Menschen am Fluss:Stein-Kunst

Menschen am Fluss: Nass sind sie schöner: Laszlo Palffy gießt seine Isar-Kiesel.

Nass sind sie schöner: Laszlo Palffy gießt seine Isar-Kiesel.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Laszlo Palffy sammelt seit mehr als einem Jahrzehnt Isar-Kiesel und präsentiert die schönsten in seinem Atelier

Von Birgit Lotze

Laszlo Palffy hält den Isarkiesel für völlig unterschätzt, für ihn ist er "das älteste und größte bayerische Kulturgut". Er sei reif fürs Museum. Schon zweimal ist Laszlo Palffy an die Stadt München herangetreten, er sucht Unterstützung bei der Einrichtung eines kleinen Privatmuseums. Der geeignete Ort für eine dauernde Präsentation? Palffy schlägt ohne Zögern den Max-Joseph-Platz vor. "Zwischen Staatstheater und Schatzkammer - da wären die Isarkiesel würdig untergebracht."

Ist Laszlo Palffy an der Isar unterwegs, hat er meist eine grüne Gießkanne dabei. Langsam, Meter für Meter, sucht er den Boden ab, dreht am Ende der Schotterbank um, geht wieder zurück. Immer wieder vor und zurück, in Abständen von etwa einem Meter: " Man muss das ganze Gebiet systematisch absuchen, wie mit einem Metalldetektor." Ab und an schwenkt er die Gießkanne über einem Stein. Isarkiesel müsse man gießen, dann kämen die Strukturen erst richtig schön zur Geltung.

Der Isarkiesel kommt aus den Alpen und dem Alpenvorland. Die Masse des Gerölls auf den Münchner Kiesbänken bilden Kalke und Dolomite aus den Nördlichen Kalkalpen zwischen Karwendel und Kufstein. Zwischen Lenggries und Bad Tölz werden Sandsteine und besonders helle Kalke beigesteuert. Palffy sucht immer nur die Steine heraus, die eine besonders schöne oder charakteristische Form haben. Oder bunte, aus denen oft Kristalle blitzen, bräunliche Glimmersandsteine, klüftige Radiolarite. Manchmal erkennt man Fossilien: Kalkalgen im Wettersteinkalk, Muschelreste im Kössener Kalk oder Korallen. Die Mineralogie ist Laszlo eher egal, bei entsprechenden Nachfragen verweist er auf zwei Institute der Technischen Universität. Palffy ist Künstler und als solcher eher an der puren Schönheit der Steine interessiert, an ihrer Form, der Struktur.

Laszlo Palffy sammelt bereits seit mehr als einem Jahrzehnt, da kommt schon einiges zusammen, auch wenn man sich wie er nur am Wochenende - am liebsten im warmen Landregen - auf Kiesel-Schatzsuche begibt. Rund 25 Tonnen Steine habe er gesammelt, behauptet er. Gelagert hat er sie in rund 1000 Bäckerkisten, die meisten in der Fasanerie auf dem Gelände einer katholischen Hilfsorganisation mit viel Platz im Garten. Steine brauchen ja kein Dach.

Die schönsten Stücke nimmt er mit in sein "wildes Atelier" im Kreativquartier an der Dachauer und Schwere-Reiter-Straße. Dort hat er zwei Altare aufgebaut, flankiert von Energiepflanzen und einem Hirsedom. Auf ihnen hat er die Steine sortiert: hier die rosafarbenen, dort die Steine in schrillen Formen, unten graugrüne Schürfsandsteine, die angeblich nur bei Hochwasser unter dem Kies nach oben durchbrechen. Kommen Besucher, greift Palffy zur Gießkanne und leert sie mit kräftigen Schwüngen über Steine und Altar-Tischdecke: "Sonst sieht man ja nichts." Liebevoll verteilt er danach das Wasser gleichmäßig über einen Stein und hält ihn mit prüfendem Blick hoch. "Ein Dreizack. Verrückte Sache."

Inzwischen sammelt Palffy viel auf Baustellen. Er habe jeden Quadratmeter des Isarufers zwischen Flaucher und Hirschau abgesucht, alles bereits leergefischt. Seit dem Ausbau der Isar im vergangenen Jahrhundert, vor allem mit dem Sylvensteinspeicher, findet nicht mehr viel Geschiebe statt. Und der Isarkiesel liege ja nicht nur im Flussbett, sondern bedecke Tausende Quadratkilometer Fläche, ein Kilometer tief: "Eine plastische Vielfalt von gigantischem Ausmaß." Der Münchner Isarkiesel sei wesentlich besser in Schuss als das Geröll in anderen Flüssen - zum Beispiel Rheinkiesel, meint er. Und eine größere Ansammlung von Kieseln gebe es europaweit nur in Italien; die liege allerdings im Naturschutzgebiet, weshalb man dort nicht sammeln kann. Und wenn die Isar in die Donau fließt, bringt der Fluss nur noch zerriebenen Kleinkies mit.

Laszlo Palffy glaubt, weltweit die größte Isar-Kieselsammlung zu haben. Zwei Kollegen, ebenfalls Isarkiesel-Sammler, die er von Mineralien-Ausstellungen kennt, hätten ihm das bestätigt. Das Museum einzurichten, ist ihm wichtig; er stellt es sich etwa so vor wie das Valentin-Musäum oder das Spielzeugmuseum. Falls es ihm nicht gelingt, seine Kollektion dem Publikum in Vitrinen und Aquarien zu präsentieren, denkt er auch über eine "Billiglösung" nach. Er würde gerne "Landschaften" entlang von Gehwegen aufstellen - in Form von Steingärten mit Kleingewächsen. Selbstverständlich müsse man auch dort regelmäßig gießen, keine Frage. Laszlo Palffy kann sich auch Ausstellungen in Münchner U-Bahnstationen vorstellen; schließlich seien im Untergrund die Kiesel unter ihresgleichen.

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