Landkreis:Wohlfühl-Klima

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Eine vierteilige Dokumentation des Bayerischen Fernsehens, die an Neujahr beginnt, lädt auf eine Rundreise durch den Landkreis München ein, um den Charme dieser Gegend aufzuspüren

Von Iris Hilberth, Landkreis

Die Kamera schweift über ein Konglomerat an Großmärkten, Outlet-Stores und riesigen Parkplätzen. Gewerbegebiet Brunnthal Nord, 27 Hektar. Eine Geschichte, die vor allem von Beton und Konsum erzählt. Schnitt. Grüne Landschaften mit glücklichen Pferden, am Horizont die Alpenkette. Schnitt. Ein Professor, der erklärt, wie man aus Algen Flugbenzin herstellt. Der Landkreis München, ein seltsames Gebilde, das sich wie ein Ring um die Landeshauptstadt legt, inhomogen, dafür aber vielfältig wie vielleicht kein anderer. Wer sich in Bayern auf die Suche nach der viel zitierten Symbiose von Laptop und Lederhose macht, wird in diesem dicht besiedelten Gebiet mit seinen 27 Gemeinden und zwei Städten feststellen, wie Tradition und Fortschritt auf engstem Raum miteinander auskommen. Der Bayerische Rundfunk (BR) versucht in einer vierteiligen Doku-Reihe vom 1. Januar an, den Charme dieser Gegend aufzuspüren. Mit "Geschichten aus dem Münchner Land" will der Kulturredakteur Michael Zehetmair vom Lebensgefühl der Menschen zwischen Garching im Norden, Haar in der Mitte, Sauerlach im Süden und Gräfelfing in Westen erzählen.

Das "Münchner Land" existiert als solches eigentlich gar nicht. Es gibt das Isartal oder das Würmtal, das Hachinger Tal oder den Münchner Norden. Zusammengefasst unter dem politischen Gebilde Landkreis München. Zehetmair hat daher seine Geschichten in vier 45-minütige Sendungen gepackt, die er nach den Himmelsrichtungen sortiert und benennt. Acht Drehtage pro Film waren für das Projekt vorgesehen, dazu kamen 32 Schnitttage. Insgesamt hat er ein Jahr lang an der umfangreichen Dokumentation gearbeitet, in der sehr viele verschiedene Menschen aus dem Landkreis zu Wort kommen. Und obwohl er selbst seit bald zwanzig Jahren in Ottobrunn wohnt, muss er zugeben, bei dieser Arbeit vor der Haustür viel Neues gelernt und entdeckt zu haben. Denn wie für viele Landkreisbürger waren bislang auch für Zehetmair die nähere Umgebung sowie die Landeshauptstadt Anlaufpunkt, der Norden oder gar der Westen aber völlig unbekanntes Terrain. "Nach Neuried bin ich in 52 Jahren nie gekommen", gibt er zu, und wie wunderbar man an der Ruderregattastrecke in Oberschleißheim spazieren gehe könne, hätte er auch erst jetzt erfahren.

Das Kamerateam an der Isar mit Blick auf Grünwald. (Foto: BR)

Das BR-Team hat vor allem die landschaftliche Schönheit des Münchner Umlandes aufgespürt, hat die Orte alter Kriminal-Geschichten und neuer Filmschauplätze aufgesucht. Hat sich im dörflichen Arget vom alten Oberbayern erzählen und in Forschungseinrichtungen in Ottobrunn, Garching und Martinsried das moderne Hightech-Land erklären lassen, für das das M am Auto und die Münchner Vorwahl eine wichtige Rolle spielt.

"Geschichten aus dem Münchner Land" sollen von Heimat berichten, sollen leichte Kost zum Jahresbeginn liefern. "Politisch sind die Dokumentationen nicht", sagt Zehetmair ausdrücklich, "es sind Wohlfühl-Filme." Und er glaubt, durch den Vierteiler mit Vorurteilen aufzuräumen, der Landkreis München sei halt nur der Speckgürtel der Landeshauptstadt, wohlhabend, deutschlandweit immer die Nummer eins, aber ein bisschen langweilig. Um aber nicht ganz durch die rosarote Brille zu filmen, hat der BR wenigstens den Hachinger Tisch in Taufkirchen als Gegenbeweis in die Sendung mit aufgenommen. Es gibt auch Armut im Landkreis München, will er damit sagen.

Ansonsten sorgen vor allem schöne Landschaftsaufnahmen für das versprochene Wohlfühl-Klima. Luftbilder, bei denen die Zuschauer ihre Ortschaft auch mal aus der Vogelperspektive betrachten können, haben sicher einen hohen Wiedererkennungswert für viele. Zehetmair hat aber auch die unterschiedlichsten Themen in seinen Film gepackt, sodass sich viele Landkreisbewohner mit den Beiträgen identifizieren können.

Im Norden reist er vom Schleißheimer Schlosspark nach Unterschleißheim und weiter über die Weiten der Fröttmaninger Heide nach Unterföhring, zum Speichersee nach Ismaning und besucht schließlich auch den Campus in Garching, bevor er noch in Oberschleißheim vorbeischaut. Als "Mitte" bezeichnet er den Landkreisteil, der in Aschheim beginnt, wo Bayerns einziges Autokino betrieben wird und der Wasserskipark als die coolste Freizeiteinrichtung gilt. In Haar hat das BR-Team das Psychiatriemuseum und die Kirche St. Raphael besucht, bevor es weiter nach Putzbrunn und zur Bundeswehruniversität nach Neubiberg ging. Beeindruckt hat Zehetmair auch Deutschlands erster Waldhort in Hohenbrunn-Riemerling, wo Grundschulkinder ein Tipi bauen und Bienen betreuen. Natürlich dürfen auch die Herzen der Firma Fesey und die Keferloher Bierkrüge nicht fehlen.

Der filmische Rundgang führt auch in die Kirche Maria Himmelfahrt in Haar-Salmdorf. (Foto: BR)

Der Süd-Beitrag erzählt noch einmal die unglaubliche Geschichte aus dem Jahr 2000, als die Spielvereinigung Unterhaching den FC Bayern zum Deutschen Meister machte. Der Süden ist aber auch das ländliche Aying mit seiner Brauerei und Arget, ein intaktes Dorf, von dem man noch alte Haus- und Hofnamen kennt. An Heilig-Dreikönig endet die Reihe mit den Geschichten aus dem Westen. Der Deininger Weiher, prachtvolle Alpenblicke und die Ludwigshöhe verbreiten Urlaubsstimmung.

Geschichten aus dem Münchner Land, Dokumentation im Bayerischen Fernsehen, in vier Teilen, jeweils um 18 Uhr: Im Norden (1. Januar), In der Mitte (2. Januar), Im Süden (3. Januar) und Im Westen (6 .Januar)

© SZ vom 31.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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