München: Olympiabewerbung:Schaut mal hierher, liebe IOC-Leute!

In diesen Tagen sind die IOC-Verantwortlichen unterwegs - und prüfen die Olympiakandidatur auf Herz und Nieren. Wo München bereits jetzt olympiatauglich ist: Eine Bustour in Bildern.

10 Bilder

Kapelle des verstorbenen Väterchen Timofej, 2006

Quelle: Robert Haas

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In diesen Tagen sind sie unterwegs zwischen München und Garmisch, die geheimnisvollen Männer und Frauen; im Auftrag des IOC sollen sie die Olympiatauglichkeit der Bewerberstadt überprüfen. Klar, dass die Evaluierungskommission das Olympiastadion und den Standort fürs olympische Dorf an der Dachauer Straße besichtigen muss. Für eine vollständige Beurteilung Münchens als Weltsportmetropole reicht das aber nicht aus. Für München sprechen andere bisher unterschätzte Faktoren - die SZ hat daher die ideale IOC-Bustour zusammengestellt.

Münchner Eremitage

Beim ersten Stopp am Olympiapark kann die Kommission bestaunen, was passiert, wenn die für die Spiele verplanten Flächen gar nicht zur Verfügung stehen. Das mit einfachsten Mitteln erbaute Kirchlein des seligen Väterchen Timofej, das eigentlich einer Reitanlage für die Sommerspiele 1972 weichen sollte, schmückt bis heute das Areal am Tollwood-Gelände. Der russische Eremit wollte damals partout nicht weichen - und die Olympia-Planer mussten woanders bauen. So hartnäckig werden wohl nicht mal die Garmischer Bauern sein.

Ehemaliger S-Bahnhof Olympiastadion in München, 2010

Quelle: Catherina Hess

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Das Museum des Stillstands

Gleich danach ist noch Zeit für eine Besichtigung des S-Bahnhofs Olympiastadion. Der 1972 eröffnete Bahnhof mit vier Gleisen ist längst ein anerkanntes Kunstwerk, ein Monument der postolympischen Melancholie. Fuhren bis 1988 zumindest zu Großveranstaltungen noch Züge, so ist der Bahnhof nun ein reiner Erinnerungsort. Die Gleise haben keine Verbindung mehr zum S-Bahn-Netz, die Oberleitung fehlt, aber das Gefühl ist da, wenn man hier steht: Gleich muss etwas passieren, gleich kommt der Läufer mit der olympischen Flamme vorbei!

Neue Polizeiautos für die bayerische Polizei, 2006

Quelle: dpa/dpaweb

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Dein Olympiafreund und -helfer

Mit Schnee und mit Kanonen kennen sie sich aus bei der Polizei. Also: unbedingt mal vorbeischauen, aber nicht nur bei Drogenfahndern und Mordermittlern. Alle, wirklich alle Polizisten in München sind Olympia-Fans, das hat der Innenminister so angeordnet. Und weil er auch gleich selbst die Streifenwagen mit Olympia-Werbung beklebt, weiß jeder Schupo: "Ich bremse auch für IOC-Mitglieder!" Apropos bremsen: Die Delegation muss unbedingt testen, wie schnell Sportler und Funktionäre auf der (während Olympia gesperrten) Leopold- und Ludwigstraße zur Medaillenverleihung hinterm Rathaus gefahren werden können. Tempo 180 am Siegestor - kein Problem!

Ribery auf dem Weg zum Arzt

Quelle: dpa

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Der heilende Herrscher

In der Bibel steht, dass gute Medizin nicht auf Apparaten oder Pillen beruht: Jesus heilte die Lahmen auf ganz eigene Weise. In München ist diese individuelle Behandlungsmethode ebenfalls möglich. Für ältere IOC-Agenten könnte sich daher ein Besuch im Alten Hof lohnen, wo vor langer Zeit die Wittelsbacher Herzöge in kalten Gemäuern schlotterten. Keine Sorge: Der Orthopäde, der dort herrscht, logiert in einer wohltemperierten Designerpraxis, er hat tolle Geräte und noch tollere Assistentinnen, vor allem aber verfügt Dr. Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt über göttliche Hände, die schon manchen Spitzenathleten und Spitzenfunktionär wieder in die Spur gebracht haben. Aber bitte rechtzeitig einchecken, des Doktors Zeit ist knapp.

