Kreis und quer:Konkretes in Zeiten des Hypes

Bela Bach hat als Kreisvorsitzende der SPD München-Land zum richtigen Zeitpunkt ein Zeichen gesetzt. Sie präsentiert mit einem Parteiprogramm mitten in der Schulz-Euphorie politische Inhalte

Von Martin Mühlfenzl

Vorsicht! Anschnallen! Wahnsinnsbrüller! Ist zwar schon etwas alt, aber einfach immer noch gut. Also für seine Verhältnisse. Da sagt der Aiwanger Hubert beim Politischen Aschermittwoch: Der einzige Unterschied zwischen den Zwillingen Angela Merkel und Martin Schulz sei, dass der SPD-Herausforderer schlechter rasiert sei. Der geht tief, oder? Ungefähr so tief, wie die Kleine Laber, die durch Aiwangers Heimatdorf Rahstorf plätschert. Nur was bleibt von solch tiefsinnigen Vergleichen? Nichts als die Erkenntnis, dass der Aschermittwoch den Auftakt eines Wahlkampfs dargestellt hat, dessen Abgründe noch längst nicht bekannt oder gar erreicht sind.

Und: Hubert Aiwanger kennt Bela Bach nicht. Als Hinweis für den Chef der Freien Wähler: Bela Bach ist nicht Martin Schulz, sie ist auch nicht sein Zwilling. Sie muss sich den Bart nicht rasieren. Wirklich nicht. Und etwas weiter oben hat die Chefin der SPD im Landkreis keine Probleme mit dem Haupthaar. Bela Bach ist auch keine Wiedergängerin von Angela Merkel. Sie ist nicht Florian Hahn oder Toni Hofreiter. Woran sich das erkennen lässt? Sie hat das, was Schulz noch fehlt, Merkel eigentlich nie hatte, Hofreiter in vielen Teilen nicht mitträgt, Hahn manchmal etwas widerwillig umsetzt und Aiwanger nur vom Hörensagen kennt: ein eigenes Programm.

Der 26-Jährigen, die in diesem Herbst zum zweiten Mal als Direktkandidatin für die SPD im Wahlkreis München-Land ins Rennen geht, wurde ja lange nachgesagt, sie habe außer der Kifferei nur noch ihre Jugend als programmatischen Schwerpunkt im Programm. Das aber ist ein wenig unfair, da die Entkriminalisierung von Cannabis tatsächlich ein Thema ist, das nicht nur die Jugend interessiert - und Jugend an sich ja keinen Makel darstellt, der den Einzug ins Parlament verhindern könnte, in das nicht wenige Juristen, Landwirte oder Lehrer sprichwörtlich flüchten.

Bela Bach hat den Mitgliedern ihres Kreisverbandes in dieser Woche ein 19 Seiten langes Programm vorgestellt, das gewürdigt und beachtet werden sollte: Es ist eine Kombination aus konkreten Handlungsanweisungen für die Kreisebene mit nicht minder präzisen Forderungen an die landes- und bundespolitischen Gremien der SPD.

Mitten hinein in die ekstatisch aufgeladene Schulz-Mania in der SPD konfrontiert Bach ihre Mitglieder im Kreis mit einem Parteitag, der mehr an den Verstand als an das Herz der Genossen appelliert. Und vielleicht ist es genau das, was Bach - neben mangelndem Bartwuchs - tatsächlich von ihrem Parteivorsitzenden unterscheidet: Erst die Inhalte, dann die persönliche Show. Sie hat auch erkannt, dass der Zeitpunkt perfekt ist, die Euphorie in der SPD mit konkreten Inhalten zu unterfüttern - Tiefgang in Zeiten des Hypes. Das kennt Hubert Aiwanger nicht einmal am Aschermittwoch.

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