Landkreis:Mit der Geduld am Ende

München, Hofbräuhaus, 35 Jahre Grüne,

Der Grünen-Fraktionschef im Kreistag, Christoph Nadler, kritisiert den Umgang mit Steuergeld durch die Autobahndirektion.

(Foto: Angelika Bardehle)

Der Landkreis lässt den Ausstieg aus der Finanzierung der Anschlussstelle prüfen

Von Martin Mühlfenzl, Landkreis

Wenn sich die Prüfer an die Arbeit machen, werden sie neben gigantischen Summen vor allem die Zeiträume im Blick haben müssen. Die Verwaltung des Landratsamtes und wahrscheinlich eine externe Kanzlei werden untersuchen müssen, ob die Autobahndirektion Südbayern für den Vertragsentwurf zwischen dem Freistaat Bayern, eben vertreten durch die Direktion, und dem Landkreis München über die Verlegung der Anschlussstelle eine veraltete Kostenkalkulation herangezogen hat. Das wird Bestandteil der "technischen Prüfung" sein, die Landrat Christoph Göbel am Montag in der Sitzung des Kreisausschusses einforderte. Die rechtliche Prüfung wird über diese fachlichen Fragen hinausgehen und sich damit befassen, ob der Landkreis seinen durch die Kostenexplosion entstandenen erhöhten Mitfinanzierungsanteil leisten wird - oder ob er sich überhaupt noch an der Finanzierung der Autobahnausfahrt beteiligen wird.

"Ich habe vor der Sitzung gesagt: Das wird nicht lustig", sagte CSU Fraktionschef Stefan Schelle in der Sitzung des Kreisausschusses, in der Gilbert Peiker, Chefplaner der Anschlussstelle in der Autobahndirektion, versuchte, den Kreisräten Rede und Antwort zu stehen. Aus Sicht Schelles und vieler seiner Kollegen missglückte dieser Versuch. "Es ist auch tatsächlich nicht lustig", sagte Schelle. Zu keinem Zeitpunkt der Befragung äußerten die Kreisräte oder Landrat Christoph Göbel Zweifel an der Notwendigkeit, die vollkommen überlastete und zudem gefährlichen Autobahnausfahrt Aschheim/Ismaning umzubauen und zu entschärfen. "Das kann nicht Gegenstand der Debatte sein", sagte Grünen-Fraktionschef Christoph Nadler, der einst gegen die Vereinbarung gestimmt hatte. "Der Kreistag hat zwei Mal für den Umbau gestimmt. Es geht nur darum, ob wir uns weiter beteiligen."

Und die Bereitschaft der Kreisräte, den auf 6,9 Millionen Euro angestiegenen Anteil des Kreises zu zahlen, wird immer geringer. Das hat viel mit den Antworten der Direktion zu tun, respektive: mit fehlenden Antworten. Im Ausschuss gelang es Peiker nicht zu erklären, warum seine Behörde so viel Zeit hat verstreichen lassen, ehe sie die Kostennovellierung ausführte. Denn bereits 2008 erfolgte das Planfeststellungsverfahren durch die Direktion, die von Kosten in Höhe von etwa 25 Millionen Euro ausging. 2012 fasste der Kreistag den Beschluss zum Bau - ausgehend von bereinigten Planungskosten von 29 Millionen. Diese etwas höhere Schätzung fußte insbesondere auf Korrekturen beim notwendigen Grunderwerb. "Sie aber können immer noch nicht erklären, warum sich die Kosten dann in einem so kurzen Zeitraum fast verdoppeln", kritisierte Nadler. Die Versäumnisse der Direktion seien "ein Paradebeispiel für ein Dilemma im Straßenbau", echauffierte sich Annette Ganssmüller-Maluche von der SPD; sie forderte einen "mutigen und klaren Weg des Landkreises". Wie ihre Kollegen Nadler und Schelle machte die stellvertretende Landrätin deutlich: Wäre die neue Kostenschätzung bereits 2012 öffentlich gemacht worden, hätte der Kreistag nicht zugestimmt.

Peiker gab zu, dass die Baukosten im Jahr 2012 hätten aktualisiert werden müssen. Allerdings, sagte der Chefplaner, müsse sich seine Behörde immer wieder - auch spät - mit Kostenfortschreibungen befassen. Diese seien nicht außergewöhnlich. Göbel, dem der Unmut anzumerken war, konterte, es sei verwunderlich, dass sich "von 2012 bis 2014 so viele neue Erkenntnisse aufgetan haben". Diese Erkenntnisse werden nun die Prüfer aufspüren müssen; die Geduld des Landrats und der Kreisräte ist aufgebraucht.

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