Fußballcamps:Trainieren wie die Profis

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Fußballcamps für Kinder boomen. Doch die einzelnen Angebote unterscheiden sich stark. (Foto: Claus Schunk)

Fußballcamps für Kinder erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Entsprechend groß ist das Angebot von Vereinen und privaten Sportschulen im Landkreis. Wer will, kann sogar mit dem FC Bayern auf Kreuzfahrt gehen.

Von Frederick Mersi

Der schönsten Nebensache der Welt frönen, Spaß haben und dabei auch noch dazulernen: Das können Nachwuchskicker in einer wachsenden Zahl von Fußballcamps während der Sommerferien. Anstatt sich während der schulfreien Zeit zu langweilen und den Eltern zur Last fallen, kann der Nachwuchs unter anderem in Neubiberg, Ottobrunn, Unterföhring und Unterhaching kicken.

Doch Fußballcamp ist nicht gleich Fußballcamp. Neben dem Bayerischen Fußballverband bieten bereits seit vielen Jahren zahlreiche Profivereine und private Sportschulen Lehrgänge für Kinder und Jugendliche an. Der FC Bayern trainiert Kinder in diesem Sommer sogar auf einem Kreuzfahrtschiff im Mittelmeer, zumindest wenn deren Eltern bereit sind, den stolzen Preis von rund 1200 Euro zu bezahlen. Die günstigeren Camps für Landratten sind schon seit Längerem ausgebucht. Mit der steigenden Beliebtheit dieser Angebote drängten in den vergangenen Jahren immer mehr Anbieter auf den Markt.

Die Nachfrage der Eltern ist da

Der Unterföhringer Sportlehrer Sascha Böhm, der seit neun Jahren die Kickers Sportschule betreibt, hat als Jugendtrainer in mehreren Vereinen gearbeitet. Die Idee, Fußballcamps anzubieten, bekam er durch die Eltern seiner Schützlinge: "Die Eltern haben gefragt, ob ich auch in den Ferien etwas anbieten möchte." Damals seien noch wenig Anbieter auf dem Markt gewesen, erzählt Böhm, "inzwischen ist er aber von den vielen privaten Anbietern überschwemmt." Preislich seien die Unterschiede zwar gering, aber "der Hauptunterschied liegt in der Qualität".

Der DFB-lizenzierte Trainer Michel Kooistra war vor ein paar Jahren vor einigen Jahren bereits in Hohenbrunn zu Gast. Jetzt kommt er nach Neubiberg. (Foto: lks)

In diesem Jahr bietet der Unterföhringer seinen fünftägigen Lehrgang mit seinem Trainerteam in Kooperation mit dem TSV in Ottobrunn an. In der Vergangenheit war auch der FC Unterföhring einer seiner Partnervereine gewesen. In diesem Jahr hat sich der Verein jedoch die Dienste der Real Madrid Fußballschule gesichert. Diese wird von der Stiftung des spanischen Profiklubs betrieben und bietet auch in Belgien, den Niederlanden, Österreich und der Schweiz professionell betreute Nachwuchs-Camps an.

"Wir hatten über die Jahre die verschiedensten Anbieter, unter anderem auch die Hans-Dorfner-Fußballschule", erklärt Berit Karsch, Jugendleiterin des FC Unterföhring. Im vergangenen Jahr hätten dann einige Kinder an einem Real-Madrid-Fußballcamp in einem anderen Ort teilgenommen und begeistert davon berichtet. "Da haben wir uns gedacht, wir sollten das auch einmal anbieten", so Karsch.

Eine langfristige Zusammenarbeit könne sie sich bei entsprechender Begeisterung auch vorstellen: "Wenn jetzt alle Hurra schreien, dann machen wir das auch weiterhin." Direkt ist das Programm der "Real Madrid Foundation Clinics Germany" mit der Nachwuchsarbeit des Klubs nicht verbunden. Es werden jedoch die Konzepte der Jugendakademie der Madrilenen verwendet.

Die Spielvereinigung nutzt ihr Camp zur Sichtung des Nachwuchses

In Unterhaching sei das anders, betont Florian Rensch, Geschäftsführer der Haching Fußballschule. Diese sei "für den ein oder anderen" schon ein Sprungbrett auf dem Weg ins Nachwuchsprogramm der Spielvereinigung gewesen. "Ein Probetraining kann man bei uns so nicht machen", erklärt Rensch, "wir sichten Spieler aktiv." Und das eben auch während der vier fünftägigen Camps, die im Sommer auf dem Gelände des Vereins angeboten werden.

"Das bedeutet aber nicht, dass das nur etwas für leistungsorientierte Jugendliche ist", versichert Rensch. Als Highlights nennt er eine Pressekonferenz mit einem Spieler der Regionalliga-Mannschaft, das Torwarttraining mit Coach Oliver Sölch und den Besuch in der Bavaria Filmstadt "als Auflockerung in der kompakten Trainingswoche". Um kommerzielle Interessen gehe es bei der Haching Fußballschule nicht, vielmehr sei sie ein Angebot an den Breitensport in der Region. "Wenn wir daran verdienen, fließt das Geld direkt in die Nachwuchsförderung", so Rensch.

Werte statt Leistungsdruck

Die Holländische Fußballschule des von Ajax Amsterdam ausgebildeten Michel Kooistra verfolgt ein fundamental anderes Konzept. Der Niederländer beendete seine Tätigkeit als Nachwuchstrainer beim Bundesligaklub Hertha BSC Berlin unter anderem wegen des enormen Leistungsdrucks, der dort auf die jungen Spieler ausgeübt wurde. "Ich halte das für sehr ungesund", erklärt Kooistra.

Stattdessen will der DFB-lizenzierte Trainer mit seinem Team aus Berlin während zwei fünftägigen Camps in Neubiberg Werte und Normen durchs Fußballspielen vermitteln. Im Fußball herrsche häufig ein "proletiger Umgang" miteinander. "Wir müssen nicht schreien, wenn ein Kind mal einen Fehler macht, so wie es andere Trainer gern tun", sagt Kooistra. Er wolle sich stattdessen in die Kinder hineinversetzen. Jedes Kind solle seinen eigenen Spielstil entwickeln und "lernen, selbst Entscheidungen zu treffen".

Preislich bewegen sich die Angebote im Landkreis zwischen 199 und 219 Euro. Wenn es um Fußballcamps geht, haben Kinder und Eltern also die Qual der Wahl: Von Kreuzfahrten bis zum lokalen Fußballplatz und von freier Entfaltung bis hin zu Talentsichtung wird alles angeboten, was das Fußballerherz begehrt. Und was der Geldbeutel leisten kann.

© SZ vom 14.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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