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Quelle: Ulla Baumgart

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Grüne Spiele im Müllgebirge

Skeptiker sollten sich nicht verunsichern lassen: München kann ohne weiteres auch ohne Garmisch-Partenkirchen die Winterspiele ausrichten. Schließlich ist der Müllberg Großlappen als ideale Öko-Piste im Gespräch - wo, wenn nicht dort, wären grüne Spiele möglich? Allerdings dürften die Abfahrtsläufe im Fröttmaninger Gebirge etwas kürzer ausfallen als in Vancouver oder Sotschi; der von einem Münchner Konzern hergestellte Kunstschnee wird dafür umso griffiger sein.

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Quelle: Alessandra Schellnegger

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Champagner unterm Heizpilz

Bei den Spielen von 2018 müssen Tausende VIP-Gäste mit Essen und Trinken versorgt werden. Als Catering-Kandidat kommt nur einer in Frage: der für seine robuste Urigkeit weltberühmte Stargastronom Sepp Krätz. Als Wiesnwirt im Hippodrom ist er Chef einer anerkannten Sportarena, als Motivations- und Mentaltrainer hat er sich nicht nur im eigenen Mitarbeiterkreis einen vorzüglichen Ruf erarbeitet. Deshalb ist es zwingend, dass die Gäste vom IOC auch mal das Andechser am Dom besuchen: Après-Ski-Wahnsinn gibt es dort sogar ohne Liftanlage, unterm Heizpilz schmeckt der Champagner besonders gut.

Fahrkartenautomat

Quelle: Günther Reger

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Zonen und Ringe

Weil 40 Euro für eine Fahrt etwas teuer ist, sollte sich das IOC mit dem Kauf von Fahrkarten für öffentliche Verkehrsmittel befassen. Ein Blick auf MVV-Automaten offenbart den Zugang in eine andere Welt - die der Zonen und Ringe, der Kinderfahrkarten und Spezialbestimmungen für die Beförderung von Fahrrädern. Das bis ins letzte Detail ausdifferenzierte System dürfte vor allem Delegationsmitglieder überzeugen, die schon einmal mit einem indischen Tuktuk-Fahrer über das Entgelt für einen unfreiwilligen Abstecher zur Schneiderei eines nahen Verwandten diskutiert haben.

Lange Nacht der Museen: Die Abgusssammlung in der Meiserstraße, 2004

Quelle: CATH

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Wahre Athleten

In der Welt der Sportfunktionäre funktioniert nichts ohne Codes und Abkürzungen, deshalb ist davon auszugehen, dass die Touristen vom IOC auch das MFA auf dem Radar haben. MFA, eine Agentur für Multimedia und Franchising? Nicht ganz, im Münchner Museum für Abgüsse stehen Menschen aus Fleisch und Gips. Es geht um Körperbeherrschung, gespannte Sehnen, Muskelkraft. Die antiken Sporthelden aus dem MFA in der Katharina-von-Bora-Straße tragen keine Sponsorenanzüge, sie sind, wie die Götter sie schufen: nackt und makellos.

Günther Zahn entzündet das Olympische Feuer bei den Olympischen Spielen 1972

Quelle: dpa/dpaweb

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Der Geist von Otl Aicher

Im Gärtnerplatzviertel gibt es einen Ort, an dem bis heute der berühmte Dackel Waldi und andere Devotionalien an die Sommerspiele von 1972 erinnern: das "München 72" in der Kohlstraße, gleich neben dem Europäischen Patentamt. Dort gibt es Spezialitäten wie Schinkennudeln und Kasspatzen, also endlich mal solide Hausmannskost für Funktionäre, die keine Gourmetlokale mehr sehen können. Das "München 72" mit den Piktogrammen von Otl Aicher ist schlicht und ergreifend: ein Museum für guten Stil.

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Quelle: Robert Haas

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Olympisches Volkstheater

Jetzt fehlt nur noch ein Mann für die ganz große Bühne, ein Zauberer für die Eröffnungsfeier - in der Brienner Straße wartet er auf Publikum. Regisseur Christian Stückl hat am Volkstheater gezeigt, wie man Shakespeare so inszeniert, dass es auch der Bayer versteht. Er hat Hunderte Oberammergauer ebenso in den Griff bekommen wie renitente niederbayerische Schuhplattler bei der Fußball-WM 2006. Bei den Winterspielen 2018 gibt es also nur eine Möglichkeit: Der kolossale Christian Stückl spielt sich selbst in den Olymp.

© SZ vom 28.02.2011/Christian Mayer / Dominik Hutter / Stefan Simon / Stefan Handel/caj/tob
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