Neubiberg:Keine Predigt über sieben Minuten

Neubiberg: Emmerich Aichinger wird am 26. September zum Diakon geweiht und künftig im Pfarrverband Neubiberg-Waldperlach im Einsatz sein.

Emmerich Aichinger wird am 26. September zum Diakon geweiht und künftig im Pfarrverband Neubiberg-Waldperlach im Einsatz sein.

(Foto: Claus Schunk)

Emmerich Aichinger wird künftig als Diakon in Neubiberg wirken. Den Gläubigen verspricht er, sich kurz zu fassen

Von Daniela Bode, Neubiberg

Emmerich Aichinger trägt einen dunklen Anzug, ein rosa Hemd, schicke Lederschuhe. Wie man sich eben kleidet, wenn man als Betriebswirt im Controlling eines Großkonzerns arbeitet. Wenn man ihn so sieht, käme man nicht darauf, welche Aufgabe der Mann aus Waldperlach bald übernehmen wird. Er wird im Pfarrverband Neubiberg-Waldperlach als Diakon tätig sein. Am 26. September wird er gemeinsam mit fünf weiteren Männern geweiht.

Warum er Diakon werden will? "Ich bin zufällig auf Theologie gekommen", sagt der 46-Jährige. Es gab also kein besonderes Schlüsselerlebnis. "Die Suche nach mehr, die einen treibt", sei es gewesen, die ihn 2004 ein Theologie-Fernstudium in Würzburg aufnehmen ließ. Auch sei er "immer sehr wissenschaftlich orientiert" gewesen, auch die Theologie wollte er deshalb wissenschaftlich fundieren. Kirchlich integriert sei er ohnehin gewesen. Vor allem durch seine Großeltern, die in Rumänien zwei Kriege und Enteignung durchlebten und erfuhren, dass Glaube im Leben unterstützen kann. Seine Großmutter habe, als er sich auf den Weg in die Schule machte, immer gesagt: "Gott segne dich". Er habe zwar als Kind nichts gelernt, erzählt er augenzwinkernd, aber der Glaube habe sich auf ihn übertragen. Als Jugendlicher sei er skeptisch gewesen. Im Erwachsenenalter sei die Suche nach dem "Mehr" wieder in den Vordergrund gerückt.

Dass es das Amt des Diakons gibt, erfuhr Aichinger erst im Theologiestudium. Zweimal landete er bei Recherchen auf der Homepage des Erzbistums, auf der etwas zu der Tätigkeit stand. Das erste Mal klickte er weg. Das zweite Mal blieb er hängen. Nun steht er fast am Ende der Ausbildung zum Diakon. Denn dieses Amt kann man nicht einfach so übernehmen. Man muss sich etwa in Ehe, Beruf und im Ehrenamt bewährt haben. Und wie die anderen Diakone musste auch Aichinger eine mindestens vierjährige berufsbegleitende Ausbildung absolvieren. Das Theologiestudium hatte Aichinger 2011 beendet. Dann startete er die Praxisausbildung, die unter anderem Monatstreffen des Diakonatskreises, Predigt-Dienste und Wochenenden, an denen die Diakons-Anwärter in Seelsorge und Predigen ausgebildet wurden, umfasst. Sein Praktikum zur Einübung der Seelsorge leistete er im Pfarrverband Isarvorstadt ab. Ihm war auch immer wichtig, das alles mit der Familie zu vereinbaren. Ohnehin ist Diakon ein Beruf, der ohne das Verständnis der Ehefrau nicht möglich ist. Wenn Seminare an Wochenenden stattfanden wie im Kloster Arnstorf, nahm der Vater zweier kleiner Kinder seine Familie mit - sie wohnte derweil auf einem Bauernhof in der Nähe. Ein Praktikum in der Krankenhausseelsorge fehlt Aichinger noch, das holt er nach Weihnachten nach.

Diakone widmen sich insbesondere dem Dienst am Menschen und der Sorge für in Not Geratene und Kranke. Dafür ist Aichinger nun gewappnet. Er wird Wortgottesdienste halten, Taufen spenden. Bei Beerdigungen sieht er sich eher nicht. "Das wäre nichts für mich, da müsste ich mitweinen ", sagt er. Was ihn an der Tätigkeit als Diakon reizt, ist der Austausch mit den Menschen. "Ohne Austausch geht es ja nicht. Den Segen meiner Großmutter, wie hätte ich mir den selbst geben können?", sagt er. Der Austausch, die Gemeinschaft seien das, was den Menschen Kraft gebe.

Genau dieser Austausch, der auch über die Predigten stattfindet, scheint ihm zu liegen. Denn wie er erzählt, bekommt er "ziemlich gutes Feedback" von den Gläubigen. Dabei sagt er selbst, dass es an ein Wunder grenze, dass er Predigten schreiben könne. Seine Aufsätze in der Schule seien nach fünf Sätzen zu Ende gewesen. "Mann o Mann, das ist ja schrecklich", denke er manchmal über die erste Version einer Predigt. Bis seine Worte dann so sind, wie sie die Gläubigen hören, bearbeitet er sie weiter und lässt sie bearbeiten - von seiner Frau, meist auch von Kollegen und einem Predigt-Dozenten. Aichinger legt Wert darauf, sich kurz zu fassen. "Ich versuche, meine Predigten auf sieben Minuten zu beschränken", sagt er. Er habe gelesen, dass der Mensch ohne Anstrengung sieben Minuten zuhören könne. Abgesehen davon versteht es Aichinger einfach, unterhaltsam zu erzählen, es macht Freude, ihm zuzuhören.

Die Waldperlacher und Neubiberger Katholiken können sich also freuen auf die kurzweiligen Predigten Aichingers, wenn er dann öfter in der Kirche zu hören sein wird. Auch Aichinger selbst freut sich, ein Ende vor Augen zu haben. Die Ausbildung sei schon lang gewesen. Selbst auf Kritik an seinen Predigten freut er sich. "Dann kann ich sie verbessern", sagt er.

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