Musikunterricht:Die Lehrerin als Bandleaderin

Musikunterricht: Neben den gemischten Bandklassen gibt es auch Keyboardklassen.

Neben den gemischten Bandklassen gibt es auch Keyboardklassen.

(Foto: Claus Schunk)

Ilona Seufert hat an der Mittelschule in Taufkirchen Klassen etabliert, in denen die Kinder zwei Jahre lang gemeinsam Instrumente lernen und Pop-Songs spielen. Die meisten machen auch danach weiter gemeinsam Musik.

Von Anika Stiller, Taufkirchen

Es klingt ein bisschen wie in einem rührseligen französischen Film. Vor siebeneinhalb Jahren kam Ilona Seufert, heute 33, an die Mittelschule in Taufkirchen. Die Schule in der Gemeinde mit besonders hohem Arbeitslosen- und Migrationsanteil sei damals noch eine "musiklose Schule" gewesen, erzählt die Diplom-Musiklehrerin. Weil Instrumente fehlten, machte Seufert Musik per Bodypercussion, sang und tanzte mit den Schülern. Bald konnte die Lehrerin für die Schule einige Instrumente kaufen. 2012 gründete sie die erste Bandklasse.

Diese Klassen, in der jedes Kind ein Bandinstrument lernt oder Gesangsunterricht erhält, stoßen seitdem auf viel Resonanz; sie werden zu Auftritten ins Schulamt und sogar ins bayerische Kultusministerium eingeladen. Obwohl das gemeinsame Musikmachen nur zwei Jahre für alle Kinder dieser Klassen Pflicht ist, musizieren die meisten bis zum Schulabschluss weiter. Seit vergangenem Jahr ist die Mittelschule Taufkirchen eine von bayernweit acht Mittelschulen mit "musischem Schwerpunkt."

Zunächst muss Seufert den Schülern in Taufkirchen das Notenlesen beibringen. "Hier gibt es keine musikalische Vorbildung", erklärt die Lehrerin. Die Motivation zum Lernen sei aber hoch: "Durch die Praxis am Instrument wird den Kindern schnell klar, dass die Notenlehre ebenso nötig ist, wenn sie auch die komplexeren Melodien mitspielen möchten."

Die Erfahrung zeige auch, dass Schüler bei allem mitgehen, was gut gemacht ist. Großer Anreiz ist auch das Spielen moderner Stücke. Aktuell spielten sie in der Bandklasse Musik von Ed Sheeran, Selena Gomez und Mark Forster, erklärt sie. Musiziert wird dann bei Seufert vor allem auf Keyboards, mit Schlaginstrumenten und der eigenen Stimme. Eigene Motivation für den Aufwand hat die Begeisterungs-strotzende Lehrerin offenbar genug. "Es findet eine andere Art von Musikunterricht statt, es ist ein nachhaltiger, lebendiger Unterricht und die Schülerinnen und Schüler wissen durch die häufigen Auftritte und das Erfahren von Lob und Stolz auch, wofür sie arbeiten."

Große finanzielle Unterstützung sowie die Idee für die Gründung einer Bandklasse kam von der Initiative "Klasse im Puls" der Universität Erlangen-Nürnberg. Der dortige Dozent Wolfgang Pfeiffer rief das Projekt 2009 ins Leben, um bayernweit Fünftklässler in Mittel- und Realschulen praktisch an Musik heranzuführen - mittlerweile nehmen mehr 200 Schulen an dem Projekt teil. Schüler sollen im Musikunterricht ein Instrument erlernen und in einem Orchester, einer Big- oder Rockband spielen oder im Chor singen.

Musikunterricht: Ilona Seufert, 33, macht seit sieben Jahren mit Taufkirchner Mittelschülern Musik. Die erste Bandklasse gründete sie 2012.

Ilona Seufert, 33, macht seit sieben Jahren mit Taufkirchner Mittelschülern Musik. Die erste Bandklasse gründete sie 2012.

(Foto: Claus Schunk)

Um eine Band mit verschiedenen Instrumenten auf die Beine zu stellen, unterstützen sich die Musiklehrer verschiedener Schulen gegenseitig. Auch Seuferts Schüler werden von sogenannten Tandemlehrern besucht, mit denen sie gruppenweise ihre jeweiligen unterschiedlichen Instrumente einüben können. Nach einer Doppelstunde Einzelübung spielt in der dritten Stunde die gesamte Klasse im Ensemble. "Jeder darf auf seinem musikalischen Niveau partizipieren", sagt Seufert.

Die gebürtige Unterfränkin begann selbst mit sieben Jahren Klavier zu spielen. Klavier war auch ihr Hauptfach an der Hochschule für Musik in Würzburg, weitere Schwerpunkte hatte sie in Gesang und Chorleitung. Weil sie merkte, dass ihr die Klassenführung mehr liegt als der Einzelunterricht, folgte ein Zweitstudium in Fachlehramt in Ansbach.

Heute ist Seufert viel beschäftigt. Bayernweit versucht sie als Projektmanagerin von "Klasse im Puls" andere Schulen für die Idee zu begeistern, eine Musikklasse zu installieren. Dafür führt sie auch gerne die eigene Bandklasse vor. "Erfahrungsgemäß sind authentische Unterrichtseinblicke sehr hilfreich", erklärt Seufert. Seit sechs Jahren hält sie daneben Fortbildungen für Lehrerkollegen des Landkreises. Und privat ist sie Chordozentin, Klavierlehrerin und singt in verschiedenen Ensembles mit. In der Taufkirchener Mittelschule unterrichtet sie neben Musik noch Wirtschaft; eine gute Abwechslung, wie sie sagt. Eine Musikklasse sei wirklich viel Arbeit, "aber es zahlt sich aus".

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