Landkreis:Drei zusätzliche Übergangsklassen

Landkreis: Für jedes Kind ein Fähnchen: Schüler einer Übergangsklasse haben auf einer Karte markiert, wo sie herkommen.

Für jedes Kind ein Fähnchen: Schüler einer Übergangsklasse haben auf einer Karte markiert, wo sie herkommen.

(Foto: Marco Einfeldt)

Wegen der Flüchtlinge wird die Zahl der speziellen Klassen, in denen junge Migranten Deutsch lernen, im Landkreis München zum Schuljahresbeginn von 19 auf 22 erhöht. Nach Einschätzung von SPD und Grünen reicht das nicht aus

Von Korbinian Eisenberger, Landkreis

Am Dienstag fängt in Bayern wieder der Unterricht an - allein im Landkreis München werden zum ersten Schultag laut Landratsamt 3654 Kinder eingeschult. Wie viele Kinder in diesem Schuljahr aber tatsächlich im Landkreis neu in die Schule kommen, darüber kann derzeit nur spekuliert werden. Grund dafür sind die zahlreichen Flüchtlingskinder, die seit Monaten vor allem in München und im Umland ankommen. Auch sie haben nicht nur ein Recht darauf, eingeschult zu werden, spätestens nachdem sie drei Monate im Freistaat gelebt haben, sind sie sogar schulpflichtig. Ob die Kapazitäten in den Schulen dafür ausreichen, scheint derzeit alles andere als sicher zu sein.

Das staatliche Schulamt, bei dem alle Schulpflichtigen gemeldet sind, macht nur wenige konkrete Angaben. Derzeit plant der Landkreis lediglich, die Zahl der Übergangsklassen wegen der Flüchtlinge "voraussichtlich bis Oktober" von bisher 19 auf 22 auszuweiten, wo sie angesiedelt werden, das teilt das Amt nicht mit. In den Ü-Klassen sollen Schüler mit Migrationshintergrund, also auch Kinder von Flüchtlingen, die Sprache lernen, bevor sie in Regelklassen wechseln. "Sicherlich müssen noch weitere Maßnahmen getroffen werden", sagt Schulamtsdirektorin Evelyn Sehling-Gebranzig. Davon, dass es im Landkreis zu einem Mangel an Lehrern oder Klassenzimmern kommen könnte, geht Sehling-Gebranzig aber nicht aus. "Wir sind ausreichend vorbereitet", sagt sie.

Zweifel daran äußern die Kreistagsfraktionen der SPD und der Grünen. "Drei zusätzliche Ü-Klassen erscheinen mir ziemlich wenig", sagt die SPD-Fraktionsvorsitzende Ingrid Lenz-Aktas. Klar gebe es nur wenige Informationen, da sei es schwierig, konkrete Vorkehrungen zu treffen. Es sei aber wichtig, flexibel reagieren zu können. Christoph Nadler, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Kreistag fordert deshalb mehr Unterstützung vom Freistaat Bayern. "Es müssen zusätzliche Lehrer eingestellt werden, hier im Landkreis brauchen wir derzeit alle, die man kriegen kann", sagt er. "Da muss der Freistaat nochmal handeln."

Erste Maßnahmen hat das Kultusministerium bereits ergriffen. Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) meldete, dass Bayern zum neuen Schuljahr mit 470 Übergangsklassen für Flüchtlinge starten werde. Zu Beginn des vergangenen Schuljahres waren es noch weniger als 300 gewesen. Der Freistaat stellte kürzlich alle angehenden Lehrer für Grund-und Mittelschule ein sowie 147 Lehrer für die speziellen Integrationsklassen in den Berufsschulen - so zumindest meldete es der Freistaat Bayern. Der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) kritisiert jedoch, die 147 Stellen für Berufsschullehrer seien lediglich umgewidmet worden, nicht aber neu geschaffen.

Die meisten der jungen Asylbewerber werden an Grund- und Mittelschulen betreut. Wie auch in anderen Teilen Bayerns lernen im Landkreis München viele von ihnen in speziell geschaffenen Übergangsklassen, in der Regel sitzen 18 bis 20 Schüler in einem Klassenzimmer. Für die Jahrgangsstufen eins bis vier sind etwa Ü-Klassen in Ottobrunn, Planegg, Höhenkirchen-Siegertsbrunn, Putzbrunn und Oberschleißheim eingerichtet worden, für die Älteren bis zur Jahrgangsstufe neun an den Mittelschulen in Haar, Kirchheim, Gräfelfing, Oberhaching und Oberschleißheim. Knapp 300 Schülerinnen und Schüler wurden laut Kultusministerium im Landkreis bisher in diesen Klassen unterrichtet. Wie viele es demnächst sein werden, lässt sich kaum abschätzen.

Ähnlich wie im 330 000-Einwohner-Landkreis München laufen auch in anderen Landkreisen die Vorbereitungen. In Bad Tölz-Wolfratshausen, mit 113 000 Einwohnern deutlich kleiner, werden drei neue Übergangsklassen geschaffen. Im noch kleineren Freising, wo es bisher lediglich eine Übergangsklasse gab, kommen zwei weitere hinzu. Im Landkreis Erding kommt eine weitere hinzu. Im Landkreis Ebersberg dagegen, der 133 000 Einwohner zählt, werden zum neuen Schuljahr gar keine zusätzlichen Übergangsklassen geschaffen. Die fünf bisherigen dort hätten noch Kapazitäten, heißt es vom Landratsamt Ebersberg.

Tatsächlich lernen aber nicht alle Flüchtlingskinder in Übergangsklassen, manche kommen auch in normale Schulklassen. Pro Klasse seien das im Landkreis München im Schnitt etwa drei Schüler, sagt Schulamtsdirektorin Evelyn Sehling-Gebranzig. Simone Fleischmann, Präsidentin des BLLV, kritisiert jedoch, dass Volksschullehrer mitunter überfordert seien. "Gerade dort fehlen zusätzliche Pädagogen und Spezialisten", sagt Fleischmann. Viele Lehrer seien unsicher, wie sie die Integration neben dem normalen Unterricht meistern sollen. Zudem seien die wenigsten von ihnen auf traumatisierte Kinder vorbereitet.

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