Kreis und quer:Ilse, bist es du?

Ein Stoiber, der nicht Stoiber ist, verwirrt alt eingesessene CSU-Anhänger im Frankenfasching. Doch Aigner im Landkreis dürfte auch wirklich Aigner gewesen sein. Oder?

Von Martin Mühlfenzl

Der Veitshöchheimer kann einem leid tun. Vor allem dann, wenn er CSU-Anhänger ist. Da steuert also er, der quasi seit Wilhelm Hoegners Abtritt sein Kreuz auf dem Wahlzettel immer ganz oben gesetzt hat, auf sein Idol zu, hat sich den ersten Satz trotz leicht anschwitzender Nervosität schon zurecht gelegt (so etwas wie: "Sie sind der Allergrößte Bayerns"), streckt die Hand aus - und dann sagt der Angebetete in schönstem Fränkisch: "Ich bin doch ned der alde Dadderer, du Halouser!"

Allmächd, seit Markus Söder sich beim fränkischen Fasching in den Dadderer Edmund Stoiber verwandelt, respektive in Perfektion die Gestalt des vermeintlich Allergrößten angenommen hat, muss man beim Anblick von Spitzenpolitikern wirklich aufpassen. Vor allem, wenn sie so gehäuft auftreten wie derzeit im Landkreis München. Mei, dass die hiesigen CSU-Landtagsabgeordneten und ihr Berliner Kollege bei jedem Neujahrsempfang und Infoabend vor die Kameras hechten, als wäre es der letzte Schnappschuss vor Andruck, daran haben sich nicht nur die Fotografen längst gewöhnt. Dass aber binnen weniger Tage Ilse Aigner und Thomas Kreuzer dem Landkreis ihre Aufwartung machen, ist schon ungewöhnlich. Wenn sie es denn waren.

Meinte nicht Bayerns Wirtschaftsministerin bei ihrem Auftritt in Ottobrunn, sie absolviere an diesem Tag gefühlt ihren achten oder neunten Auftritt? Oder verbarg sich hinter dem gewinnenden Lächeln und unter dem obligatorischen Dirndl etwa jemand ganz anderes? Ein Double? Eine Konkurrentin, die der Möchtegern-Seehofer-Nachfolgerin die schlimmsten Dinge in den Mund legen könnte? Eher nicht. Aigners so pointierte und wissenschaftlich anspruchsvolle Analyse - "Wirtschaft ist nicht alles, aber ohne Wirtschaft ist alles nichts" - lässt eher darauf schließen, dass da tatsächlich eine Wirtschaftsministerin gesprochen haben muss.

Und so eine befindet sich ja irgendwie immer im Wahlkampf, selbst wenn gar keiner stattfindet. Die CSU im Landkreis aber vermittelt schon angesichts der Fülle an Neujahrsempfängen, die von Unterschleißheim bis Sauerlach abgehalten werden, es stünde entweder schon am Sonntag der nächste Superwahltag mit Kommunal-, Landtags- und Bundestagswahl bevor - oder aber der jeweilige Empfang könnte der letzte sein. Vor der Abschaffung aber steht die CSU noch nicht ganz. Der ist die SPD im Landkreis indes schon ein ganzes Stück näher - gemessen an der Gunst des Wählers. Vielleicht liegt das auch daran, dass die SPD sich Empfänge oder gar Faschingsveranstaltungen einfach spart. Oder dass der einst Allergrößte Wilhelm Hoegner längst nicht mehr unter uns weilt.

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