Mitten in Taufkirchen:Briefe an den besten Freund

In Zeiten von Facebook und E-Mails sind echte Papiernachrichten selten geworden. Nicht jedoch bei Jörg Pötke, er schreibt an sich selbst

Von Iris Hilberth

In Zeiten von E-Mail und Facebook ist es selten geworden, dass sich Leute noch Briefe schreiben. Im Kuvert, mit einer schönen Marke darauf und handgeschrieben Grüßen auf gutem Papier. Klar: Das dauert viel zu lange und ist außerdem vergleichsweise teuer. Es muss schon einen besonderer Anlass geben, um zum Stift zu greifen und anschließend zum Briefkasten zu laufen. Es soll aber Menschen geben, die noch regelmäßig Briefe schreiben. Und wenn sie diese nur an sich selbst adressieren.

Möglicherweise kennen sie niemanden, den sie mit Post beglücken könnten. Oder sie handeln nach dem Motto: Wenn mir sonst keiner schreibt, tue ich das eben selbst. Manche sehen darin sogar eine Art Selbstcoaching. Briefe aus der Vergangenheit können durchaus in der Zukunft motivieren, aufmuntern oder wenigstens belustigen. Einer jedenfalls, der sich selbst regelmäßig Briefe schickt, ist Jörg Pötke. Das gibt der ehemalige Bürgermeister von Taufkirchen offen zu. Und findet gar nichts dabei.

Man kann sich wunderbar ausmalen, was in diesen Briefen wohl drinsteht: "Lieber Jörg, ich weiß, man hat Dir übel mitgespielt . . ." Oder: "Sehr geehrter Herr Pötke, finden Sie es nicht auch ungerecht, dass die aufgesparten 76 Urlaubstage aus ihrer Amtszeit nun verfallen sind?" Oder: "Hallo Herr Doktor! Die Sache mit den neuen Postleitzahlen ist eine Frechheit . . ." Enden könnten diese Zeilen dann mit den Worten: "Du kannst immer auf mich zählen!" Oder: "Lassen Sie sich nicht unterkriegen." Pötke, der ja für sein Mitteilungsbedürfnis und ausgefeilte Formulierungen bekannt ist, fiele da sicher was ein. Nur: Angeblich steht gar nichts drin in diesen Briefen.

Pötke schickt nach eigener Aussage nur leere Umschläge an sich selbst, um zu testen, ob die neue oder die alte Postleitzahl in der Siedlung am Birkengarten besser funktioniert. Einen signifikanten Unterschied hat er noch nicht feststellen können. Mal kommt der Brief mit "82024 Taufkirchen" zuerst an, dann der mit "Taufkirchen, Post: 85521 Ottobrunn". Und das, obwohl der eine einen Umweg von rund 14 Kilometern über das Postamt am Lindenring nehmen muss. Es gibt also noch kein aussagekräftiges Ergebnis. Pötke muss sich auf eine Langzeitstudie einstellen. Es könnte also der Beginn einer wunderbaren Brieffreundschaft sein.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: