München: Razzia bei BMW:Die Diebe vom Fließband

Schaden in Millionenhöhe: Bei BMW sollen Mitarbeiter Autoteile gestohlen haben. Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft - unter anderem wegen Hehlerei und Betrugs.

Susi Wimmer

Die Polizisten marschierten geradewegs in die Fertigungshalle von BMW am Petuelring 130 in Milbertshofen: Dort nahmen sie am Mittwoch zwei Mitarbeiter des Konzerns fest. Die Männer stehen in dringendem Verdacht, Autoteile in großem Stil gestohlen und weiterverkauft zu haben. Der Schaden geht nach Auskunft von Oberstaatsanwältin Barbara Stockinger "in die Hunderttausende", nach Informationen der SZ soll er in Millionenhöhe liegen. Insgesamt habe man rund um den Autoteile-Klau 18 Tatverdächtige ermittelt, so Stockinger.

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Schlüsselrohrringe oder Schalthebel: 18 BMW-Mitarbeitern wird vorgeworfen, Autoteile gestohlen zu haben. (Archiv) 

(Foto: dapd)

"Banden- und gewerbsmäßiger Diebstahl, Hehlerei sowie Betrug" lauten die Vorwürfe, die die Staatsanwaltschaft gegen die 18 Männer erhebt. Die Verdächtigen sind zwischen 24 und 54 Jahre alt. Zwei von ihnen sollen bei BMW beschäftigt sein, sie stammen aus dem Landkreis Freising. Ein weiterer Hauptverdächtiger arbeitet bei einem Zulieferunternehmen. Die restlichen Bandenmitglieder sollen die drei mutmaßlichen Haupttäter beim Transport, bei der Lagerung und dem Weiterverkauf der Teile unterstützt haben.

Die bei BMW hauptsächlich in der Fertigung angestellten Arbeiter sollen schon seit längerem alle möglichen Autoteile abgezweigt haben: Von Schlüsselrohlingen über Radnabenabdeckungen oder Schalthebel sollen sie alles mitgenommen haben, was nicht niet- und nagelfest war. Ihre Haupteinnahmequelle allerdings sollen hochwertige Autositzgarnituren und Einzelsitze gewesen sein.

Durch vorgetäuschte Produktionsaufträge ließen sie laut Polizei die Sitze für BMW-Fahrzeuge herstellen, anschließend stahlen sie demnach die hochwertigen Produkte aus dem Betrieb. Wie sie die Teile unbemerkt aus der Fertigungshalle schmuggeln konnten, ist noch unklar. Draußen jedenfalls warteten demnach schon die Komplizen. Die BMW-Originalteile sollen sie über Internetauktionen und Fachforen verkauft haben. Nach Informationen der SZ war die Bande mindestens seit 2009 mit dieser Masche erfolgreich.

Haftbefehl gegen drei Verdächtige

Am Mittwoch setzte die Polizei dem Treiben ein Ende: Fahnder standen bei BMW vor den Werkstoren, zeitgleich wurden 21 Wohnungen und gewerbliche Objekte im Raum Oberbayern und München durchsucht. "Die Männer müssen erst einmal vernommen werden", sagte Oberstaatsanwältin Barbara Stockinger. Nach Informationen der SZ hatte die Polizei die verdächtigen Mitarbeiter seit Anfang Oktober im Visier. Gegen drei der Tatverdächtigen erging Haftbefehl.

Dass die Bande überhaupt aufflog, ist dem hauseigenen Ermittlungsdienst von BMW zu verdanken. Wie Konzernsprecher Michael Rebstock der Süddeutschen Zeitung sagte, zeigte BMW selbst "die Sache bei der Polizei an". Man warte nun die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ab und werde sie nach Kräften unterstützen. Wie die Beschäftigten es geschafft haben, die BMW-Autoteile aus der Fertigungshalle zu schleusen, ist auch für den Firmensprecher noch ein Rätsel. Normalerweise sei dies alles andere als einfach.

Dass Mitarbeiter am Arbeitsplatz Autoteile stehlen, komme bei BMW selten vor. "Aber bei 31.000 Beschäftigten am Standort München kann schon mal ein schwarzes Schaf dabei sein." Zuletzt gab es einen ähnlichen Vorfall im Mai 2006: Damals wurde eine Bande festgenommen, die in München mit gestohlenen Ersatzteilen von BMW und Mercedes gehandelt hatte.

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