München:Rechtsradikale kandidieren für Ausländerbeirat

Am Sonntag wird in München der neue Ausländerbeirat gewählt, der sich um die Belange der Migranten kümmern soll. Doch unter die Kandidaten haben sich zwei Rechtsradikale geschmuggelt.

Dominik Hutter

Unter die offiziellen Kandidaten für die Wahl zum Münchner Ausländerbeirat haben sich zwei Rechtsradikale geschmuggelt. Die Österreicher Manfred Schießl und Volker Knetsch, die auf der Liste "ALK - Allgemeine Länderkooperation" die Plätze 1 und 3 belegen, waren bei der Kommunalwahl 2008 unter den Bewerbern der rechtsextremistischen "Bürgerinitiative Ausländerstopp" (BIA) zu finden - damals auf den Positionen 2 und 11.

Münchner Rathaus, 2009

Zwei Rechtsradikale wollen sich in den Münchner Ausländerbeirat wählen lassen.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Da der Ausländerbeirat bereits am kommenden Sonntag zur Wahl steht und die Listen nicht mehr verändert werden können, appellierte Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) an die Migranten, möglichst zahlreich zur Urne zu gehen. "Nur wenn viele Demokraten wählen, haben Extremisten keine Chance".

Die BIA steht nach Einschätzung der Fachinformationsstelle Rechtsextremismus im Kreisjugendring ganz klar für "rassistische und nationalistische Hetze", ihre Positionen sind weitgehend mit denen der NPD identisch. Der 2008 in den Stadtrat gewählte BIA-Aktivist Karl Richter zählte zu den Rednern beim Neonazi-Marsch am 13.November, gegen den Tausende Münchner auf die Straße gingen.

Zudem zeigte der Mann mit Nickelbrille, der im Rathaus meistens schweigt, bei seiner Vereidigung als Stadtrat den Hitlergruß und wurde dafür zu einer Geldstrafe verurteilt. Anträge stellt Richter bevorzugt zu Themen wie den Sicherheitsvorkehrungen jüdischer Einrichtungen, der Hygiene an Dönerbuden oder der angeblichen Unterdrückung Deutscher durch ihre ausländischen Mitbürger.

Wie Richter zum Ausländerbeirat steht, hat er bereits aktenkundig gemacht: durch einen Antrag auf dessen Abschaffung. Knetsch ist nach Informationen der Fachstelle an nahezu jedem Münchner Infostand von BIA und NPD anzutreffen und nehme des öfteren an Neonaziaufmärschen teil. Schießl verfasse Artikel in der Parteizeitung der NPD.

Oberbürgermeister Ude zeigte sich empört über den Versuch, die politische Vertretung der Münchner Migranten zu unterwandern. Es sei "zynisch, dass Rechtsextremisten, die gegen Ausländer Stimmung machen, sich unter einer Tarnkappe nochmals in ein Rathaus einschleichen". Cumali Naz, der Vorsitzende des Ausländerbeirats, findet es "absurd, dass eine Person, die unter der Parole Ausländerstopp zur Kommunalwahl antritt, jetzt für die Interessensvertretung der Ausländer kandidiert". Auch Naz warb für eine hohe Wahlbeteiligung, um ausländerfeindlichen Kräften etwas entgegenzusetzen. Grünen-Fraktionschef Siegfried Benker bezeichnete die Idee, "NPD-U-Boote" auf den Listen unterzubringen, als "pervers".

Die Liste "ALK-Allgemeine Länderkooperation" wurde nach Angaben der Fachstelle von der Münchner Naturkosthändlerin Raffaela de Lio gegründet, die sich für verstärkte Integrationsbemühungen einsetze - weniger die Deutschen als vielmehr die Ausländer stünden dabei in der Pflicht. Wie zwei ihrer Mitkandidaten versicherte sie allerdings, vom rechtsextremen Hintergrund Schießls und Knetschs nichts gewusst zu haben.

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