Kreis und quer:Horst, der Stier

Morosow, Michael
(Foto: Bernd Schifferdecker)

Beim Keferloher Montag wird traditionell das Gewicht eines Stiers geschätzt. Auch politische Schwergewichte aller Couleur werden erwartet

Von Michael Morosow

Aus Spanien, dem Reiseziel Nummer eins der Deutschen, rollt am Wochenende die erste Rückreisewelle an. Zum letzten Mal grüßen die blechernen Stier-Silhouetten von den Hügeln neben den iberischen Autobahnen, dann noch höchstens tausend Kilometer, und schon sticht einem das Grenzschild des Freistaates mit weiß-blauen Rauten und zwei magersüchtigen Löwen ins Auge. Was die bayerischen Heraldiker an diesem Raubtier gefressen haben, zumal der letzte Höhlenlöwe hierzulande bereits zur Zeit des Pleistozäns ins Gras gebissen hat? Egal, wie auch die Frage, wie der Leu ins CSU-Wappen gekommen ist. Fest steht aber, dass in der bayerischen Stammtisch-Hymne der Löwe keine Erwähnung findet, dafür ein Rindvieh: "Mia san mia, mia san stärker wia de Stier." Nun gibt es aber auch bei Stieren solche und solche. Denkt man nur an den Buchhelden "Ferdinand, der Stier". Lieber riecht er an Blumen auf seiner Weide, als sich mit bewaffneten Toreros anzulegen. Nur einmal gebärdet er sich wild, da hatte ihn zuvor aber eine Hummel in den Allerwertesten gestochen.

Man kann nur hoffen, dass Gleiches nicht auch jenem Stier passiert, der beim Keferloher Montag seinen großen Auftritt hat. Er hat den ganzen Tag das Gschau, weil ihn alle Leute anstieren, die sein exaktes Gewicht erraten müssen. Das Stierschätzen hat Tradition beim Keferloher Montag, bei dem heuer nicht die große Politik, sondern das Thema Landwirtschaft im Mittelpunkt stehen wird. Mit dieser Entscheidung hat der Verein Keferloher Freunde auf Kritik regiert, die Veranstaltung sei zu nah dran an der Politik, Festredner wie Stoiber, Merkel und Seehofer hätten zu sehr im Zentrum gestanden, und den Strohhut als Hauptredner dürften sich ohnehin nur Schwarze aufsetzen. Dieses Mal also geht's um Ackerbau und Viehzucht, schon um 9 Uhr beginnt das Leistungspflügen. Und die Politik, muss die draußen bleiben? Nein, so schlimm kommt's nicht. Am Freitag redete bereits Alexander Graf Lambsdorff (FDP) im Gasthof Gut Keferloh, am Samstag sind die Sozen im Festzelt dran, die Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz, Bundtagskandidatin Bela Bach und Bayerns SPD-Chefin Natascha Kohnen im Aufgebot haben. Am Sonntag kommt Ministerpräsident Horst Seehofer, der mit dem Löwen im Wappen.

Für den Keferloher Montag schließlich, an dem man nicht mehr ganz so hochpolitisch sein will, hat man zum Glück Redner gefunden, die einen Bezug zur Landwirtschaft nachweisen können. Klar, dazu zählt Ulrike Scharf, stammt sie doch aus dem agrarreichen Landkreis Erding. Es stört hoffentlich keinen, dass sie nebenher für CSU und Volk noch Bayerische Umweltministerin ist. Sie wird sicher entspannt und unabhängig von allen Parteiinteressen über Ackerbau- und Viehzucht sprechen. Es darf sie halt keine gelbschwarze Hummel stechen.

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