Landkreis:Pioniergeist am Hightech-Standort

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Der Landkreis München lässt untersuchen, ob auf 15 MVV-Linien schon bald Elektrobusse zum Einsatz kommen können

Von Stefan Galler, Landkreis

Am Ende von Vortrag und Diskussion meldete sich Stefan Schelle in seiner Funktion als Vorsitzender der CSU-Fraktion zu Wort. "Es steht einen Hightech-Standort wie dem Landkreis München gut an, diese Pläne zu prüfen", sagte der Oberhachinger Bürgermeister. Wenn es nach der deutlichen Mehrheit der Kreispolitiker geht, rollen vielleicht schon in den nächsten Jahren jede Menge Elektrobusse durch den Landkreis - zumindest wollen sie genau wissen, ob sich eine Umstellung des Fuhrparks wirtschaftlich und ökologisch rechnet. In der jüngsten Sitzung des Ausschusses für Mobilität und Infrastruktur wurde jedenfalls beschlossen, dass insgesamt 15 MVV-Regionalbuslinien einer vertiefenden Untersuchung hinsichtlich der Eignung für den Einsatz von Elektrobussen durch das Dresdner Fraunhofer Institut für Verkehrs- und Infrastruktur (IVI) unterzogen werden.

Zusätzlich soll der MVV Kostenprognosen zu sechs Hybridbuslinien erstellen, zwei weitere (259, 266) werden auf ihre Eignung für Hybridbusse geprüft.

Das Fraunhofer Institut hatte als Sachverständigen Thoralf Knote nach München geschickt, um die Ergebnisse einer Studie "Einführungskonzeption für innovative Antriebe für den Linienbusverkehr im Landkreis München" im Gremium vorzustellen. Und der stellte klar, dass man schon allein deshalb über Alternativen zum mit Diesel betriebenen Bus nachdenken müsse, weil die Kraftstoffpreise wieder steigen würden, die Batterietechnik erhebliche Fortschritte mache und wegen der Umweltschutzvorgaben.

Probleme bei der Umsetzung gebe es vor allem im Winter und im Sommer, weil Heizung beziehungsweise Klimaanlage ebenfalls per Strom betrieben werden müssten. "Und das bekommen wir zumindest bei Vollklimatisierung nicht hin", so Knote. Die gewohnte Flexibilität bei Leistungsänderungen oder Straßenbaumaßnahmen, die mit längeren Umleitungen einhergehen, sei beim Einsatz von Elektrobussen nicht gewährleistet, so der Gutachter. "Die Fahrzeuge und die Ladeinfrastruktur am Linienweg müssen speziell aufeinander abgestimmt sein, sonst funktioniert es nicht", sagte der Experte für Fahrzeug- und Verkehrssystemtechnik.

Was die Infrastruktur angeht, so müsste bei einer Ausstattung mit Elektrobussen vor allem sichergestellt werden, dass es in den Busbetriebshöfen und an den Endhaltestellen Ladestationen gibt. "Aber das ist in der Regel nicht ausreichend. Deshalb muss man auch an Möglichkeiten zum Gelegenheitsladen für die Fahrzeuge denken", so Knote. Letztlich kam die Studie zu dem Ergebnis, dass jeweils 13 Landkreis-Linien für den Einsatz von Elektrobussen geeignet oder bedingt geeignet sind, weitere 18 Linien lassen sich derzeit mit Elektrofahrzeugen nicht bedienen. "In zehn bis 15 Jahren gibt es Technologien, mit denen das dann funktioniert", sagte der Sachverständige. Genauer überprüft werden sollen nun die Linien 214, 215, 219, 222, 223, 224, 225, 226, 227, 231, 261, 265, 267, 268 und 270. Insgesamt 150 000 Euro stellt der Landkreis für diese 15 vertiefenden Untersuchungen zur Verfügung.

Wegen der fehlenden Fahrleitungen sind laut Knote Trolleybusse derzeit kein Thema, ebenso wenig wie Plug-in-Hybridbusse oder Busse, die mit Brennstoffzellen angetrieben werden. "Deren anspruchsvolle Technik ist noch nicht ausgereift", sagte er. Dagegen könne man herkömmliche Hybridbusse empfehlen; in der Tat wird nun der MVV gebeten, für die Linien 210, 211, 212, 220, 221 und 229 entsprechende Kostenprognosen zu erstellen.

Der Aufwand für die vermutlich zwischen 2018 und 2023 in Betrieb gehenden Elektrobuslinien ist enorm: So kostet die Anschaffung eines Batteriebusses 480 000 Euro, mehr als doppelt so viel wie ein mit Diesel betriebener Bus (230 000 Euro). Eine Ersatzbatterie schlägt mit 140 000 Euro zu Buche, die Errichtung einer Ladestation mit 220 000 Euro. "Aber die Batterien werden in den nächsten Jahren zunehmend billiger", prognostiziert Knote. Während der Großteil der Kreisräte von der Untersuchung beeindruckt war, etwa der Grüne Frank Sommer ("Wir leisten hier Pionierarbeit"), äußerte einzig Ottobrunns CSU-Bürgermeister Thomas Loderer Zweifel an der Sinnhaftigkeit des gesamten Projekts: "Wegen der erheblichen Verteuerung muss ich klar sagen, dass es mir nicht so viel wert ist, dass wir in diesem Bereich First-Mover sind", sagte er. "Ich sehe den finanziellen Mehraufwand in keinem Verhältnis zum Nutzen." Loderer war letztlich der einzige, der im Ausschuss gegen den Beschlussvorschlag der Verwaltung stimmte.

© SZ vom 30.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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