Mitten im  Landkeis:Nachbarn zum Ärgern

Der Frömmste kann nicht in Frieden lebe, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt. Das wusste schon Schiller. Und einen Nachbarn will keiner haben: Gauland

Von Lars Brunckhorst

Schon Friedrich Schiller lebte im Zwist mit seinen Nächsten. Verdanken wir ihm doch die Erkenntnis, wonach der Frömmste nicht in Frieden leben kann, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt. Die sozio-kulturelle Bedeutung der Nachbarschaft wird allein dadurch klar, wenn man das Wort Nachbarn in eine Internet-Suchmaschine eingibt. Diese schlägt an zweiter Stelle den Suchbegriff "Nachbarn ärgern" vor und listet dazu 239 000 Treffer auf. Es ist, so viel steht fest, nicht gut bestellt um das nachbarschaftliche Verhältnis.

Dieses hat seit dem Wochenende weitere Wendungen erfahren. Seit der AfD-Vize Gauland behauptete, die Deutschen wollten den Fußball-Nationalspieler Boateng nicht als Nachbarn, widerspricht nicht nur die Netz-Gemeinde. "Jérôme, zieh bei uns ein!", heißt es tausendstimmig in sozialen Medien und auf Fußballplätzen. Hinzu kommen jene, die umgekehrt auf keinen Fall den Rechtspopulisten neben sich wohnen haben wollen. Zu ihnen gehört auch der CSU-Bundestagsabgeordnete Florian Hahn. Er verkündete: "Auf einen Nachbarn Gauland möchte ich gerne verzichten." Abgesehen von der Frage, ob der Potsdamer einen Umzug nach Putzbrunn erwägt, wo Hahn zu Hause ist, fallen einem noch mehr Leute ein, die man eher nicht als Nachbarn haben möchte.

Auf Hahn bezogen, könnte man vermuten, dass Kerstin Schreyer-Stäblein ihren Parteifreund nicht unbedingt neben sich wünschte. Schließlich hat dieser die Landtagsabgeordnete aus Unterhaching vor einem Jahr in einer Kampfabstimmung um den Parteivorsitz im Landkreis besiegt. Bei den Sozialdemokraten in München-Land wiederum steht zu vermuten, dass ihre Vorderleute Peter Paul Gantzer und Annette Ganssmüller-Maluche, die sich gerade über einen offenen Brief an Parteichef Gabriel zoffen, froh sind, ein Stück voneinander entfernt zu wohnen. Und bei der FDP schließlich wird der Neubiberger Schlagersänger-Kreisrat Tobias Thalhammer keinen gesteigerten Wert darauf legen, mit seinem Parteikollegen Jörg Scholler Tür an Tür zu wohnen, der vor zwei Jahren die Kreistagsfraktion der Liberalen sprengen wollte. Von Grünwalds Bürgermeister Jan Neusiedl (CSU) steht übrigens noch ein Bekenntnis zu seinem berühmten Gemeindebürger Boateng aus. Und eine Aussage dazu, was er von einem Umzug Gaulands an die Isar hielte.

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