Landkreis:Hilfe im Land der Gegensätze

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Bei der Kleiderausgabe der Klawotte in Laslea herrscht immer wieder dichtes Gedränge. (Foto: Werner Landmann)

Die Arbeiterwohlfahrt im Landkreis betreibt in Rumänien zwei Sozialkaufhäuser - auf dem Land wird diese Unterstützung noch benötigt

Von Gudrun Passarge, Landkreis

Roma-Familien, die einmal im Monat im rumänischen Laslea vorbeikommen, um sich Kleidung und Decken abzuholen, Frauen, die dort miteinander am Tisch sitzen und bei einem Kaffee ratschen - was das mit der Arbeiterwohlfahrt (Awo) zu tun hat? Dass der Kreisverband München-Land derzeit vier "Klawotten" betreibt, ist bekannt, dass er aber zwei dieser Sozialkaufhäuser in Rumänien betreibt, weniger. Bei einem Besuch in Laslea und Dumbraveni schauten sich Awo-Mitglieder die Klawotten an und zeigten sich beeindruckt: "Ein Zettel für eine Kleiderspendenaktion im Fenster hat gereicht, um das ganze Dorf auf die Beine zu bringen. Fast 400 Menschen waren da, um sich Säcke zu holen", berichtet Werner Landmann, stellvertretender Awo-Kreisvorsitzender.

Der Kontakt mit den beiden Dörfern, die nordöstlich von Sibiu (Hermannstadt) liegen, kam durch Gabriela Goltsios zustande. Die Rumänin leitet die Klawotte in Unterhaching. "Die Leute dort sind happy", berichtet sie, zumal es sonst keine Angebote dieser Art in der Umgebung gebe und die Klawotte auch als Treffpunkt diene. Bei einem Durchschnittslohn von etwa 200 Euro, falle es vielen Familien schwer, Jacken und Jeans zu regulären Preisen zu kaufen. Außerdem leben in den Dörfern viele Roma-Familien, die besonders bedürftig sind. Sie bekämen auch schon mal etwas umsonst, sagt Goltsios, wofür sie sehr dankbar seien. Gefreut habe sich auch die Familie, deren Haus letztens abgebrannt ist. "Sie hatten gar nichts mehr und haben viel von uns bekommen. Ich hatte sogar noch einen alten Schrank für sie."

Landmann, der Rumänien von mehreren Reisen her kennt, beschreibt das Land als eines der Gegensätze. Sibiu und Bukarest seien auf modernem Entwicklungsstand, "da gibt es ein absolut deutsches Niveau", und auf der anderen Seite gibt es sehr arme Gegenden, wo Landmann zum Beispiel Menschen beobachtet hat, die barfuß über Schotterwege gingen. "Von den Gegensätzen her ist es vergleichbar mit Argentinien oder Chile." Die Dörfer in der Nähe von Sighișoara (Schäßburg) gehören eher zum ärmeren Landesteil. Seit sechs Jahren schon liefert die Awo Material, das sie im Landkreis nicht verwenden kann, nach Laslea. In der dortigen Klawotte sind drei Frauen aus dem Dorf als Vollzeitkräfte angestellt. Vor zwei Jahren kam der Laden in Dumbraveni hinzu, dort arbeiten zwei Frauen in der Klawotte. Das Prinzip funktioniert dort genauso wie hier. Kleider werden zu günstigen Preisen, "auch für rumänische Verhältnisse günstige Preise", verkauft. Wenn jemand einen Berechtigungsschein von der Gemeinde vorzeigen kann, muss er noch weniger bezahlen. Vier mal im Jahr liefert die Awo an, Landmann hat ausgerechnet, dass etwa 13 Tonnen im Jahr nach Rumänien gebracht werden.

Die Vorteile für die Awo liegen auf der Hand. Dinge, die hier aussortiert werden, kommen so doch noch an den Mann oder die Frau. Zumal teurer Lagerplatz dadurch unnötig wird. "Und die Leute in Rumänien sind wirklich froh über das Angebot." Für die Awo rechne sich der Betrieb der Klawotten in Rumänien, "wir müssen nicht groß zuschießen". Der stellvertretende Kreisvorsitzende Landmann berichtet von Plänen, dort sogar noch zu erweitern. Es gab auch schon Gespräche mit dem Bürgermeister. In der Umgebung von Laslea gibt es nicht viele Arbeitsplätze oder Gewerbe. Landmann erzählt, Prinz Charles betreibe in der Nähe einen Landsitz mit Pferdezucht, und auch Unternehmen investierten teils in Projekte, aber Laslea habe bisher nicht davon profitiert.

Bei ihrem Besuch im September brachte die Landkreis-Awo nicht nur Kleidung, sondern auch Lebensmittelspenden mit. Die Mitarbeiterinnen hatten bunt gemischte Kleider-Säcke verpackt, in denen für Menschen jeden Alters etwas drin war. Zusammen mit den Lebensmitteln wurden die Säcke an einem Sonntag verteilt, unter großer Anteilnahme der Dorfbewohner. "Es war sehr beeindruckend für uns, das zu sehen", berichtet Werner Landmann. Sollte die Landkreis-Awo ihre Pläne verwirklichen, wird es sicherlich noch öfter solche Sonntage geben. Auf jeden Fall wird die Awo jedoch ihr Angebot zunächst hier ausbauen. In Absprache mit der Starnberger Awo soll im November eine fünfte Klawotte in Gauting eröffnet werden, die zunächst der Landkreisverband München betreut.

© SZ vom 03.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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