Neubiberg:Kulturelles Crossover

Extraton

Die sechs Protagonisten des A-cappella-Ensembles "Extraton" versprechen eine Mischung aus Pop, Rock, Folk, Funk & Soul.

(Foto: Allan Hong/oh)

Lesungen, Klassik, Kabarett - vielfältig präsentiert sich das Abo-Angebot der Neubiberger Spielzeit

Von Udo Watter, Neubiberg

Hass, Wut, Krawall - was sich derzeit im öffentlichen Raum bei Wahlkampfauftritten, gerade von Angela Merkel abspielt, könnte einen schnell von der Verrohung der Gesellschaft sprechen lassen. Das Internet ist zudem eine weltweite Galerie, in der viele Nutzer, die gerne mal als hater bezeichnet werden, ihren verbalen Unflat und ihre Feindseligkeit ausstellen können. Die Neigung, sich bei jeder Gelegenheit beleidigt zu fühlen und darauf mit schnaubender Empörung zu reagieren, ist schwer verbreitet. Hass, das aktive Missvergnügen, ist ein Phänomen, das momentan überall auf der Welt gute Zeiten erlebt.

Dass es auch anders geht, zeigt der palästinensische Arzt Izzeldin Abuelaish. Beim Beschuss seines Hauses in Gaza im Jahr 2009 verlor er drei seiner Töchter und eine

Nichte. Traurige Berühmtheit erlangte er, als er als Zeuge im israelischen Fernsehen bei der Bombardierung seines Hauses zusehen musste. Doch statt Rache zu schwören, ging er als Mediziner an die Universität Toronto, gründete eine Friedensstiftung und schrieb seine tragische Geschichte als Buch auf: "Ich werde nicht hassen". Daraus ist später ein Theaterstück entstanden, das der Schauspieler Michael Morgenstern am 18. November im Neubiberger Haus für Weiterbildung zeigt. Das Stück konzentriert sich auf die bewegende Geschichte des Arztes, der nach dem tödlichen Anschlag erst recht für Versöhnung kämpft. "Es ist an der Zeit, dass wir uns hinsetzen und endlich miteinander reden", heißt es zum Schluss.

Miteinander reden, sich besser kennen zu lernen, neugierig sein - das waren wohl auch wesentliche Handlungsmaximen, welche den Autor Stephan Orth auf seiner Expedition durch Russland angetrieben haben. Zum "Couchsurfing in Russland" nimmt er das Neubiberger Publikum am 10. Januar mit. Zehn Wochen lang reiste er für sein Buchprojekt quer durch das riesige Land, auf der Suche nach den "normalen Menschen, die normale Dinge tun". Was beschäftigt sie? Wovon träumen sie? Und er will Putin verstehen, besser gesagt, die Wirkung, die dieser auf die Menschen in Russland hat.

Diese zwei von insgesamt 15 Veranstaltungen im Abo-Angebot der neuen Neubiberger Spielzeit, dürften besonders politische und gesellschaftlich interessierte Menschen ansprechen. Das Programm, welches das Kulturamt auf die Beine gestellt hat, befriedigt freilich auch etliche ander Bedürfnisse. Etwa das nach guter, innovativer Musik: Am 28. September gastiert das A-cappella-Sextett Extraton in Neubiberg. Die sechs Protagonisten haben unterschiedliche musikalischen Hintergründe, und daher ist das Spektrum ihrer Songs auch breit. Sie versprechen ein "erfrischendes Crossover aus Pop, Rock, Folk, Funk & Soul" sowie "geballte musikalische Energie, Eigenkompositionen und innovative Coversongs". Ohne Technik und Instrumente, nur mit versiertem Einsatz der Stimme und des Körpers.

Zudem bietet die Klassikreihe wieder Interessantes: Auftakt ist am 4. Oktober mit einem Konzert auf zwei Flügeln, die gespielt werden vom preisgekrönten Schwesternpaar Katja und Ines Lunkenheimer. Hinzu kommen Auftritte von Shoko Kawasaki (Japan), Tae-Hyung Kim (Südkorea) und dem spanischen Klavierduo "Del Valle", das unter anderem 2005 den Publikumspreis beim ARD-Musikwettbewerb gewann. In Neubiberg werden freilich auch Töne jenseits reiner Klassik erklingen: Die Pop-Jazz-Latin-Formation "Sonic Leap" präsentiert am 3. Februar Arrangements bekannter Songs von Sting & The Police, den Beatles bis hin zu Nirvana und Coldplay. Annette Postel, die "Scheherazade des musikalischen Kabaretts" schließlich nimmt sich in einer stimmgewaltigen Comedy-Show am 24. Februar der großen Kunst der Oper und Operette an und widmet sich berühmter Arien.

Dazu gibt es diverse Vorträge, Angebote für Jugendliche wie den Bandwettbewerb "Running for the Best" am 10./11. November im "Gleis 3" oder auch ein Programm für Kinder. Das Thema Digitalisierung spielt auch eine Rolle: etwa beim Vortrag "Zwischen zwei Welten", ein Familienwegweiser zur Mediennutzung durch Kinder, oder über die Problematik des digitalen Erbes. Der Kabarettist Martin Zingsheim, der am 6. Oktober zu Gast im Haus für Weiterbildung ist, blickt in seinem Programm "Kopfkino" auch auf das Aufwachsen in den Neunzigern zurück, als die Digitalisierung noch in den Kinderschuhen steckte. Der Preisträger des Salzburger Stiers 2016 lässt mit unschuldigem Blick Pointen zünden und begleitet sich dabei am Klavier. Obgleich er manchmal böse und spottsüchtig auf die Welt blickt - Zingsheims philosophische Wortakrobatik ist letztlich auch ein Mittel gegen den Hass.

Aus 15 Veranstaltungen können Abonnenten des Kulturamtes wählen und 20 Prozent zum regulären Eintrittspreis sparen. Das Abo ist noch bis 15. Oktober buchbar. Abo-Formulare finden sich im Kaleidoskop, dem Veranstaltungskalender der Gemeinde, und liegen an den Vorverkaufsstellen aus. Karten gibt es in der Gemeindebibliothek (Rathausplatz 8), der Buchhandlung Lentner (Hauptstraße 8) und online über www.muenchenticket.de.

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