Nach dem Rückzug von Willy Bogner:Die Problemlöser

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Die Staatsregierung sowie neun Verbände und Vereine in Garmisch-Partenkirchen versuchen, die Bewerbung noch zu retten. Das dürfte schwierig werden: Das einst so glanzvoll gestartete Projekt hat mehr als nur Personalprobleme.

Heiner Effern

Als der Deutsche Olympische Sportbund am 8. Dezember 2007 Münchens Bewerbung für die Winterspiele 2018 beschloss, war die Ausgangslage noch hervorragend: Die Stadt genießt als Austragungsort der Sommerspiele 1972 trotz der Terroranschläge einen guten Ruf. München könnte, so die Hoffnung, als erster Ort in der olympischen Geschichte sowohl die Sommer-, als auch die Winterspiele ausrichten. Zudem werden die Sportstätten auf dem neuesten Stand sein: 2011 findet in Garmisch-Partenkirchen die alpine Ski-WM statt und am Königssee die Bob- und Rodel-WM.

Müssen jetzt versuchen, die Bewerbung Münchens zu retten: Bürgermeister Christian Ude und das nach dem Ausscheiden Bogners "neue Gesicht der Bewerbung", die ehemalige Eisläuferin Katarina Witt. (Foto: ag.dpa)

Knapp drei Jahre später sind die Chancen längst nicht mehr so gut. In Garmisch-Partenkirchen, wo die alpinen Ski-Wettbewerbe stattfinden sollen, fehlen noch immer wichtige Grundstücke. Und nun steht die Bewerbungsgesellschaft auch noch ohne ihren bisherigen Chef Willy Bogner da. Die Rettung von München 2018 liegt damit mehr denn je in den Händen der bayerischen Staatsregierung, die seit Wochen schon die Verhandlungen in Garmisch-Partenkirchen übernommen hat.

Staatskanzleichef Siegfried Schneider reiste mehrmals an den Alpenrand, um das zu tun, was bisher weder dem Bürgermeister Thomas Schmid (Christlich Soziales Bündnis) noch der Bewerbungsgesellschaft geglückt ist: mit den betroffenen Landwirten und Grundbesitzern so zu sprechen, dass Vertrauen entsteht. "Respekt, der hat das tatsächlich hingekriegt", heißt es aus den Kreisen der Verhandler über Schneider.

Als Ansprechpartner dienen dem Abgesandten von Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) nicht die Gemeinde und auch nicht jene Grundstücksbesitzer, die ihre Wiesen auf keinen Fall zur Verfügung stellen wollen. Neun Vereine und Verbände, darunter Trachtler oder Turner, haben sich zu einer Interessengruppe zusammengeschlossen, die olympische Winterspiele befürwortet - aber nur zu Bedingungen, die der Ort auch verträgt. Ihre Charta veröffentlichten sie in einer Anzeige in der Lokalzeitung. Unter anderem fordern sie den Erhalt des Grüngürtels zwischen dem Ort und den Bergen. Genau hier wollten aber die Bewerber und Bürgermeister Schmid das Athletendorf und die Unterkünfte für die Journalisten unterbringen.

Der Druck der Vereine und Verbände mit vielen tausend Einheimischen im Rücken zeigte schon einen Erfolg: Das geplante Dorf für die Medienvertreter wird es so nicht geben. Wo die Journalisten nun wohnen werden, ist offen. Ein zweiter Vorschlag der Interessengruppe steht derzeit im Mittelpunkt der Verhandlungen: Die Garmischer Vereine und Verbände brachten den Golfplatz in Burgrain als Standort für das Athletendorf ins Gespräch.

Der alte und der neue Vorsitzende der Olympia-Bewerbungsgesellschaft: Willy Bogner (links) ist wegen gesundheitlichen Problemen zurückgetreten, der bisherige Geschäftsführer Bernhard Schwank wird sein Nachfolger. (Foto: dpa)

Das größte Hindernis, der Widerspruch der Amerikaner als Nutzer des Geländes, könnte sich in Kürze erledigen: Staatskanzleichef Schneider brachte von einem Besuch im Pentagon und im State Departement in Washington die Kunde mit, dass die US-Army eventuell auf ihre Rechte aus dem Nato-Truppenstatut für die Zeit der Spiele verzichten könnte.

Das Problem mit den Sponsoren

Die Staatsregierung versucht so eine Bewerbung zu retten, die von Anfang mit Problemen kämpfte. Schon die Suche nach einem Chef der Bewerbungsgesellschaft verlief höchst problematisch: Der Wunschkandidat Wilfried Spronk musste aus Gesundheitsgründen absagen, das Duo aus dem Marketingexperten Richard Adam und dem Sportfunktionär Bernhard Schwank fand nie zueinander. Bogner wurde als Retter engagiert, Adam schied kurz danach aus.

Doch auch Bogner konnte die Bewerbungsgesellschaft nicht in die richtige Spur bringen: Das Budget weist immer noch Lücken auf, im Juli drohte Bogner mit Rücktritt, wenn das Budget von 30 Millionen Euro nicht erhöht würde. Schon da war klar, dass die Bewerber es nicht schaffen würde, ohne öffentliche Mittel auszukommen. Denn eine Reihe von Sponsoren wie der Flughafen oder die Messe München sind zwar privat organisiert, gehören aber der öffentlichen Hand.

Die Probleme in Garmisch-Partenkirchen erkannten weder Bogner noch die Bürgermeister Christian Ude (SPD) und Thomas Schmid rechtzeitig. Bogner befeuerte die Kritik auf dem Land mit markigen Sprüchen, die stolzen Landwirte im Werdenfelser Land sahen sich dadurch brüskiert.

Auch die Pläne für das Umweltkonzept gingen nicht auf: Das große Prestige-Projekt, ein Biosphärenreservat im Werdenfelser Land, scheiterte an der mangelnden Kommunikation mit den betroffenen Gemeinden. Die Stimmung in Garmisch drehte sich innerhalb weniger Wochen so stark, dass Olympiagegner gute Chancen sehen, die Bewerbung mit einem Bürgerentscheid zu kippen. Der Befreiungsschlag kann nur noch von der Staatskanzlei und der Interessengemeinschaft kommen.

© SZ vom 07.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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