Natur:Hoffen auf die fünf Prozent

Natur: Hat sich der Pilz erst einmal an den Eschen angesiedelt, haben die meisten Bäume nicht mehr lange zu leben.

Hat sich der Pilz erst einmal an den Eschen angesiedelt, haben die meisten Bäume nicht mehr lange zu leben.

(Foto: OH)

In Ismaning werden befallene Eschen gefällt. Eine neue Mischung soll den Wald retten

Von Sophie Kobel, Ismaning

"Mir als Förster blutet das Herz bei so was", sagt Michael Matuschek. Er ist Revierleiter beim Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) in Ebersberg. Als solcher ist er unter anderem für den Waldbestand in Ismaning zuständig. Dort wurden zum Jahresbeginn umfangreiche Waldarbeiten durchgeführt, zum Entsetzen vieler Spaziergänger. Besonders im Taxetwald mussten Bäume fallen: In dem Waldabschnitt wurden von 30 Hektar Holzbodenfläche 27 Hektar bearbeitet, erklärt Matuschek. Grund dafür sind starke Schäden am Baumbestand, verursacht durch das sogenannte Eschentriebsterben.

Hervorgerufen wird das Eschentriebsterben durch einen Pilz namens Falsches Weißes Stengelbecherchen, (Hymenoscyphus pseudoalbidus). Er wurde in Deutschland erstmals 2007 nachgewiesen, in Bayern ein Jahr später. Mittlerweile ist er in ganz Europa flächendeckend verbreitet, wie der Infektionsweg verläuft, darüber wird intensiv geforscht. Der Erreger kommt aus der Luft und schwächt die Bäume von den Trieben und Blättern ausgehend bis in den Stamm hinein. Dadurch fällt es dem heimischen Hallimasch-Pilz leicht, die Wurzeln der geschwächten Bäume zu befallen. Die Folge: diese werden instabil - und müssen vorsichtshalber gefällt werden. Ein Mittel zur Besserung gibt es bisher nicht, da ist sich der Förster sicher: "Der Kampf ist von vorne herein verloren. Bei Winden fallen die betroffenen Eschen einfach um, das bereitet uns große Wegsicherungsprobleme."

Bei dem Absterbe-Prozess der vergangenen Jahre sind in etwa 15 Hektar Wald von insgesamt 122 auf Ismaninger Gebiet verloren gegangen, überwiegend im Taxetwald und in den Isarauen. Das Problem ist: Eschen sind die Hauptbaumart im Ismaninger Gemeindewald, ihr Anteil beträgt etwa 60 Prozent. "Das Eschensterben zeigt, wie wichtig es ist, dass Förster nicht auf ein Standbein setzen, was den Baumbestand angeht", sagt Matuschek. Langfristig will die Gemeinde darum naturnahe Mischwälder mit standortgerechten Baumarten, etwa Ahorn oder Linde pflanzen. Dazu setzen die Fachleute auch noch auf einige fremdländische Sorten, wie zum Beispiel ungarische Eichen oder Edelkastanien. So soll der Wald toleranter und beständiger werden, insbesondere im Hinblick auf die sich verändernden klimatischen Bedingungen.

Inzwischen sind die Forstarbeiten in Ismaning beendet, die Mitarbeiter sorgen gerade "für den gärtnerischen Feinschliff", teilt die Gemeinde mit. Spaziergänger sehen die Eingänge der Arbeitsgassen und diverse Holzstapel. Auch Ast- und Gipfelmaterial liegt vermehrt auf dem Boden. Es wird geordnet und verbleibt für den Nährstoffkreislauf im Wald. Die Gemeinde betont jedoch, dass "der Gesundheitszustand der gefällten Bäume nicht an den liegenden Holzabschnitten erkennbar ist".

Für die Eschen in den Wäldern im Landkreis hat Förster Matuschek trotz allem noch Hoffnung: "Fünf Prozent der Eschen zeigen Resistenzen gegen den Pilz. Diese umlichten wir, damit sie genug Energie haben, um Samen zu verteilen und sich so wieder zu vermehren."

Um die teilweisemehr als hundert Jahre alten, kürzlich gefällten Eschen trauert er trotzdem sehr. "Es ist ein großer Verlust. Aber jedes Mal, wenn solche Umformungen in der Natur stattfinden, bringen Wälder von selbst Neues zu Tage. Sie haben über die Jahrhunderte gelernt zu kämpfen und werden sich immer wieder verjüngen."

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