Nahverkehr:Attacken auf den OB

Kreisräte von Grünen und CSU werfen Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter vor, beim Umbau des Verkehrs zu bremsen

Von Stefan Galler, Landkreis

Wenn es um den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs geht, ziehen die Fraktionen des Kreistags an einem Strang. Der Ausschuss für Mobilität und Infrastruktur fasste in seiner jüngsten Sitzung gleich mehrere Beschlüsse, die helfen sollen, den Verkehrskollaps in der Region zu verhindern. Doch obwohl die Entscheidungen alle einstimmig getroffen wurden, blieben parteipolitische Seitenhiebe nicht aus. Grüne und CSU warfen dem Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter von der SPD vor, bei dem Thema zu bremsen.

Konkret hob der Ausschuss die Sperrvermerke für zwei Planstellen im Landratsamt auf, die Jobs im Bereich Mobilitätsplanung und ÖPNV betreffen. Außerdem wurde ein Pilotprojekt zur Busbeschleunigung auf der Strecke von der U-Bahnstation Neuperlach über Ottobrunn und Taufkirchen bis zum Gewerbegebiet in Brunnthal, beschlossen, in dem unter anderem Ikea ansässig ist. Man will prüfen, ob Busspuren hier sinnvoll und bautechnisch überhaupt realisierbar sind.

Auch ein Antrag der SPD wurde einstimmig abgesegnet. Unter dem Slogan "Vorfahrt für den ÖPNV" fordern die Sozialdemokraten, dass der Landkreis München sich in allen Gremien, in denen er Mitspracherecht besitzt, politisch dafür einsetzt, dass der Ausbau öffentlicher Verkehrsmittel bevorzugt behandelt wird. Insbesondere drei Punkte sind den SPD-Politikern dabei wichtig: Der Freistaat müsse künftig pro Kopf mindestens so viel in das Schienennetz investieren, wie das in der Schweiz der Fall ist, wo im Jahre 2016 378 Euro pro Einwohner in das Eisenbahnnetz gesteckt wurden - in Deutschland waren es 2016 nur 64 Euro pro Einwohner. Außerdem müsse das Zulassungsverfahren für neue Züge beschleunigt und die anstehende MVV-Tarifreform in Zukunft noch erheblich ausgeweitet werden. All das sollen die Repräsentanten des Landkreises gegenüber Bund und Land forcieren.

Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, hat die SPD-Fraktion die im Antrag genannten Themen auch als Petition an den Bayerischen Landtag adressiert - mit Erfolg, denn der zuständige Wirtschaftsausschuss hat insbesondere die SPD-Forderungen nach höheren Investitionen ins Eisenbahnnetz und die beschleunigten Zulassungen für Züge unterstützt. Was bedeutet, dass sich das zuständige Staatsministerium diesen Fragen annehmen muss.

Die Begeisterung im Ausschuss über diesen politischen Teilerfolg und den SPD-Antrag hielt sich jedoch in Grenzen. Der Grüne Markus Büchler nutzte die Gelegenheit gar zu einem Frontalangriff auf den Münchner Oberbürgermeister und empfahl den Sozialdemokraten aus dem Landkreis, auf ihren Parteikollegen im Rathaus der Landeshauptstadt "einzuwirken". Wie die Münchner Stadtpolitik das Thema Radschnellwege anpacke, grenze an "Sabotage", sagte Büchler, der bezweifelte, dass diese Wege von der Stadtgrenze aus weitergeplant werden. Und zwar nur weil Reiter "keinen Bock" darauf habe, so Büchler. Und was die Tarifreform angehe, sei es schon bedenklich, wenn der Münchner OB riskiere, das ganze Projekt scheitern zu lassen, nur weil für wenige Innenstadt-Bewohner die Monatstickets etwas teurer werden. "Dafür spricht er sich für größere Parkhäuser und breitere Ausfallstraßen aus", wütete Büchler.

Die Wortmeldung Büchlers fiel derart scharf aus, dass sogar CSU-Fraktionschef Stefan Schelle zurücksteckte: Seine Stellungnahme zum Thema habe sich "größtenteils erledigt", sagte er, fand dann aber doch noch aufmunternde Worte für die Ausschusskollegen: "Es ist so viel Bewegung wie noch nie in diesem Thema." Die CSU könne den SPD-Antrag mittragen, wichtig ist laut Schelle aber, die konkrete politische Arbeit über Parteigrenzen hinaus fortzuführen, "auch gegen die größten Bremsklötze in der Landeshauptstadt München".

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