Landkreis:Minimalkritik am Mindestlohn

Der CSU-Abgeordnete Florian Hahn sammelt Beschwerden gegen das Gesetz - zur Feinjustierung

Von Stefan Galler, Landkreis

Am Sonntagabend beim Koalitionsgipfel stand das Thema ganz groß auf der Tagesordnung - letztlich haben sich jedoch weder SPD-Chef Sigmar Gabriel, noch die Bundesarbeitsministerin Andreas Nahles (SPD) dazu bewegen lassen, in Sachen Mindestlohn auch nur kleinere Änderungen zuzusagen. Dabei sei die Unzufriedenheit mit dem Gesetz groß - das zumindest hatte Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) im Vorfeld des Gipfels öffentlich angeprangert.

Florian Hahn, Bundestagsabgeordneter des Wahlkreises München-Land, hat sich zuletzt ebenfalls mit dem Mindestlohngesetz beschäftigt. Der Putzbrunner und einige andere CSU-Abgeordnete erkundigten sich in ihren Wahlkreisen bei Handwerksbetrieben, mittelständischen Unternehmen und Vereinen, inwiefern es Probleme bei der Umsetzung gibt, auch haben sie um Anmerkungen, Kritik und Ideen für eine bessere Ausgestaltung gebeten. "Ich wollte wissen, wo der Schuh drückt und wo sich der nachvollziehbare Ansatz des Mindestlohns ins Gegenteil verkehrt hat", so Hahn.

Rund 30 Antworten hat der Christsoziale aus dem Landkreis erhalten, teilweise anonym, manche per Telefon oder E-Mail. Die Anregungen bezüglich einer Feinjustierung des Gesetzes betreffen verschiedene Felder. So machte ein Unternehmer aus dem Würmtal klar, dass er Praktika unter einem Jahr wegen des Mindestlohngesetzes nicht mehr anbietet, schließlich benötige der Praktikant eine Einarbeitung von rund sechs Monaten und stelle erst dann einen Mehrwert für die Firma dar. Der Vorschlag des Unternehmers: Bei der Dauer der Praktika müsse es Differenzierungen geben. Ins gleiche Horn blasen andere Firmenvertreter, die beispielsweise fordern, dass Berufsorientierungspraktika in der Kultur- und Kreativwirtschaft ebenso vom Mindestlohn befreit werden müssten wie Schüler- oder Kurzzeitpraktika. Hahn selbst kann in seinem Abgeordnetenbüro keinen wissenschaftlichen Mitarbeitern mehr die Chance geben, in den Job im Bundestag "reinzuschnuppern", wie er sagt: "Ich habe schlichtweg kein Budget, um Praktikanten zu bezahlen."

In der Gastronomie beklagen viele Wirte Probleme mit der Begrenzung der Arbeitszeit auf zehn Stunden. "Sie sehen keinen Sinn darin, dass bei Hochzeiten und anderen Großveranstaltungen um 23 Uhr ein kompletter Schichtwechsel stattfinden muss", sagt Hahn. "Da wollen sich freie Kräfte etwas dazuverdienen und dürfen nicht", so der CSU-Abgeordnete.

Auch die umfangreiche Dokumentationspflicht sei zahlreichen Firmen und Vereinen ein Dorn im Auge. Hahn führt ein Beispiel an, das nicht aus dem Landkreis kommt: "Wenn der FC Augsburg ein Bundesliga-Heimspiel austrägt, sind 400 Leute beschäftigt, die auf Mindestlohnbasis arbeiten." Zu jedem dieser Mitarbeiter müsse der Klub ein Protokoll ausfüllen. "Das ist ein Mehr an Bürokratie, für das die Menschen kein Verständnis haben", sagt Hahn.

Er werde sich weiterhin in der CSU dafür stark machen, dass "diese Konstruktionsfehler im Gesetz zeitnah behoben werden". Zuletzt übergab der Putzbrunner die Ergebnisse seiner Recherchen an den Parlamentarischen Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe, Max Straubinger. Eines allerdings müsse klargestellt werden, so Hahn: "Die 8,50 Euro und der Mindestlohn an sich stehen außer Frage." Darüber brauche nicht mehr diskutiert werden. Er wolle dazu beitragen, dass innerhalb der großen Koalition der Dialog über die inhaltliche Feinjustierung nicht abreißt: "Die Klagen nehme ich mir zu Herzen. Das Gesetz muss praxistauglich gestaltet werden, damit es nicht zur Hürde oder gar zum Bumerang wird."

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