Mitten im Landkreis:Schöne Grüße an die Lieben

Dieser Tage landet wieder die verspätete Urlaubspost im Briefkasten. Die Ansichtskarte hat trotz WhatsApp und Facebook überlebt

Von Iris Hilberth

Das gibt's ja nicht! Jetzt ist der Dings schon wieder im Urlaub. War der nicht vor zwei Monaten erst in der Türkei, und nun schickt er uns eine Karte aus Istanbul? Der hat ein Leben. Andererseits: Wie lang braucht eigentlich eine Postkarte vom Ferienort bis in den Landkreis München? Lang, sehr lang, manchmal sogar zwei Monate. Und in der Regel liegt das nicht am Poststreik.

Wer schickt heute noch Ansichtskarten? Mehr Menschen als man denkt, und nicht nur an die Oma, die das so gewohnt ist und beleidigt wäre, würde sie keine lieben Grüße mit Meer, Strand, Bergen oder Inseln bekommt, obwohl man mehrmals angerufen und versichert hat, dass alles ganz wunderbar ist. Kartenschreiben gehört offenbar in Zeiten von WhatsApp, Rundmail und Facebook immer noch zur gängigen Urlaubsbeschäftigung. Bei weitem zwar nicht mehr so wie früher, aber vom Aussterben bedroht ist die gute alte Ansichtskarte offenbar noch lange nicht.

Man muss sich das so vorstellen: Erst sitzen alle in dem kleinen Café mit Wlan, tippen eifrig auf ihren Handys herum und verschicken Grüße, um dann anschließend am Kiosk doch ein paar Karten zu kaufen, die immer noch mit der Hand beschrieben werden müssen. Wohl wissend, dass die erst viel später, wenn man meist längst wieder zu Hause ist, beim Adressaten ankommen.

Woran das liegt, dass in einer Zeit, in der alles wahnsinnig schnell gehen soll, die Postkarten dermaßen durch die Gegend trödeln, bleibt das Geheimnis der Post in den Urlaubsländern. Vielleicht werden dort die bunten Ansichten erst einmal auf einen großen Stapel gelegt, der dann nach der Ferienzeit langsam abgebaut wird. Schließlich könnte man sich ja sagen: Wer heute noch Postkarten schreibt, hat nichts Eiliges mitzuteilen. Wenn doch, kann man per App auch ein Foto an diverse Anbieter in Deutschland schicken, die daraus eine Postkarte basteln und gleich verschicken.

Noch einfacher geht es, wenn man gar nicht erst wegfährt und sich im Internet Postkarten für die Lieben aus einem beliebigen Land bestellt. Sieht ganz echt aus. Und weil Karten bekanntlich so lang unterwegs sind, fällt der Schwindel garantiert auch nicht auf.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: