienten bewusst. Entsprechend bestreiten sie, damit etwas zu tun zu haben.

Diese "fast böswillige" Aktion sei kein Teil des Abi-Streichs, versichert David Bohsewe. "Davon wusste keiner was." Der eigentliche Tabubruch, der schließlich zum Abbruch des Abiturstreichs führte, erfolgte aber im Lehrerzimmer: Aus den Lehrerfächern wurden Akten, Notenbögen, Dokumente über Mitarbeiter-Gespräche und private Unterlagen herausgerissen und durcheinandergebracht. "Die Lehrer waren sehr entsetzt", sagt Schulleiter Rolvering. Daraufhin habe das Kollegium entschieden, sich nicht an den geplanten gemeinsamen Spielen zu beteiligen. Abiturienten-Sprecher Bohsewe sieht in diesem Fall ebenfalls Grenzen überschritten. "Das war eine dumme Aktion. Den Schülern tut es leid." Beschmiert worden sei aber nichts. Unklar war bis Freitag, wie sich die Schüler Zugang zum Lehrerzimmer verschaffen konnten.

Die Verantwortlichen haben sich im Nachhinein für ihr Verhalten entschuldigt. Konsequenzen haben sie nach Angaben der Schule nicht zu befürchten. Trotz der Auswüchse beim Abi-Streich lässt der Direktor auf seine ehemaligen Schüler im Allgemeinen nichts kommen. Mit den 159 Abiturienten habe man einen "sehr guten Jahrgang" gehabt.

Dass bei Abi-Streichen über die Stränge geschlagen wird, kommt immer wieder vor. So war vor zwei Jahren die Leitung des Otfried-Preußler-Gymnasiums in Pullach so erbost über einen Streich, dass die Abiturfeier abgesagt wurde. Weil sich Lehrer und Direktor am Garchinger Werner-Heisenberg-Gymnasium durch Artikel in der Abiturzeitung beleidigt fühlten, wurde der Abi-Streich dort von vorne herein verboten.

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