Neubiberg:Der Klang einer hoffnungsvolleren Welt

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Der 28-jährige Syrer Aehem Ahmed eröffnet das Festival "Musik der Welt" mit Piano-Musik. (Foto: Claus Schunk)

Der Verein Dreiklang veranstaltet ein Musikfestival mit Benefizcharakter. Ziel ist es, jungen Flüchtlingen zu ermöglichen, ein Instrument zu lernen

Der junge Mann betritt schüchtern die Bühne im dunklen Raum. Das Publikum klatscht. Er setzt sich direkt ans Klavier, beginnt zu spielen, es berührt.

Das Publikum des Dreiklang Musikfestivals kann die Augen nicht vom ihm lassen. Es sind seltene 90 Minuten, in denen man niemanden aufs Handy blicken sieht. Schuld ist er, der Pianist Aehem Ahmed.

Sein Bild, inmitten eines zerbombten Stadtviertels im syrischen Bürgerkrieg ging um die Welt. "Der IS hat mein Piano angezündet. In den Flammen sind auch meine Hoffnungen und Träume gestorben," sagt er.

Heute sitzt Aehem Ahmed aufrecht und stolz an einem neuen Klavier, fernab der Trümmer und spielt für den Frieden, wie er sagt. Der 28-jährige Syrer, der Musik in seiner Heimat studiert hat, singt zu traurigen und dramatischen Stücken auf arabisch. Spielt er fröhliche Töne, steht ihm die Freude darüber ins Gesicht geschrieben.

Dieser Mann brennt für das, was er tut. Er hat Spaß an seiner Kunst und das spürt auch der Besucher des Festivals mit dem Motto "Musik der Welt". Organisiert hat es der Musikverein Dreiklang.

Zweck der Veranstaltung ist es, Spenden für syrische Flüchtlinge zu sammeln. Von dem Geld soll der Unterricht in einem Instrument bezahlt werden. Jeder, der Lust auf Geige, Piano, Cello hat - der soll die Möglichkeit bekommen. Zusätzlich sollen Musikpaten helfen, die ihren geflüchteten Schützlingen den Musikunterricht auf die Dauer finanzieren.

Gesangslehrerin Katrin Reinwald aus Ottobrunn ist an diesem Abend hier, weil sie es toll findet, wenn Musik einen konkreten Beitrag zum Besseren in der Gesellschaft leiste. Besonders fasziniert sie, mit wie viel Leidenschaft Ahmed am Klavier über die Tasten jagt.

Dem Motto entsprechend, gab es vielfältige Auftritte auf der Bühne: Von traditioneller bayerischer Blasmusik über die türkische Gruppe ANKA, die auf dem Saiteninstrument Baglama spielte, bis zu Seemannsliedern von Shanty-Chor-Band.

Diesen hat die 20-jährige Wienke Eilers während ihres Freiwilligen Sozialen Jahres ins Leben gerufen. Mit Seemannsliedern ist die junge Langeoogerin freilich vertraut, sie kann aber auch Klavier spielen und kümmert sich um junge Schüler im Musikverein. Der wollte einen Ort schaffen, an dem die Musik vereint, mit ausgebildeten Lehrern, die ihre Schüler dazu anstiften, besser werden zu wollen und zu üben.

Das ist der Leitgedanke des Vereins, der vor 18 Jahren in Freising gegründet wurde und inzwischen drei Niederlassungen in Freising, Olching und München-Südost hat. 2500 Schüler werden von 100 Lehrkräften aus 25 Nationen betreut. "Wir leben Vielfalt und kommen zusammen, um Musik zu schaffen und zu ermöglichen," betont Dreiklang Mitarbeiterin Monika Ripp.

Die Türen stehen an diesem Samstag offen. Wer will, konnte Instrumente ausprobieren, Lehrer kennenlernen oder einfach nur verschiedenen Instrumenten zuhören.

Im Keller empfängt die Besucher das iranisch-deutsche Streicherduo Mona Pishkar und Wolfgang Fink. Sie spielt Violine, er Cello.

Vor ihnen stehen die Besucher an den Staffeleien mit weißem Leinen, sie sind mit Pinsel und Farbpalette gerüstet. Als die Musik erklingt, wird die weiße Leinwand bunt gemalt. Mal mit schnellen, harschen Pinselstrichen, mal mit federgleich-langsamen.

International war nicht nur das Streicherduo, auch das Essen war es. "Wir erhalten viele Anfragen vom Asylhelferkreis und den Flüchtlingen selbst, die ein Musikinstrument lernen oder sich weiter darin üben wollen", schildert Ripp. Deshalb hoffe sie, dass die Veranstaltung viele Menschen hat spüren lassen, wie viel Energie die Welt der Klänge besitzt. Und freilich hofft sie, dass genug Spenden zusammengekommen sind - damit Träume nicht begraben werden, sondern zum Leben erweckt werden.

So wie es beim Pianisten Ahmed war . Er gab dem IS nicht die Macht, ihn zu zerstören, er gab lieber dem Piano die Macht, an einen neuen Anfang zu glauben. Das könnte anstecken.

© SZ vom 17.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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