M.I.A. in München:Die reine Provokation

Wahnwitzige Soundgewitter und visuelle Feuerwerke: Bei ihrem Konzert in der Muffathalle fährt M.I.A. schwere Geschütze auf.

Beate Wild

Beim ersten Song springt sie schon ins Publikum, beim zweiten holt sie so viele Fans zum Tanzen auf die Bühne, bis keiner mehr Platz hat. Mathangi Maya Arulpragasam, besser bekannt als M.I.A., ist ein zierliches, zerbrechliches Persönchen. Doch ihr Output ist das genaue Gegenteil: laut, frech energetisch, aufrüttelnd, schräg, provozierend.

M.I.A.

M.I.A heizte ihren Fans am Sonntagabend in der Münchner Muffathalle ein.

(Foto: Getty Images)

Doch bevor das Münchner Publikum in diesen Genuss kommt, muss es bis 22:30 Uhr warten. Als es dann aber endlich losgeht, geht es gleich in die Vollen. Mathangi Maya Arulpragasam bearbeitet die Münchner am Sonntagabend in der Muffathalle mit einem wahnwitzigen Soundgewitter und visuellen Feuerwerken. Oder um im Bild zu bleiben: Sie fährt schwere Geschütze auf. Denn das Einprägsamste an ihrer Musik sind die sich ständig wiederholenden Maschinengewehrsalven und Nachladegeräusche.

Die Krawalllady trägt gemusterte Leggings, auf der Nase eine pinke Plastiksonnenbrille und auf dem Kopf eine Che-Guevara-Mütze. Sie spielt viele Songs aus ihrem aktuellen Album Maya, aber auch alte Hits wie Bucky Done Gun aus ihrem ersten Werk Arular. Bei Born Free, dessen Video wegen brutaler Gewaltszenen in die Kritik geriet und auf der Video-Plattform YouTube gesperrt wurde, ist die ganze Szenerie in Rot getaucht. Auf der Videowand tropft das Blut in Strömen.

Auf der Bühne steht auch ein Rednerpult mit unzähligen Mikrofonen, an das die 35-Jährige immer wieder staatstragend springt. Im Hintergrund flimmern dazu knallbunte, psychodelische Bilder über die LED-Wand.

Street-Art-Bilder für Jude Law

M.I.A. knallt dem Publikum ihre Musik unverfroren um die Ohren. Der eigenwillige Sound der aus Sri Lanka stammenden Britin bedient sich aus unterschiedlichsten Genres: Hiphop, Ragga, Dancefloor, Dubstep und Gitarrensound. Die Energie, die von dieser Musik ausgeht, überträgt sich sofort auf das Münchner Publikum. Hier kann keiner einfach nur lässig in der Ecke stehen und zuhören. Hier wird getanzt - von der ersten Minute an.

Äußerst interessant ist auch die Biographie der Künstlerin. Als Kind floh die Tamilin mit ihren verfolgten Eltern von Sri Lanka nach London. Dort schaffte sie es aus der Sozialsiedlung auf die Kunstschule. Einige ihrer ersten Street-Art-Bilder verkaufte sie an den Schauspieler Jude Law. Erst später fängt sie an, Musik zu machen. Gerade ist ihr drittes Album erschienen. Wenn M.I.A. von Verfolgung, Gewalt und Terror singt, spricht sie aus eigener Erfahrung, von ihrer Kindheit auf der Flucht.

M.I.A. ist eine politisch-engagierte Sängerin. Und sie schafft es wie kaum jemand sonst, ihre Botschaften in einen eingängigen Spaß-Sound zu verwandeln. Der Höhepunkt des gerade mal eine Stunde dauernden Auftritts ist zugleich der Schluss: Paper Planes aus dem Film Slumdog Millionaire erklingt. Ein kurzes Vergnügen, doch ein absolut außergewöhnlicher Abend.

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