Mitten im Landkreis:Eine runde Sache

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Endlich ist ausreichend Schnee da, um mit der Drei-Kugel-Technik einen - allerdings vergänglichen - Freund in den Garten zu zaubern

Von Michael Morosow

Liebe Kinder, Frau Holle hat in den vergangenen Tagen ja reichlich Betten geschüttelt, weshalb ihr jetzt endlich einen Schneemann bauen könnt. Also dann, warm anziehen und schnell raus auf die Wiese, wo das Baumaterial bereitliegt. Und damit es ein schönerer, imposanterer Schneemann wird, als der Vater je zustande gebracht hat, beherzigt bitte die folgende ultimative Bauanleitung für einen grandiosen Schneemann, basierend auf der traditionellen Drei-Kugel-Technik. Das Baumaterial: Wenn der Schneemann nicht aussehen soll wie Homer Simpson, macht einen Bogen um die vom Nachbarhund gelb markierten Stellen. Dann Baumaterial nach Konsistenz untersuchen, dazu einen Schneeball in den Mund schieben. Fühlt er sich an wie Kartoffelpüree, dann passt's eigentlich. Sicherheitshalber aber einen zweiten Schneeball formen und damit auf den Nächstbesten zielen. Dessen Reaktion gibt genauere Aufschlüsse über das Baumaterial. Lacht er, ist der Schnee zu fluffig, fällt er um wie eine Bahnschranke, ist der Schnee zu hart. Wird er wütend und holt zum Gegenschlag aus, dann ist der Schnee perfekt.

Anschließend einen dritten Schneeball formen und ihn zuerst mit zwei Fingern über die verschneite Wiese rollen, dann mit der ganzen Hand, dann mit zwei Händen, dann mit aller Kraft und dem Einsatz des ganzen Körpers. Wenn sich die Sonne verdunkelt, nicht mehr weiter rollen. Den vierten Schneeball weder werfen noch essen, zu einer kleineren Kugel rollen und mithilfe von Eltern und Geschwistern auf den Torso hieven. Aus dem fünften Schneeball, klar, wird der Kopf geschaffen. Nun, liebe Kinder, kommt eine Technik zur Anwendung, die dem Schneemann vielleicht ein wenig unangenehm ist, aber letztendlich sein Leben verlängert. Erfahrene Schneemann-Designer nennen dieses Verfahren "Stock-im-Po-Technik". Dazu benötigt ihr einen langen geraden Stock, den ihr ihm in..., ihr wisst schon. Dieses "Rückgrat" verhindert, dass der Schneemann schon bei den ersten Sonnenstrahlen seine Haltung verliert und am Ende gar umfällt wie eine Bahnschranke. Kluge Bauherren schaufeln neben dem Schneemann übrig gebliebenes Baumaterial zu einem riesigen Haufen, um damit gegebenenfalls schadhafte Stellen nachmodellieren zu können.

Ganz am Schluss könnt ihr eure Fantasie walten lassen, wobei Karottennasen und Kohleaugen irgendwie Pflicht sind. Bereits die Ur-Ur-Großväter der heutigen Schneemann-Generation atmeten durch Karottennasen und blickten aus zwei kleinen Kohlestücken in die Welt, ehe sie, in Tränen aufgelöst, diese wieder verlassen mussten. Deshalb der allerletzte Tipp, auch vor dem Hintergrund der Erderwärmung: Schneemänner, die mit der Zeit gehen, tragen Sonnenbrille.

© SZ vom 19.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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