Maibaumaufstellen:"Es ist eine heikle Angelegenheit"

Lesezeit: 3 min

Etwa fünf Tonnen wiegt ein Maibaum. Josef Hellwasser hat seit 1997 sieben Mal die Verantwortung für die Sicherheit beim Aufstellen getragen. (Foto: Claus Schunk)

Josef Hellwasser hat jahrelang darüber gewacht, dass beim traditionellen Hieven eines Maibaums in die Senkrechte nichts schief geht

Interview von Claudia Wessel

In diesem Jahr darf Josef Hellwasser, 63, zum ersten Mal seit 1997 beim Maibaum-Hochhieven der Helfendorfer Burschen einfach nur entspannt zuschauen. Er hat die Aufgabe des Aufstellers, der für die Sicherheit bei dieser Prozedur verantwortlich ist, freiwillig an den 28-jährigen Sebastian Brenner übergeben. Sieben Mal hatte Hellwasser die Funktion inne, viermal in Kleinhelfendorf, dreimal in Großhelfendorf.

Warum möchten Sie nicht mehr als Aufsteller tätig sein?

Hellwasser: Es ist mir zu stressig geworden. Ich habe jedes Mal einige Nächte vorher nicht geschlafen, aus Angst, dass etwas schief gehen könnte.

Das war aber nie der Fall.

Nein, ich habe wirklich Glück gehabt. Aber ich habe bei anderen Gemeinden einiges mitbekommen. In Otterfing etwa ist schon mal ein Baum umgefallen. Die sind aber dabei auch noch glimpflich davon gekommen, denn es hat sich nur einer den Fuß gebrochen. Die Zuschauer werden ohnehin immer mit Hilfe eines Zauns ferngehalten.

Gab es denn bei Ihnen mal einen kritischen Moment?

Nein, auch nicht. Aber ich habe mal einen solchen in einer Nachbargemeinde beobachtet. Da haben alle Scheren zu steil gestanden, man muss dann überlegen, welche man rausnimmt, dafür ist der Aufsteller verantwortlich. Und das ist eine heikle Angelegenheit. Die haben es dann aber auch geschafft.

Scheren?

Man stellt den Maibaum mit Hilfe von fünf bis sechs Paaren von Scherenstangen auf, die heißen so, weil sie sich kreuzen. Sie sind aus Fichte und die längsten sind 14 Meter lang. Die Scheren müssen auf die richtige Weite gebunden werden, sodass der Baum hineinpasst. Das macht bei den Helfendorfer Burschen seit vielen Jahren Hans Rutz, er misst den Baum dazu zehn oder 20 Mal an verschiedenen Stellen, damit er die passenden Scheren machen kann. Das war für mich immer eine Riesenunterstützung. Beim Aufstellen wird der gut fünf Tonnen schwere Maibaum die ersten Meter mit Hilfe eines Radladers hochgehoben. Dann werden die ersten Bohlen darunter geschoben. Den Rest der Arbeit machen dann rund 40 bis 50 Burschen mit den Scheren und ihrer Kraft, sie müssen also schon stark und gut trainiert sein.

Wie funktioniert das mit den Scheren?

Man zwickt mit den Scheren den Baum ein, dabei wird jede Schere von zwölf Mann gehalten, also jede einzelne Stange von sechs Mann. Die Scheren müssen dabei richtig verteilt sein, ich bin dann immer wieder um den Baum herumgegangen, um das zu kontrollieren. Am Anfang braucht man kürzere Scheren, je weiter es nach oben geht, desto länger müssen sie sein. Eine der heikelsten Aufgaben ist das Nachsetzen.

Warum?

Da nimmt man zwei Scheren raus, das heißt, die anderen müssen sehr gut sitzen, um den Baum noch zu halten. Die zwölf Männer bewegen sich dann nach innen, so dass die Schere nicht mehr zwickt, dann können sie sie am Baum herunterlassen. Ich rufe dann Halt, wenn es weit genug ist. Überhaupt müssen alle auf das Kommando des Aufstellers hören und sich konzentrieren. Ich habe auch manchmal welche rausgeholt, die mir zu betrunken wirkten oder Gaudi gemacht haben. Das geht nicht, denn das Aufstellen ist schwer und dabei muss man ernst bleiben. Wenn es dann geschafft ist, gibt es noch genügend Zeit zum Feiern.

Spielt das Wetter eine Rolle?

Ja, denn bei strömendem Regen ist es viel zu rutschig, das war auch in Otterfing der Grund. Dann würde ich es immer absagen, denn da könnte ich nicht die Verantwortung übernehmen.

Das Aufstellen dauert gut zwei Stunden. Gibt es da keine Pause für die Männer?

Nein, das geht nun mal nicht, da müssen sie durchhalten. Aber ich habe immer einmal eine kleine Pause machen lassen, indem ich jeweils für sechs Männer eine Radlermaß rausgegeben habe, die haben sie von einem zum anderen weitergereicht. Da konnte dann immer einer einen Schluck trinken und die anderen weiter festhalten.

Haben Sie selbst auch einen Schluck genommen?

Nein, nie. Erst wenn der Baum stand und festgeschraubt war. Aber diesmal kann ich mir ja schon am Anfang ein Bier genehmigen.

© SZ vom 29.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: