Jungpolitiker im Landkreis München:Ratssaal statt Kneipe

Jungpolitiker im Landkreis München: Nur wenige junge Menschen haben Lust, sich neben dem Studium oder dem Berufseinstieg noch die mühselige Gemeinderats- oder Stadtratsarbeit anzutun.

Nur wenige junge Menschen haben Lust, sich neben dem Studium oder dem Berufseinstieg noch die mühselige Gemeinderats- oder Stadtratsarbeit anzutun.

(Foto: Stephan Rumpf)

Fast überall reihen sich in den Gemeinderäten graue Haarschöpfe an weiße. Doch es gibt Ausnahmen. Die SZ stellt sechs junge Menschen vor, die sich in der Kommunalpolitik engagieren. Einer will sogar Bürgermeister werden, aber nur, wenn ihm seine Frau dann nicht wegläuft.

Von Ruth Eisenreich, Mitarbeit: David Knapp

Junge Menschen interessieren sich nicht für Politik, heißt es oft, die Politikverdrossenheit sei bei ihnen besonders stark ausgeprägt. Tatsächlich gaben bei den Bundestagswahlen 2013 unter den 21- bis 25-Jährigen nur 60 Prozent ihre Stimme ab, der niedrigste Wert aller Altersgruppen. Auf allen Ebenen mangelt es Parteien und politischen Gremien an Nachwuchs. Unter den 631 Bundestagsabgeordneten etwa sind nur sieben jünger als 30 Jahre alt, im Kreistag des Landkreises München sind es vier von 70 - drei aus der CSU sowie die 24-jährige Bela Bach, die vor kurzem auch zur SPD-Kreisvorsitzenden gewählt wurde.

Bereits auf den Listen für die Kreistagswahl im vergangenen Jahr sah es nicht viel besser aus: Zehn Kandidaten unter 30 hatte die CSU aufgestellt, sechs die FDP, jeweils vier die SPD und die Grünen, drei die Freien Wähler.

Reif genug für ein politisches Mandat?

Auch auf der untersten politischen Ebene, in den Gemeinderäten, reihen sich überall in Deutschland graue Haarschöpfe an weiße. Nur wenige junge Menschen haben Lust, sich neben dem Studium oder dem Berufseinstieg noch die mühselige Gemeinderatsarbeit anzutun - wenn sie denn überhaupt nach dem Abitur in ihrer Heimatgemeinde bleiben und nicht in eine Großstadt ziehen, zu deren Kommunalpolitik sie keinen Bezug haben.

Ist man mit unter 30 überhaupt reif genug für ein politisches Mandat? Einerseits sollen politische Gremien möglichst die gesamte Bevölkerung repräsentieren, und Parteichefs und Bürgermeister beteuern, dass sie immer auf der Suche nach jungen Talenten seien. Andererseits müssen die Jüngeren, wenn sie es denn versuchen, oft erst einm al darum kämpfen, ernst genommen zu werden - und manche stellen irgendwann fest, dass sie sich der Politik doch nicht gewachsen fühlen (eine Selbsterkenntnis, die wohl auch manch älterem Politiker gut täte).

Mitte Mai ist die 19-jährige Ottobrunnerin Gemeinderätin Christina Schutz von ihrem Amt zurückgetreten. "Ich habe gemerkt, dass ich noch nicht so weit bin, um mich aktiv einzubringen, dass mir dafür die Erfahrung fehlt", sagte sie im Gespräch mit der SZ. Sie habe ihrer Gemeinde etwas zurückgeben wollen, "nur hat dann die Erkenntnis eingesetzt, dass ich genau diesem Anspruch nicht gerecht werden kann."

Zwei Gemeinsamkeiten

Aber es gibt sie, junge Leute, die sich in der Kommunalpolitik zwischen oft doppelt, womöglich drei Mal so alten Kollegen behaupten. Was treibt diese Menschen an, sich schon während des Studiums in den Gemeinderat wählen zu lassen? Was sind das für Leute, die abends über Abstandsflächenverordnungen und Straßenausbaubeitragssatzungen diskutieren, statt mit Freunden auf ein Bier zu gehen? Sechs Gemeinderäte unter 30 stellt die SZ vor: David Grothe (Grüne Taufkirchen), Gerald Kunzmann (FDP Ottobrunn), Sebastian Pflumm (USU 100% Neubiberg), Annabella Wünsche (CSU Grünwald), Nihan-Serra Yamak (SPD Garching) und Alexander Zimmermann (UWV Feldkirchen).

Eine Erkenntnis vorab: Auch wenn sich die sechs Politiker in vielerlei Hinsicht unterscheiden, lassen sich zwei Gemeinsamkeiten feststellen. Mit einer Ausnahme kommen alle Porträtierten aus politisch aktiven Familien - drei der sechs sitzen für die selbe Partei im Gemeinderat, für die sich auch ihre Eltern engagieren. Die meisten von ihnen sehen sich dezidiert als Kommunalpolitiker. Keiner strebt offen eine Karriere in der Partei oder auf Landes- oder Bundesebene an.

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