München: Familienbericht:Nichts für Kinder

München ist wohl nicht für Kinder gemacht: Der erste Familienbericht zeigt, dass vor allem junge Familien der Stadt den Rücken kehren und ins Umland ziehen. Schuld daran sind die hohen Mieten.

Sven Loerzer

Während vor allem junge Menschen gern zur Ausbildung, zum Studium und zur Arbeit nach München ziehen, verlassen viele von ihnen die Stadt wieder in Richtung Umland, sobald sie eine Familie gründen. Auch innerhalb der Stadtgrenzen ist der Anteil der Familien, die an der Peripherie leben, erheblich höher als in zentralen Vierteln. Ursachen dafür sind Wohnungsangebot und Mietpreise. Dies geht aus dem ersten "Münchner Familienbericht 2010" hervor, den Sozialreferentin Brigitte Meier nächste Woche dem Stadtrat vorlegen wird.

Familien in München

"Große Familien leben am Rand der Stadt, kleine im Zentrum" - Die Graphik zeigt die Haushalte mit Kindern in München. (Foto: AP)

(Foto: SZ-Graphik: Ilona Burgarth)

Familien sind zwar in München weiterhin eine Minderheit, aber keine unbedeutende: In knapp 125.000 der rund 750.000 Privathaushalte - das entspricht einem Anteil von 16,8 Prozent und damit dem Niveau anderer Großstädte - leben Erwachsene mit insgesamt rund 195.000 Kindern. Der Anteil, so heißt es in dem vom Sozialreferat erstellten Bericht, habe sich in den letzten 20 Jahren nicht wesentlich verändert. Auch der Altersaufbau ist in München relativ stabil, dank des Geburtenüberschusses und des Zuzugs überwiegend jüngerer Menschen.

Auffallend ist, dass 2009 rund 6500 Verheiratete mehr aus München weg als in die Stadt zugezogen sind. Der Wanderungsstatistik nach, die Familien nicht insgesamt erfasst, haben auch mehr Kinder unter 14 Jahren die Stadt verlassen, als neue hinzugezogen sind, der Saldo liegt bei etwa 2900. Daraus wird deutlich, "dass vor allem Eltern mit ihren Kindern die Stadt in größerer Zahl verlassen". In der Altersgruppe der 14- bis 20-Jährigen überwiegt dagegen der Zuzug, im Saldo sind es 3400 mehr, was vor allem mit Ausbildung und Studium zusammenhängen dürfte.

Dass München "bunt" ist, wie oft beschworen wird, zeigt sich auch an den Familien: In rund 40 Prozent lebt mindestens ein ausländischer Elternteil. Ein gutes Fünftel aller Haushalte mit Kindern stellen Alleinerziehende. Mehr als die Hälfte aller Familien (55 Prozent) hat nur ein Kind, mehr als ein Drittel (35,3 Prozent) zwei Kinder. Nur 7,8 Prozent der Familien haben drei und gerade noch 1,8 Prozent vier oder mehr Kinder.

Der Stadtbezirk mit den meisten Kindern und Jugendlichen, mehr als 17000, ist Ramersdorf-Perlach, während im kleineren Bezirk Altstadt-Lehel keine 2000 Kinder und Jugendliche leben. Am niedrigsten ist der prozentuale Anteil der Familien an allen Haushalten in der Maxvorstadt (9,5 Prozent), am höchsten in Trudering-Riem (26,6 Prozent). In der Messestadt sind in den letzten Jahren viele familiengerechte und öffentlich geförderte Wohnungen entstanden. Auch bei der Familiengröße zeigt sich ein deutlicher Trend: "Große Familien leben am Rand der Stadt, kleine im Zentrum."

Sehr breiten Raum nimmt in dem 164Seiten umfassenden Familienbericht die Darstellung von "Handlungsfeldern" ein. Die Stadt stellt hier allgemeine Diagnosen und zeigt detailliert auf, was sie bereits unternimmt, um Familien zu unterstützen. Dies mündet in eher generellen "Handlungsempfehlungen". So heißt es, um die Abwanderung von Familien zu verhindern, solle die Stadtpolitik "neben den zahlreichen Wohnbauförderprogrammen auch andere Aspekte des Stadtlebens und Bedarfe der Stadteinwohner hervorheben", wie etwa "sozialräumliche Infrastruktur, Kindertagesbetreuungsplätze, Bildungswesen".

Ähnlich lesen sich die Forderungen an die Politik. Sie soll möglichst bald eine Familien-Internetplattform im Portal der Stadt schaffen und Familien mit Kindern "im öffentlichen Raum sichtbar machen und beteiligen".

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